Deborah Dillmann

Totalverweigerer – das (Un-)Wort schaffte es 2024 in fast jede Diskussion, wenn es um das Bürgergeld und die Pläne der CDU ging. Auch 2025 geht es weiter. Die neue Bundesregierung plant eine Reform der Sozialleistung, durch die unter anderem ein Bewerbungszwang und schärfere Sanktionen für Empfänger möglich werden sollen, die es trotz Stellenangeboten ablehnen, zu arbeiten – die sogenannten „Totalverweigerer“. Um wie viele Menschen geht es bei dieser Diskussion? Oder anders gefragt: Wie viele sogenannte Totalverweigerer gibt es? 

Wie viele Totalverweigerer gibt es beim Bürgergeld?

Wie viele Totalverweigerer es beim Bürgergeld gibt, ist nicht ganz klar. Auf Anfrage der Tagesschau teilte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit mit, dass man keine genauen Zahlen zu Totalverweigerern habe. Der Grund: „Wir können statistisch nicht auswerten, wie oft eine Minderung festgestellt wurde, weil jemand eine Arbeit abgelehnt hat“, erklärt der Sprecher.

Aber eine Zahl kommt dem Ganzen recht nahe: Statistisch erfasst wird dem Sprecher der Bundesagentur für Arbeit zufolge nämlich der Minderungsgrund „Weigerung der Aufnahme oder Fortführung einer Arbeit, Ausbildung, Maßnahme oder eines geförderten Arbeitsverhältnisses“. In den ersten elf Monaten des letzten Jahres 2023 – die Zahlen für Dezember 2023 lagen noch nicht vor – wurden dabei insgesamt 13.838 Fälle erfasst. 

Mit der neuen Grundsicherung der Union hätten bei diesem Kriterium also knapp 14.000 Menschen auf ihr Bürgergeld verzichten müssen. Eine genaue Definition vom sogenannten „Totalverweigerer“ gibt es laut der WirtschaftWoche allerdings auch bei der Union nicht. So hätten Unionspolitiker selbst eingeräumt, dass eine Definition schwierig sei und damit natürlich auch jede Handhabe. Wie oft muss man Nein zu einem Jobangebot sagen, um als Totalverweigerer zu gelten?

Minderungen aufgrund einer Weigerung sind laut dem Sprecher der Bundesagentur für Arbeit allerdings ohnehin eher selten. In 80 Prozent der Minderungsfälle würde es um Meldeversäumnisse gehen. Das ist der Fall, wenn Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld ohne Nachweis über einen wichtigen Grund nicht zu einem Termin erscheinen. 

Debatte um Sanktionen: Sind Bürgergeld-Streichungen überhaupt möglich?

Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, das Bürgergeld in eine „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ zu überführen. Dabei wurde auch eine Verschärfung angekündigt: So sollen vor allem Sanktionen künftig schneller und unbürokratischer durchgesetzt werden können. Bei wiederholter Arbeitsverweigerung ist laut Koalitionsvertrag sogar ein vollständiger Leistungsentzug vorgesehen – jedoch unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Eine Antwort auf die Frage, ob es rechtens ist, Bedürftigen in Deutschland die finanzielle Unterstützung zu streichen, hat nämlich das Bundesverfassungsgericht schon 2019 geliefert: Es hatte ähnliche Totalsanktionen bei Hartz IV als verfassungswidrig eingestuft. 

Dennoch wurde die Debatte um das Bürgergeld jüngst durch einen Vorstoß der CDU neu angefacht. CDU-Generalsekretär Casten Linnemann drängte darauf, dabei „wirklich an die Substanz des Systems“ zu gehen, wie ihn die dpa zitiert. Er forderte, zu prüfen, ob Empfänger, die wiederholt eine zumutbare Arbeit ablehnen, künftig kein Bürgergeld mehr beziehen dürfen: Dann müsse der Staat davon ausgehen, dass derjenige nicht bedürftig ist. Dieser Vorstoß wurde von SPD und Grünen heftig kritisiert. Auch Leistungsempfänger, die häufiger Termine im Jobcenter versäumen, sollen sich laut Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) schon vor der Umstellung auf neue „spürbare Konsequenzen“ einstellen. Bestimmte Haushalte will sie hingegen trotz der geplanten Bürgergeld-Reform vor zu harten Sanktionen schützen.