Deniz Undav war richtig sauer. Auch bei der verheißungsvollen Saison-Ouvertüre reichte es für den VfB Stuttgart nicht zum Sieg gegen Bayer Leverkusen. Das emotionale Supercup-Duell mit dem nächsten Titelgewinn für den Doublegewinner entwickelte sich für die Schwaben zum enttäuschenden Déjà-vu. So ließ Fußball-Nationalstürmer Undav nach dem 3:4 im Elfmeter-Drama seinen Frust freien Lauf.

„Wir machen immer so Scheiß-Fehler. Die werden bestraft gegen Leverkusen. Das fuckt mich richtig ab, dass wir wieder verloren haben“, schimpfte Undav bei Sat.1: „Wenn du gegen zehn Mann spielst, 2:1 führst, darfst du das Ding nicht verlieren.“

Dass er die Trophäe als Spieler des Spiels erhielt, war für ihn angesichts des verpassten Titelgewinns mit der Mannschaft überhaupt kein Trost. „Dankeschön. Der Pokal geht mir am Arsch vorbei. Ich hätte das Ding gerne gewonnen“, sagte der 28-Jährige in seiner typisch ehrlichen Art.

Das könnte Sie auch interessieren

Undav war es, der beinahe die Euphorie rund um den Vizemeister noch geschürt hätte. Mit der ersten Aktion nach seiner Einwechslung erzielte der Rekordeinkauf des VfB im leidenschaftlich umkämpften, aber von vielen Fans als „Kirmescup“ verspotteten Supercup das zwischenzeitliche 2:1. Es passte zum Hype, der um ihn in den vergangenen Tagen entstanden war. Und der vermutlich noch weiter zugenommen hätte, wäre Undav am Ende der Matchwinner gewesen.

Doch wie so oft unter der Regie von Xabi Alonso imponierten die auf nationaler Bühne seit nunmehr 15 Monaten ungeschlagenen Leverkusener mit erstaunlicher Last-Minute-Stärke. Und die Schwaben nutzten den vermeintlichen Vorteil nicht, dass sie ab der 37. Minute und nach der Roten Karte für Leverkusens Martin Terrier ein Spieler mehr waren.

Schick schockt Stuttgart spät

Zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit nahm der eingewechselte Patrik Schick den tapferen Stuttgartern mit seinem Ausgleichstreffer die Hoffnung, dass die Leverkusener Fähigkeiten zu späten Toren in der Sommerpause verloren gegangen sein könnte.

Schon in der vergangenen Saison hatten die Stuttgarter die Werkself dreimal am Rande einer Niederlage gehabt. Auch beim 2:2 in der Liga und beim 2:3 im Pokal-Viertelfinale hatte Bayer sehr spät getroffen. Beim 1:1 daheim hatte der VfB in Hälfte eins dominiert.

Das könnte Sie auch interessieren

„Was mich am meisten nervt, dass wir mit einem Mann mehr spielen, dann aber aufhören, Fußball zu spielen“, haderte Undav: „Nach der Roten Karte haben wir nur noch lange Bälle gespielt. Die Überzahl müssen wir ausspielen.“ Er wisse nicht, was die Gründe seien. „Vielleicht sind wir eingeschüchtert worden durch die Atmosphäre“, mutmaßte er: „Das ist der einzige Grund, den ich mir erklären kann. Aber das darf auf dem Niveau nicht passieren.“

Für VfB-Trainer Sebastian Hoeneß war der Knackpunkt, dass das 3:1 nicht gelang: „Dann haben wir 10 bis 15 Minuten die Kontrolle verloren. Was ein Stück weit nachzuvollziehen ist, bei dieser Wucht.“ Im Elfmeterschießen scheiterte dann Frans Krätzig am Leverkusener Torwart Lukas Hradecky, Silas Katomba Mvumpa schoss über das Tor.

Ist nach der Supercup-Niederlage gegen Bayer Leverkusen bedient: Stuttgart-Trainer Sebastian Hoeneß.
Ist nach der Supercup-Niederlage gegen Bayer Leverkusen bedient: Stuttgart-Trainer Sebastian Hoeneß. | Bild: dpa

Auf dem Platz gab es wiederholte Rudelbildung. Emotional verlief auch das Elfmeterschießen, vor dem die Seitenwahl aus kuriosem Grund ausfiel. Die Entscheidung fiel vor Leverkusens Fanblock, weil auf der anderen Seite den Aussagen der Beteiligten zufolge eine Torkamera kaputt war. „Das ist aus unserer Sicht natürlich bitter“, so Hoeneß: „Es ändert schon was, ist aus unserer Sicht aber nicht mehr zu ändern.“

Bei allem Frust durften die Schwaben aber auch Zuversicht aus Leverkusen mitnehmen. Denn der Auftritt kann ein erster Fingerzeig sein, dass der VfB auch in der kommenden Saison eine gute Rolle in der Fußball-Bundesliga spielen könnte. Die Zweifel, dass die Abgänge des Schlüsseltrios Waldemar Anton, Serhou Guirassy (beide Borussia Dortmund) und Hioki Ito (FC Bayern) zu schwer wiegen, vertrieb die Partie zumindest ein Stück weit.

„Wir wussten vor dem Spiel nicht, wo wir stehen. Deshalb war es für uns eine wichtige Rückmeldung, dass wir in die richtige Richtung gehen“, bilanzierte Hoeneß. Am kommenden Samstag soll nun im Landesduell beim SC Freiburg der Bundesliga-Start glücken. (dpa)