Die Senkung der Mehrwertsteuer für Bahntickets im Fernverkehr von 19 auf 7 Prozent ist eine alte Forderung der Grünen. Nun springen auch führende Politiker der Regierungsparteien wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) oder SPD-Finanzminister Olaf Scholz auf dieses Thema. Für den Nahverkehr gilt bereits der ermäßigte Satz. Direkt nach der parlamentarischen Sommerpause soll im September über einen entsprechenden Antrag abgestimmt werden. Politische Beobachter rechnen mit einer Zustimmung des Bundestags, so dass Bahnfahrer schon bald in den Genuss günstigerer Tickets kommen könnten.
- Wie würden sich die Preise durch die Mehrwertsteuersenkung verändern? Der Preis für ein Ticket, das heute 119 Euro kostet, setzt sich aus dem Grundpreis von 100 Euro zuzüglich 19 Euro Mehrwertsteuer zusammen. Künftig würde der Preis 107 Euro (100 Euro Grundpreis zuzüglich 7 Prozent Mehrwertsteuer) betragen. Voraussetzung dafür ist, dass die komplette Mehrwertsteuerersparnis tatsächlich an den Kunden weitergegeben wird. Anhand dieser Annahme haben wir für Sie unten drei beispielhafte Reisen aus Südbaden in die Metropolen Hamburg, Köln und Berlin durchgerechnet.
- Was sagen Verbraucherschützer? Marion Jungbluth, Leiterin der Abteilung Mobilität und Reisen der Verbraucherzentrale, begrüßt die geplante Mehrwertsteuersenkung. Klimafreundliche Verkehrsmittel sollten stärker begünstigt werden, so Jungbluth. Sie weist aber auch darauf hin, dass die Steuersenkung nur ein Baustein zur Steigerung der Attraktivität der Bahn seien. „Die Bahn muss pünktlicher werden, das W-LAN muss stabiler laufen und das gastronomische Angebot verbessert werden“, fordert sie. In einem Punkt nimmt sie die Bahn allerdings in Schutz. Die Bahn sei nicht so teuer wie ihr Ruf. Wer frühzeitig Sparpreise oder Supersparpreise buche, könne viel Geld sparen.
- Was sagen die Verkehrsverbände? Ähnlich argumentiert Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. „Die Mehrwertsteuersenkung im Fernverkehr wäre ein richtiges Symbol. Aber die Bahn hat eigentlich gar keinen Mangel an Fahrgästen. Und eine Fahrpreissenkung bringt keinen zusätzlichen ICE auf die Schiene“, sagt Flege. Er plädiert dafür, neben dem Drehen an der Preisschraube massiv in den Ausbau des Schienennetzes zu investieren.
- Wie ist die Stimmung in der Bevölkerung? Die große Mehrheit der Deutschen würde eine niedrigere Mehrwertsteuer auf Bahnfahrkarten im Fernverkehr begrüßen. Wie das Verbändebündnis Allianz pro Schiene mitteilt, sprachen sich in einer Umfrage gut 80 Prozent der über 2500 Befragten dafür aus. „Die Koalition diskutiert noch über die Mehrwertsteuersenkung“, sagt Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz, „die Bevölkerung hat sich entschieden“.
- Wird tatsächlich die ganze Ersparnis an den Kunden weitergeben? Das ist bisher noch offen. Bahn-Chef Richard Lutz hat sich zuletzt für eine Kombination „neuer attraktiver Angebote“ mit „reduzierten Ticketpreise“ ausgesprochen. Auch Verbraucherschützerin Jungbluth könnte sich eine solche Kombination vorstellen. Unionsfraktionsvize Andreas Jung, Abgeordneter des Wahlkreises Konstanz, hat die Bahn dagegen aufgefordert, eine Absenkung der Mehrwertsteuer in vollem Umfang an die Kunden weiterzugeben.
