Wer jemals als Bub oder Mädel auf einem kleinen Spielfeld gegen einen Ball getreten hat, kennt den Spruch: Drei Ecken, ein Elfer. Wenn das in der Bundesliga so gehandhabt würde, hätte der SC Freiburg gegen Darmstadt 98 drei Elfmeter erhalten und der Aufsteiger keinen.

Die Standards reichen nicht aus

Es könnte dann mit einhundertprozentiger Sicherheit über einen Heimsieg des Sport-Clubs berichtet werden. Späßchen beiseite, auf gut norddeutsch Butter bei die Fische: Bei 11:2 Eckbällen, dazu vier, fünf (oder waren es sechs?) Freistoßflanken und zusätzlich unzähligen Flanken aus dem Spiel heraus, die in den Strafraum der Hessen segelten, da hätte die Mannschaft von Trainer Christian Streich vergangene Saison überhaupt keinen Elfer gebraucht, um einen Dreier einzufahren! Und warum reichen jetzt so viele Standards nicht, um gegen Darmstadt wenigstens 2:1 zu gewinnen?

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Spurensuche. „Wir sind nicht präzise genug, nicht bei den Hereingaben und nicht in der Abnahme“, sagt der Trainer. Trotzdem gibt Streich seinen Spielern mildernde Umstände: „1,98 Meter, 1,96 Meter, 1,94 Meter, die hatten ja nur Türme im Zentrum.“ Das stimmt fast auf den Zentimeter genau. Mit 1,94 Meter verteidigte Christoph Zimmermann, mit 1,96 Meter Matej Maglica und mit gar 1,99 Meter Stürmer Aaron Seydel, der bei Freiburger Standards auch zur Stelle war im eigenen Strafraum.

Gregoritsch wartet auf erstes Saisontor

Auch Maximilian Eggestein spricht von „fehlender Präzision“, sagt aber nicht, wo genau. Michael Gregoritsch, der einzige Freiburger, der es mit seinen einhundertdreiundneunzig Zentimetern Körperlänge mit den Darmstädter Hünen aufnehmen konnte, war im Doppelpack abgeschirmt. „Das war schwierig“, sagt der Mittelstürmer aus Österreich und meint damit nicht nur die speziellen Standardsituationen: „Die standen immer in der Kette, mal Fünferkette, Sechserkette, gefühlt manchmal sogar in der Siebenerkette.“ Da ist ein Hauch von Verzweiflung mit dabei, zumal Gregoritsch noch immer auf sein erstes Saisontor im Freiburger Trikot wartet.

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Von Vincenzo Grifo, dem permanenten Flankengeber, gibt es keinen Kommentar. „De Wintsche“, wie ihn sein Trainer auf südbadisch nennt, wird freilich not amused gewesen sein. So viele Standards! So viele Freistöße und Flanken! Elf Eckstöße! Und kein Tor für den SC, das dürfte ihm noch nie passiert sein. Wenn da kein Frust entsteht, wann dann?

Freiburg blickt auf Duell gegen Piräus

Selbst als zweimal eine Variante gespielt wird, Doppelpass mit Noah Weißhaupt und dann flache Hereingabe an die Strafraumgrenze zum freistehenden Ritsu Doan, entsteht daraus nichts Zählbares. Der Japaner schlenzt die Kugel einmal am Tor vorbei und drischt sie beim zweiten Mal hinauf auf die Südtribüne. Als Streich davon spricht, dass „bei einigen Spielern im Vergleich zum Vorjahr etwas fehlt“, dürfte er nicht nur, aber eben auch die Fehlversuche Doans gemeint haben.

Was nun? Ruhig bleiben, gut regenerieren, wieder mal den Kopf freibekommen. Mehr geht nicht, an intensives Training ist nicht zu denken, wenn schon das nächste Spiel vor der Türe steht. Am Donnerstag (18.45 Uhr) zuhause gegen Olympiakos Piräus geht es darum, ob der Sport-Club auf der europäischen Fußballbühne als Europa-League- oder Conference-League-Teilnehmer überwintert. Ein Punkt gegen das griechische Topteam würde den Freiburgern die weitere Teilnahme in der Europa League sichern. Man freue sich auf das Spiel, werde selbstverständlich wieder alles reinhauen, sagt der Trainer, und das dann auch noch: „Wir sind ja selber schuld, dass wir am Donnerstag schon wieder spielen.“ Das klingt fast schon sarkastisch, aber im Rückblick auf die großen Erfolge der zurückliegenden Spieljahre ist das ja so nicht zu werten.

Was Streich meint, ist dies: „Viele Spiele, viele Verletzte, wir sind jetzt endgültig in der Realität angekommen. Das Wichtigste ist die Bundesliga und ich weiß, wohin mein Blick geht.“ Nach oben sicher nicht.