Schon vor Jahren musste sich der stationäre Buchhandel radikal umstellen. Amazon wirbelte die Branche auf und zwang die kleinen Händler dazu, sich auch fürs Internet eine Verkaufsstrategie zu überlegen. Von der Erfahrung und den vorhanden Strukturen im Onlinehandel profitieren die Buchhandlungen jetzt im Lockdown. Click and Collect bieten einige schon seit Jahren an.

Gemeinsame Plattform schafft mehr Reichweite

Auf der Plattform „Genial lokal“ haben sich etwa 760 Buchhandlungen aus Deutschland zusammengeschlossen. Gemeinsam können sie mehr Aufmerksamkeit und Reichweite erzielen und so auch gegen große Ketten und Konzerne antreten. Wer bei „Genial lokal“ kauft, kann sich den Laden aussuchen, bei dem er bestellen möchte.

Sabine Hauser von der Buchhaltestelle in Villingen freut sich, dass ihre Stammkunden sie weiterhin unterstützen.
Sabine Hauser von der Buchhaltestelle in Villingen freut sich, dass ihre Stammkunden sie weiterhin unterstützen. | Bild: Sprich, Roland

Dazu gehört auch die Buchhaltestelle in der Villinger Altstadt. Der 49 Quadratmeter große Laden gehört Sabine Hauser. Seit über 42 Jahren ist sie im Buchhandel tätig und verkauft mittlerweile Bücher an die Enkelkinder ihrer ersten Kunden. Für sie ist der Onlineshop bei „Genial lokal“ ein zweites Standbein. Sie versteht nicht, warum Kunden immer noch bei Amazon bestellen. Durch die Buchpreisbindung gibt es keine Preisunterschiede und die Bücher werden auch versandkostenfrei nach Hause geliefert.

Unterstützung für kleine Buchhändler

Als Einkaufsgenossenschaft bietet „Genial lokal“ seinen Mitgliedern die Onlineplattform für den Verkauf, technische Unterstützung, gemeinsames Marketing und ein großes Warenlager. Darüber ist Sabine Hauser froh. Müsste sie alles alleine stemmen, wäre das kaum machbar. So muss sie nur ihre Seite vom Laden auf der Plattform aktuell halten. Dort kann sie etwa eigene Buchtipps einstellen. Empfehlungen und Neuheiten gibt ein redaktionelles Team von „Genial lokal“ noch zusätzlich auf den Seiten.

Angelika Siebrands von der Buchhandlung Schwarz auf Weiss in Bad Säckingen ist Vorstand bei der Einkaufsgenossenschaft eBuch eG und ...
Angelika Siebrands von der Buchhandlung Schwarz auf Weiss in Bad Säckingen ist Vorstand bei der Einkaufsgenossenschaft eBuch eG und Geschäftsführerin von der Online-Plattform „Genial lokal“. | Bild: Kanele, Susanne

Angelika Siebrands hat die Genossenschaft 2015 mit ins Leben gerufen. Sie ist nun Vorstand der eBuch eg mit Sitz in Heidelberg und hat selbst eine kleine Buchhandlung in Bad Säckingen. „Die Händler können keine große Reichweite mit einzelnen Shops schaffen“, erzählt sie über den Vorteil des Verbunds. „Außerdem wollen wir die Kunden wieder in die Läden bringen.“ Was nach ihren Aussagen mit dem Konzept gelingt: „80 Prozent der Kundenbestellungen werden in den Buchhandlungen abgeholt.“ Und das war schon vor Corona so.

Kunden nutzen gerne Click and Collect

So bekommen die Läden eine zusätzliche Frequenz und kaufen vielleicht auch noch eine Grußkarte oder ein Buch für die Enkelkinder extra. Das fällt momentan natürlich weg aber: „Click and Collect ist super“, sagt die 55-jährige Siebrands. „Das hat sich in Corona-Zeiten sehr bewährt.“ Die Kunden würden zuhause auf dem Sofa stöbern und die Waren im Laden abholen. Das helfe den unabhängigen inhabergeführten Buchhandel zu stärken.

Bücherstapel aber keine Kunden – momentan können Kunden Bücher nur vorbestellen und abholen. Das Angebot für Click and Collect ...
Bücherstapel aber keine Kunden – momentan können Kunden Bücher nur vorbestellen und abholen. Das Angebot für Click and Collect gibt es im Buchhandel schon seit Jahren. | Bild: Frank Rumpenhorst, dpa

Die Mitglieder zahlen für jede Bestellung eine kleine Provision an die Genossenschaft. So lohnen sich Bestellungen direkt im Buchladen eher für sie, sagen beide Buchhändlerinnen. Aber die Plattform biete einfach viele Vorteile. Der Kunde könne die Bücher im Internet reservieren und noch am selben Tag im Laden abholen. Sabine Hauser konnte ihren Kundenstamm so erweitern.

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Auch der Zugriff auf das große Lager in Bad Hersfeld, das in Kooperation mit dem Großhändler Libri betrieben wird, ist ein Vorteil. Dort lagern eine Million Buchtitel, die über Nacht in die unterschiedlichen Buchhandlungen geliefert werden können. „Diese bedarfsgerechte Lieferung hat vielen Buchläden die Liquidität gesichert“, sagt Siebrands zu der Situation während des Lockdowns. Statt großer Einzelbestellungen bei Verlagen konnten die Mitglieder aufs Lager zurückgreifen.

Stammkunden halten die Treue

„Die Menschen brauchen jetzt geistige Nahrung“, sagt Sabine Hauser und betont, wie wichtig gerade jetzt, wo alles geschlossen ist, die Buchläden sind. Sie verkaufe momentan auch viele Puzzle und Spiele, alles, womit man sich die Zeit verreiben kann. Und die 59-Jährige spürt, dass ihre Kunden nun für sie da sind und manchmal mehr als nötig kaufen.