Herr Brombacher, am Sonntag hat ein Schiedsrichter in Markdorf ein Spiel abgebrochen, weil er sich offenbar bedroht fühlte. Können sich die Schiedsrichter auf dem Platz sicher fühlen?
Grundsätzlich natürlich ja. Es darf aber weder in die eine, noch in die andere Richtung pauschalisiert werden. Die Momente, in denen sich ein Referee unsicher fühlt, sind ganz gewiss in der Minderheit.
Woher kommt dann der Eindruck, dass Vorfälle wie der in Markdorf in der Vergangenheit zugenommen haben?
Diesen Eindruck habe ich nicht. Wir haben 2013 am Hochrhein einen kompletten Spieltag abgesagt, um ein Zeichen zu setzen. Das hat dafür gesorgt, dass es danach nur noch einen Bruchteil an Übergriffen gab. Ich bin mit der aktuellen Lage nicht glücklich, aber es gibt keine exorbitant hohe Zahl an Vorfällen. Die Wahrheit liegt dazwischen.
Warum gibt es immer wieder Vorfälle dieser Art?
Das hat verschiedene Ursachen. Das ist sicherlich der Respektlosigkeit untereinander geschuldet. Ich glaube, dass der Schiedsrichter die Person mit den wenigsten Fehlern auf dem Platz ist. In den unteren Klassen ist der Anspruch der Spieler und Zuschauer an den Schiedsrichter viel zu hoch. Sie erwarten einen fehlerlosen Offiziellen, sind es aber selbst nicht.
Inwiefern hängen solche Ereignisse mit dem Schiedsrichtermangel zusammen?
Das spielt mit Sicherheit eine Rolle und ist für das Ansehen der Tätigkeit nicht gerade förderlich, es gibt aber noch weitere Gründe. Der Schiedsrichter genießt in den Vereinen einen viel zu niedrigen Stellenwert.
Wie akut ist der Mangel?
Die Zahl ist seit Jahren stark rückläufig, in der Corona-Zeit konnten wir aber viele neue Schiedsrichter ausbilden. Derzeit haben wir etwa 1200 Aktive, was aber nicht ausreicht, um bis in die untersten Klassen alle Spiele zu besetzen. In diesen Spielen leiten die Vereine die Spiele selbst. Ich schätze, wir bräuchten etwa 400 bis 500 mehr einsetzbare Referees, um den Spielbetrieb wie gewünscht zu gewährleisten.