Schöner hätten sich die deutschen Fußball-Fans den Auftakt kaum vorstellen können: Die Nationalmannschaft ist mit einem nie ungefährdeten und klaren Sieg in die Heim-Europameisterschaft gestartet. Das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann besiegte in der ausverkauften Allianz Arena in München Schottland mit 5:1.
„Wir sind bereit, freuen uns extrem“, sagte Nagelsmann einen Tag vor dem Eröffnungsspiel. Der 36-Jährige machte einen entspannten, zuversichtlichen Eindruck. Sicher auch, weil er gegen die „Bravehearts“ aus dem Vollen schöpfen konnte. Auch Leroy Sané, der zuletzt immer wieder Probleme hatte, ist wieder bei 100 Prozent, sagte Nagelsmann.
Dennoch blieb der schnelle Flügelspieler zunächst auf der Bank. Nagelsmann setzte schließlich auf die Startelf, die sich längst abgezeichnet hatte. Den „Glauben in den Augen“ hatte der Bundestrainer bei seinen Spielern ausgemacht. „Die sind heiß, die haben Lust, die haben Hunger.“ Doch waren Lust und Hunger direkt zu sehen? Ja! Deutschland war präsent, versprühte Spielfreude.
Florian Wirtz hatte nach nicht einmal einer Minute die erste Großchance: Nach einem langen Ball von Antonio Rüdiger scheiterte der Leverkusener allerdings an Schottlands Torhüter Angus Gunn. „Auf geht‘s, Deutschland schieß ein Tor“, hallte es schnell von den Rängen. Die Schotten, deren Fans über den ganzen Tag in München für mächtig Stimmung sorgten, agierten wie erwartet in einer Fünferkette, standen tief. Dennoch fand die deutsche Nationalelf immer wieder die Lücken, weil viel Bewegung drin war, weil das variable Positionsspiel prächtig funktionierte.
So wie beim 1:0 in der 10. Minute: Joshua Kimmich hatte auf der rechten Seite Platz, spielte einen überlegten Querpass auf Florian Wirtz, der per Flachschuss aus 17 Metern zur Führung traf. Die Schwarz-Rot-Goldenen Fähnchen wedelten im Stadion, die erhoffte Euphorie war direkt spürbar. Das Tor beflügelte zudem das deutsche Team, das weiter nach vorne spielte. Kapitän Ilkay Gündogan schickte Kai Havertz, der klug auf Jamal Musiala ablegte. Und der Münchner drosch den Ball unter die Latte: 2:0 (19.). Musiala und Wirtz also – das Hoffnungsträger-Duo der DFB-Auswahl lieferte von Beginn an ab, so wie es Nagelsmann fast schon angekündigt hatte.
Der überragende Musiala holte wenige Minuten später dann auch noch einen Elfmeter heraus. Nach Überprüfung des VAR entschied Schiedsrichter Clement Turpin aber auf Freistoß, den Kai Havertz in die Arme von Gunn schoss (25.). Nach dem 2:0 schalteten Stratege Toni Kroos & Co. zunächst einen Gang zurück, ohne dabei die Ballbesitz-Kontrolle zu verlieren. Bis kurz vor der Halbzeit das 3:0 folgte, als Gündogan im Strafraum von Ryan Porteous mit offener Sohle getroffen wurde. Es gab Strafstoß, der schottische Defensivmann sah obendrein Rot, Havertz blieb cool und sorgte für die Vorentscheidung noch vor dem Seitenwechsel (45.+1).
Joker Füllkrug und Can stechen
Nagelsmann wechselte für den zweiten Durchgang, Pascal Groß kam für den bereits mit Gelb verwarnten Robert Andrich. Am Spielfluss der deutschen Mannschaft änderte dies allerdings nichts. Schottland verteidigte weiter vor dem eigenen Strafraum, Deutschland spielte schnelle, flache Pässe. Rüdiger versuchte es aus großer Distanz, Gunn klärte zur Ecke (51.). Nach einer Flanke von Maximilian Mittelstädt schoss Wirtz drüber (57.), wie acht Minuten später auch Mittelstädt. Laut wurde es im Stadion, als die Torschützen Havertz und Wirtz durch Sané und Niclas Füllkrug ersetzt wurden.
Und noch lauter, als Füllkrug den Ball zum 4:0 in den Winkel hämmerte (68.). Ausgangspunkt war einmal mehr Musiala, der einen Traumpass auf Gündogan gespielt hatte. „Oh wie ist das schön“ – die deutschen Fans feierten den längst feststehenden Sieg. Doch Füllkrug wollte mehr: Sein zweiter Treffer, nach Vorlage des eingewechselten Thomas Müller, wurde allerdings wegen einer Abseitsposition des Dortmunders zurück genommen (76.). Am klaren Auftakt-Sieg änderte dies aber freilich nichts mehr. Zumal der eingewechselte Emre Can noch das 5:1 in der Nachspielzeit erzielte.