Der Umwelt etwas Gutes tun und dabei Geld sparen: Als Franz und Christel Amann aus Überlingen sich vor einem Jahr entschlossen, ihren Diesel gegen ein Elektro-Auto zu ersetzen, waren das ihre Beweggründe. Vor wenigen Tagen ist das Elektroauto, ein Mercedes EQB 250, geliefert worden, doch Franz Amann würde es am liebsten direkt wieder zurückgeben. Der Grund: „Wegen der gestiegenen Strompreise ist das neue Auto jetzt eine erhebliche finanzielle Zusatzbelastung für uns“, sagt der 82-jährige Rentner.
Franz Amann breitet verschiedene Berechnungen und Schriftwechsel mit seinem Stromversorger, den Stadtwerken am See, auf dem Couchtisch aus. Das neue Elektroauto erhöht den Strombedarf des Ehepaares um mindestens 1900 Kilowattstunden (kWh) jährlich. Dieser höhere Bedarf wird aber nicht von der Strompreisbremse abgefangen – denn diese orientiert sich beim gedeckelten Strompreis am Vorjahresverbrauch.
Als die Amanns das Elektroauto bestellt haben, waren sie noch von einem Preis von 31 Cent pro kWh ausgegangen. Nun profitieren sie für die zusätzliche Strommenge des Elektroautos nicht einmal von der Strompreisbremse mit ihren 40 Cent – sondern sollen 57 Cent pro kWh zahlen. „Obwohl auch die Spritpreise gestiegen sind, kommt uns das Elektroauto dadurch nun pro Jahr etwa 500 Euro teurer, als wenn wir mit dem Diesel weiter fahren würden“, hat Franz Amann ausgerechnet. Mit eingeflossen sind auch die Investitionskosten für die Wallbox.
Und Amann ist mit seinen Berechnungen nicht allein. Auch eine aktuelle Studie des Center Automotive Research (CAR) kommt zu dem Ergebnis: Ab 50 Cent Stromkosten sind E-Autos gegenüber Verbrennern finanziell im Nachteil – und zwar eingerechnet sämtlicher Betriebskosten. Der Automobilclub ADAC legt sich aufgrund der vielen verschiedenen Einflussfaktoren nicht so pauschal fest, sagt aber auch: hohe Stromkosten machen die Elektromobilität unattraktiver.
Ähnliches gilt für Wärmepumpen. Auch hier haben viele Verbraucher die höheren Anschaffungskosten bislang deshalb in Kauf genommen, weil die Betriebskosten dann sehr günstig waren. Und auch hier gibt es Hausbesitzer, die ihre Wärmepumpe erst Ende vergangenen Jahres eingebaut haben oder jetzt gerade einbauen – ungünstig für den Strompreisdeckel. Der Verband Wärmepumpen rät, die geänderte Jahresverbrauchsprognose unverzüglich dem Netzbetreiber beziehungsweise dem Energieversorger mitzuteilen, damit dieser das Entlastungskontingent entsprechend anpassen kann.
Bei Franz Amann und seinem Elektroauto hat das nicht funktioniert. Die Stadtwerke am See sind ihm zwar mit einem Preis von 48 Cent pro kWh entgegengekommen. Inzwischen gibt es aber nicht wenige Stromanbieter, die Tarife bieten, die sogar unter dem Strompreisdeckel liegen. Zu so einem ist Franz Amann nun gewechselt.
Ein Schritt, den Matthias Bauer, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, empfiehlt. „Seit Oktober 2022 sind die Strompreise deutlich abgeschmolzen und liegen bei Neutarifen derzeit im Schnitt bei 36 Cent.“

Er rät allen Verbrauchern, den Markt im Auge zu behalten – und gegebenenfalls zu wechseln. „Derzeit weiß noch keiner, wann der Strompreisdeckel ausläuft und was danach passiert“, sagt er. Das „danach“ aber ist entscheidend für die Frage, wie teuer E-Autos und Wärmepumpen die Verbraucher wirklich zu stehen kommen. Denn beides sind Anschaffungen für sehr viele Jahre.
Optimismus beim Vorteil für Stromer
Uwe Leprich, Energie- und Wirtschaftswissenschaftler an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlands, ist da einigermaßen optimistisch. „Zunächst einmal stellt sich ja immer die Frage: Was haben wir denn für Alternativen?“, so Uwe Leprich. Heizen mit Öl und Gas wird nicht zuletzt wegen einer stetig steigenden CO2-Steuer teuer bleiben beziehungsweise im Preis weiter steigen. Gleiches gilt für das Autofahren mit Verbrennern.
Bei Strom dagegen sieht Uwe Leprich einen größeren Spielraum für sinkende Preise. „Bislang war der Strompreis immer so eine Art Packesel, auf den sehr viele Steuern und Abgaben draufgepackt wurden.“ Das sei schon weniger geworden, etwa durch den Wegfall der EEG-Umlage. Leprich zufolge gibt es aber noch genügend Spielraum, den Strompreis weiter zu entschlacken. „Die Botschaft ist in Berlin angekommen, dass man da weiter entlasten muss“, so der Energieexperte.
Auch die Art, wie die Preise über die Strompreisbörse festgelegt werden, hält Uwe Leprich nicht für zukunftsträchtig. „Die Börse wird an Bedeutung verlieren.“ Er denkt an Ausschreibungen, bei denen die siegreichen Anlagen dem Verbraucher die Vollkosten in Rechnung stellen. „Das würde zu deutlich stabileren Preisen führen.“
Ein Ausbau der erneuerbaren Energien werde das Übrige tun, die Preise längerfristig unten zu halten. „Trotz allem kann es sein, dass wir alle in zehn Jahren für Energie mehr bezahlen müssen als heute“, sagt Uwe Leprich. Um die Kosten fürs Heizen oder Autofahren trotzdem auf einem Niveau zu halten, welches in Deutschland in den letzten Jahren üblich war, hilft dann nur noch eins: weniger verbrauchen.