Herr Kratzner, am Wochenende soll ein A-Jugendspieler in Meersburg nach einer Partie mit einem Messer bewaffnet auf das Spielfeld gestürmt sein. Das ist eine neue Dimension von Gewalt auf dem Fußballplatz. Oder gab es in der Vergangenheit bereits vergleichbare Fälle?
Nein, in der Art und Weise kenne ich keine vergleichbaren Fälle. Dass jemand möglicherweise bewaffnet ein Spielfeld betritt, das gab es meines Wissens noch nicht.
Wie geht der Verband mit dem Vorfall um?
Wir verurteilen jegliche Art von Gewalt auf und um den Sportplatz. Der konkrete Fall liegt nun beim zuständigen Sportgericht, das entsprechende Ermittlungen aufnehmen und Stellungnahmen der Vereine einfordern wird.
In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Gewaltaktionen im Amateurfußball. Bislang waren vor allem die Männermannschaften in den unteren Ligen betroffen. Wie sieht es im Jugendbereich aus? Gibt es hier die gleiche Tendenz?
Zunächst einmal möchte ich klarstellen, dass es bei über 99 Prozent aller Spiele keine Probleme gibt. Es gibt Vorfälle, das will ich gar nicht klein reden, aber die gab es früher auch. Der Unterschied ist, dass meiner Empfindung nach die wenigen Vorfälle in ihrer Extremität eine neue Dimension erreicht haben. Und das ist in der Jugend nicht anders als bei den Aktiven.
Wie meinen Sie das?
Wenn etwas passiert, kommt es viel schneller zu Handgreiflichkeiten als früher.
Ab welcher Altersklasse kommt es denn im Jugendbereich vermehrt zu Problemen?
Das lässt sich so schwer beantworten. Extreme Vorfälle treten aber wohl eher in den oberen Altersklassen auf, als bei den Kleinsten.
Probleme gibt es immer wieder auch mit ehrgeizigen Eltern am Spielfeldrand, die für eine aggressive Stimmung sorgen.
Ja, das ist aber vor allem ein Phänomen in den jüngeren Jahrgangsklassen, bei denen eben auch viele Eltern dabei sind. In der A- oder auch schon in der B-Jugend, wo weniger Eltern dabei sind, verlagert sich das Problem dann eher auf das Spielfeld.
Wieso mehren sich derzeit die Fälle? Oder täuscht der Eindruck?
Wie gesagt, die meisten Spiele gehen ohne Probleme über die Bühne. Bei den wenigen Ausnahmen spielt die gesteigerte Wahrnehmung durch die sozialen Medien und auch durch die Berichterstattung sicher eine Rolle. Auch die gesteigerte Intensität führt sicher zu einer größeren Wahrnehmung. Das ist generell aber auch ein gesellschaftliches Thema.
Es mehren sich die Stimmen, die eine lebenslange Sperre für alle fordern, die Zuschauer, Mit- oder Gegenspieler angreifen oder bedrohen. Wie stehen Sie da ganz persönlich dazu?
Da gibt es nur eine Meinung. So jemand hat auf dem Sportplatz nichts verloren. Klar ist aber auch, dass solche Strafen in einem rechtlichen Rahmen stattfinden müssen. Da müssen Lösungen her.
Wie geht der SBFV mit der Situation um? In Berlin wurden Schiedsrichtern zuletzt Bodyguards an die Seitenlinie gestellt.
Es gibt verschiedene Ansätze, vor allem in der Prävention. Es gab in der Vergangenheit zum Beispiel bereits Ordnerschulungen, da werden wir sicher noch intensiver mit den Vereinen zusammenarbeiten. Klar ist aber auch, dass man bei solchen Einzelfällen über diese Schiene nur wenig bewirken kann.
Ein Stück weit steht man der Entwicklung hilflos gegenüber?
Ein Stück weit, ja. Seien wir ehrlich: Ganz wird man solche Vorfälle leider nie verhindern können.
Gibt es auch positive Beispiele für ein Miteinander aus der jüngeren Vergangenheit?
Ja, vor allem bei den ganz Kleinen, wo das Motto „Erlebnis statt Ergebnis“ lautet. Da werden Kinder von klein auf FairPlay und die vielen positiven Emotionen des Fußballs vorgelebt. Das überträgt sich dann auch nach außen, da herrscht eine ganz andere Stimmung, was hoffentlich auch langfristig Erfolg bringt.