Das zweite Jahr in Folge wird die Apfelernte unterdurchschnittlich ausfallen. Was normalerweise zu steigenden Preisen für Streuobst führen sollte, lässt den Markt derzeit relativ unbeeindruckt. Die Obstpreise bleiben im Keller. Der SÜDKURIER hat zu Erntebeginn bei wichtigen Kellerei- und Mostereibetrieben nachgefragt, was Landwirte und private Steuobstwiesenbesitzer am Bodensee preislich erwarten können. Ein Überblick:

Fidel Dreher, Stockach:
Die Kelterei ist mit einem Umsatz von gut 46 Millionen Euro im Jahr 2020 – neuere Zahlen liegen nicht vor – eines der Schwergewichte im deutschen Saft- und Konzentratgeschäft. Neben dem Stammsitz am Bodensee hat das Stockacher Unternehmen eine große Produktionstätte in Polen. Auf Presseanfragen antwortet das Unternehmen nicht.
Wie aus Branchenkreisen verlautet, zahlt Dreher seinen Vertragskunden bei Bio-Obst 17,50 Euro je Hundert Kilo. Für die jährlichen Zertifizierungskosten in dreistelliger Höhe müssen die Obstwiesenbesitzer selber aufkommen. Für konventionelles Obst zahlt Dreher derzeit dem Vernehmen nach zehn Euro pro Doppelzentner. Generell steigen die Preise im Verlauf des Jahres aber, weil sich die Qualitäten zum Jahresende hin verbessern.

Bodensee-Kelterei Widemann, Bermatingen:
Die Groß-Kelterei aus Bermatingen, Jahresumsatz 2020 rund 49 Millionen Euro, die im internationalen Geschäft mitmischt, gibt sich zugeknöpft. Presseanfragen beantwortet das 150-Mann-Unternehmen nicht. Nach SÜDKURIER-Recherchen zahlen die Bermatinger, die ihre Säfte auch unter den Marken Schlör und Lindauer vermarkten, ihren Bioobst-Lieferanten in der aktuellen Saison einen vertraglich fixierten Mindestpreis von 14 Euro je Hundert Kilo.

Dazu kommt möglicherweise ein Saison-Aufschlag, der aktuell noch nicht feststeht. Die jährlich anfallenden Bioobst-Zertifizierungskosten von 150 bis 200 Euro müssen die Streuobstwiesen-Besitzer nach SÜDKURIER-Informationen selbst aufbringen. Für konventionelles Obst zahlt Widemann keine Festpreise. Aktuell liegen 100 Kilo Obst nach SÜDKURIER-Informationen je nach Annahmestelle zwischen zehn und elf Euro.
Weinmann Fruchtsäfte, Steißlingen:
Weinmann-Fruchtsäfte aus Steißlingen nahe Singen ist eine der etablierten regionalen Keltereien im Hinterland des Bodensees und verarbeitet ausschließlich regionale Früchte. Nach Angaben von Firmen-Chef Michael Weinmann erhalten die Bioobst-Kunden derzeit 17 Euro für Hundert Kilo. Allerdings werden die Zertifizierungskosten von der Kelterei „komplett übernommen“, wie Weinmann sagt.
Der Tagespreis für konventionelle Äpfel beträgt derzeit zehn Euro je Doppelzentner, Tendenz nach oben. Kleinerzeugern bietet Weinmann zudem an, ihr Obst direkt in eigene Flaschen abzufüllen. Und auch die Lohnsaftherstellung hat das Familienunternehmen im Programm.

Streuobstmosterei Schäfer, Stahringen:
Die Bio-Mosterei aus Stahringen bei Radolfzell zahlt privaten Steuobstwiesenbesitzern für Hundert Kilo Bioäpfel und -Birnen 20 Euro. „Das Obst wird durch uns über ein Pachtsystem biozertifiziert. Für die Lieferanten entstehen dadurch keine Kosten“, sagt Firmengründer Günther Schäfer. Wer bereits anderswo biozertifiziert ist, erhält denselben Preis.

Für die sortenreine Anlieferung gebe es teilweise Aufschläge, sagt Streuobst-Pionier Schäfer. Wer bei der durch ihre Bio-Limonaden auch überregional bekannten Mosterei anliefern will, muss indes einen länger laufenden Liefervertag abschließen. So will die Kelterei sicherstellen, dass nur Obst nach den eigenen besonders strengen Biokriterien verarbeitet wird. Lohnmosten sowie die Verarbeitung in Bag-In-Box-Säfte bietet die Kleinmosterei indes an.
Mosterei Kopp, Deggenhausertal:
Seit vier Generationen verarbeitet man beim Safthersteller Kopp aus Deggenhausertal Obst. Zuletzt hat man sich auf Bio-Produkte von Streuobstwiesen spezialisiert und kooperiert unter anderem mit den Naturschutzorganisationen BUND und Nabu. Das verarbeitete Streuobst kommt vom Bodensee und aus Oberschwaben. Dafür zahlt Kopp seinen Vertragsobst-Lieferanten 2022 seinen Vertragsobstlieferanten einen garantierten Mindestpreis von 14 Euro je Hundert Kilo, wie Firmenchef Philipp Kopp sagt.
Dazu kann ein saisonaler Aufschlag treten, der aktuell aber noch nicht fest steht. Die Bio-Zertifizierungskosten übernimmt Kopp für seine Kunden. Für konventionelles Obst zahlt man aktuell zehn Euro je Doppelzentner.

Auer Fruchtsäfte, Mühlhausen-Ehingen:
Die Kelterei aus dem Hegau startet diese Woche mit der Obstannahme. Auf Presseanfragen zu den Auszahlungspreisen reagiert das Unternehmen aus Mühlhausen-Ehingen nicht. Traditionell ist bei Auer indes nur die Direktabgabe von Obst zu flexiblen Tagespreisen möglich. Einen besonderen Preis für Bioobst gibt es dem Vernehmen nach bei Auer nicht.

Ebner Fruchtsäfte, Klettgau:
Der 1893 gegründete Familienunternehmen ist eine der letzten Saft-Keltereien am Hochrhein. Das in Klettgau ansässige Unternehmen zahlt Bio-Obst-Lieferanten nach Angaben von Firmenchef Thorsten Ebner traditionell zwischen 17 und 18 Euro je Hundert Kilo.
Um die Obst-Zertifizierung muss sich der Lieferant aber selbst kümmern. „Die Preise für konventionelle Äpfel werden dieses Jahr bei uns ab acht bis zehn Euro beginnen“, sagt Kelterei-Chef Ebner. Die Obstannahme soll am 8. September starten.