Die Schweiz setzt für ihre Raketenabwehr künftig auf Waffen aus Deutschland. Wie das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) am Dienstag mitteilte, beschafft die Schweiz fünf Raketenabwehrsysteme des deutschen Herstellers Diehl Defence mit Sitz in Überlingen am Bodensee.
Die Systeme sollen die „Schweizer Bevölkerung vor Bedrohungen aus der Luft und aus mittlerer Reichweite schützen“, wie es hieß. Das erste System soll Ende 2028 an die Schweiz geliefert werden. Das Volumen des gesamten Geschäfts beträgt laut Armasuisse 660 Millionen Franken (700 Millionen Euro). Allein der auf Diehl und den Partner Hensoldt entfallende Teil beträgt 500 Millionen Franken.

Im Verlauf des sich über mehrere Monate hinziehenden Vergabeprozesses hatte sich die Überlinger Diehl Defence mit ihrem Raketenabwehrsystem vom Typ Iris-T gegen Konkurrenten wie den europäischen Raketenbauer MBDA und den norwegischen Rüstungskonzern Kongsberg durchgesetzt.
Diehl-Defence-Chef Helmut Rauch hatte gegenüber dem SÜDKURIER schon im Herbst 2024 gesagt, Iris-T in seiner bodengestützten Variante SLM sei das „beste und passendste System für die Schweiz“.
Iris-T statt Stinger und Flak-Kanonen
Die Iris-T-Abwehrbatterien aus Deutschland ersetzen veraltete Schweizer Systeme wie Flugabwehrkanonen und schultergestützte Stinger-Raketen aus US-Produktion, die nur für sehr niedrige Abfangreichweiten konzipiert sind. Iris-T-SLM kann Ziele in einer Höhe bis 20 Kilometer Entfernung treffen. Die Waffe eigne sich zur Abwehr von Kampfjets, aber auch von Marschflugkörpern und Drohnen, hieß es von Armasuisse.
Bei der Bekämpfung noch weiter entfernterer Angreifer setzt die Schweiz auf US-Patriot-Abwehrwaffen, die ebenfalls neu beschafft werden. Außerdem kaufen die Eidgenossen F-35-Kampfjets vom US-Hersteller Lockheed-Martin und ersetzen damit alte F18-Kampfflugzeuge.

Die Erneuerung ihrer Luftabwehr ist Teil breiterer Anstrengungen der Schweiz zur Modernisierung ihrer Streitkräfte. Dabei gibt das Land mit gut 5,5 Milliarden Euro im Jahr 2024 nur einen Bruchteil Deutschlands aus. Hier sollen die Rüstungsausgaben aufgrund strengerer Vorgaben der Nato von rund 52 Milliarden Euro im Jahr 2024 bis 2029 auf mehr als 150 Milliarden Euro im Jahr ansteigen.
Radar kommt von bayrischer Hensoldt
Die Raketenabfangsysteme vom Bodensee sind dabei eine der begehrtesten Waffengattungen überhaupt. Die Bundeswehr hat bereits sechs der auf schweren Lkw montierten Systeme geordert. Iris-T SLM ist auch in der Ukraine im Einsatz und kommt dort dem Vernehmen nach auf Treffenquote jenseits der 90 Prozent.
Die Radareinheiten der Abwehrwaffe werden Diehl Defence vom bayrischen Radarspezialisten Hensoldt zugeliefert, der auch mehrere Standorte in Baden-Württemberg hat, etwa in Immenstaad, Ulm oder Oberkochen.
Im Rahmen des Vertragsabschlusses mit der Schweiz hat sich Diehl Defence verpflichtet, Schweizer Zulieferer in den Bau der IRIS-T-Systeme einzubeziehen. Welchen Umfang dieses sogenannte Offset-Agreement hat, wird nicht bekannt gegeben.
Diehl Defence hat 2024 glänzende Geschäfte gemacht und seinen Umsatz um rund 60 Prozent auf gut 1,8 Milliarden Euro nach oben geschraubt. Der Stammsitz am Bodensee wird derzeit stark erweitert. Mehrere Hundert neue Mitarbeiter wurden 2024 konzernweit eingestellt.