1:3 gegen den SC Paderborn. Ausgeschieden aus dem DFB-Pokal gegen einen Zweitligisten. Auf eigenem Platz, im heimischen Wohnzimmer. Nach über weite Strecken schwacher Leistung, mit vielen Patzern, ja sogar zum Teil unerklärlichen Aussetzern, die selbst die gutmütigsten, die treuesten Fans normalerweise den Kopf schütteln lassen. Doch was passiert in Freiburg? Nichts Negatives kommt von den Rängen, keine Pfiffe, allenfalls mal ein Raunen, das aber kaum länger anhält als ein paar Sekunden. Und als dem SC Freiburg nach 70 Minuten durch einen fulminanten Schuss vom besten Sport-Club-Akteur an diesem verkorksten Abend das Tor zum 1:3 gelingt, da ist es richtig laut geworden im Europa Park-Stadion.
Fans feuern bis zur letzten Minute an
20 Minuten noch bis zum Abpfiff? Aber klar doch, das genügt schon, um der neuen Hoffnung, vielleicht doch noch zurückzukommen in diesem Spiel, durch extra lautes Anfeuern Ausdruck zu verleihen. Bis in die letzte der fünf Minuten Nachspielzeit hinein singen, rufen, schreien die Sport-Club-Fans auf der Süd, der Stehplatz-Tribüne, also auch dann noch, als es längst sinnlos geworden und die Freiburger Niederlage nicht mehr abzuwenden ist.
Das ist auf diese Weise geradezu einzigartig. Weil die SC-Anhänger schon immer etwas Besonderes waren, weil die Intimität zwischen ihnen und ihrer Mannschaft, durch den Umzug vom alten, engen Dreisamstadion in die neue Arena nicht verloren gegangen ist. Weil die Fans den Erfolg ihres Teams in den vergangenen drei Jahren durchaus glückselig zur Kenntnis genommen, ihn aber nie als Selbstverständlichkeit betrachtet haben. Weil sie ihren Support nicht nur zuhause zeigen, sondern auch bei den Auswärtsspielen und die ihnen zustehenden Tickets in den Stadien der Gegner stets ausschöpfen.
Die üble Personalnot
Zurück zum misslungenen Pokalabend. Als die meisten SC-Fans schon auf dem Heimweg sind, sagt Christian Streich bemerkenswerte Worte. Natürlich seien alle enttäuscht, weil der Pokal zuletzt wunderbar gewesen sei. Endspiel, Halbfinale, und nun Endstation in Runde zwei, „das ist schon eine große Enttäuschung“, sagt der Trainer des SC Freiburg, der mit den ersten 60 der 90 Minuten kaum einverstanden sein konnte. „Aber ich muss mich vor die Jungs stellen“, erklärt Streich, „ich weiß, was sie leisten und damit bin ich zufrieden, weil wir zu viele Spieler haben, die nicht hundertprozentig fit sind.“
Er verweist auf die Partien gegen Bochum und in Topola, da habe man Rückstände umgebogen. Beim Bundesliga-Tabellenführer Leverkusen nicht, aber auch da habe man sich intelligent und am Ende richtig gut präsentiert. „Dass irgendwann mal so ein Spiel kommt wie jetzt gegen Paderborn, das habe ich gewusst“, fährt Streich fort, „es hat die Spritzigkeit gefehlt, und das hängt eben mit der Personalnot zusammen.“

Christian Günter verletzt, Roland Sallai verletzt, Maximilian Philipp verletzt, Daniel-Kofi Kyereh schon über ein halbes Jahr außer Gefecht, Sommer-Neuzugang Junior Adamu erst verletzt und nun noch ohne Bindung zur Mannschaft, Michael Gregoritsch nach Wadenproblemen weit von der Form des Vorjahrs entfernt, einige der Jungen noch nicht stabil genug, wie erwähnt zu viele nicht bei 100 Prozent, da kann dem Trainer schon mal der Gaul durchgehen: „Das ist einfach Sch..., aber wir müssen die Spieler schützen.“ Es brauche, so Streich mit Blick auf das Bundesligaspiel am Samstag gegen Mönchengladbach, „den brutalen Zusammenhalt aller“.
Das Verständnis von ihm, seinem Trainerteam, allen Verantwortlichen im Verein. Und wie er da so in die Runde der Reporter schaut, spürt man es, auch wenn er es nicht sagt: auch der Journalisten. Für einmal nicht in der Wunde bohren, für einmal keine Fehlerquellen benennen, für einmal Zurückhaltung üben, eben Verständnis zeigen. Natürlich weiß er um die Pflichten derer, die da vor im stehen. Deshalb schnell die Überleitung. „Und wir brauchen auch die brutale Unterstützung durch die Fans.“ Und die Anhänger des Sportclubs werden auch gegen Gladbach zuverlässig laut sein. Wie immer mit 100 Prozent. Oder in Streichs Sinne: brutal eben.