Nach den Protestaktionen gegen die Politik der Bundesregierung war es zuletzt etwas ruhiger geworden um die Bauern. Mit der Absage des politischen Aschermittwochs der Grünen in Biberach hat sich das schlagartig geändert. Grund für die Absage waren Sicherheitsbedenken aufgrund einer unangemeldeten Protestaktion von Landwirten. Der Protest bleibt also weiterhin laut – oder?

„Viele Berufskollegen tendieren zur AfD“

Nur wenige Stunden nach der Veranstaltung in Biberach findet in Emmingen ein Gespräch zwischen dem Arbeitskreis Agrar des CDU-Kreisverbands Tuttlingen, Vertretern aus der Landwirtschaft und den CDU-Politikern Maria-Lena Weiss, Andreas Jung und Guido Wolf.

Hier herrscht ein deutlich gemäßigterer Ton: Man müsse raus aus den lauten Protesten auf der Straße und rein ins Inhaltliche, ist die einheitliche Meinung von beiden Seiten. Dementsprechend nehmen an diesem Nachmittag Diskussionen über die Forderungen der Bauern den Großteil der Zeit in Anspruch.

Warum es trotzdem zu einer Situation wie in Biberach kommt und warum er zum Gespräch mit den CDU-Vertretern gebeten hat, erklärt direkt zu Beginn Frank Hofer, Landwirt aus Tuttlingen und stellvertretender Vorsitzender im Arbeitskreis Agrar. Die im Dezember verkündete geplante Erhebung von Steuern für Agrardiesel und die Einführung der KfZ-Steuer für Landwirtschaftsfahrzeuge hätten das Fass zum Überlaufen gebracht. „Ein Fass kann aber auch bersten“, mahnt Hofer.

Die Vorkommnisse in Biberach würden zeigen, dass es einen gewissen Prozentteil von Landwirten gäbe, die bereit seien weiter zu gehen, als es jedem lieb sei: „Da ist teilweise Gewaltbereitschaft da – auch unter den Landwirten. Viele Berufskollegen tendieren zur AfD, das ist aber der falsche Weg. Hier muss die CDU wieder auf Fang der Landwirte gehen.“ Wie das gehen soll? Landwirte bräuchten verlässliche Politik, die einen fachlichen Hintergrund hat und nicht völlig praxisfremd ist. Dazu brauche es Dialog mit den Landwirten.

Die Landwirtschaft braucht Verlässlichkeit

Was genau die Bauern von der Politik, neben der Rücknahme der im Dezember beschlossenen Steuermaßnahmen fordern, darauf geht Andreas Deyer vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) ein. Er sieht die Politik in der Pflicht, hohe Rahmenbedingungen zu schaffen, von denen die Bauern leben können. Denn die hohen Standards würden nur auf dem Acker und im Stall gelten – nicht aber im Regal, da mache der Handel den Großteil seines Umsatzes mit Billigprodukten.

Dieses Problem kennt auch Ulrich Diener, ehemaliger Geschäftsführer des Maschinenrings Tuttlingen Stockach: „Produkte aus dem Ausland haben nicht unseren Standard, dürften teilweise hier so gar nicht produziert werden, aber werden am Ende dann trotzdem hier verkauft.“ Darunter leide die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauern enorm.

Andreas Jung weiß um die Sorgen und Nöte der Bauern. „Unsere Bauern brauchen eine verlässliche Perspektive“, stellt der stellvertretende CDU-Vorsitzende klar. Deshalb fordere die Union unter anderem die Rücknahme der Steuern auf Agrardiesel. Ebenso müsse die Politik eine Antwort darauf geben, dass der Verbraucher immer hohe Standards fordere, aber an der Kasse dann nicht bereit sei, dafür zu zahlen.

Seine CDU-Kollegin Maria-Lena Weiss stimmt ihm zu – sorgt sich aber darum, wie man es schafft, wieder konstruktiv miteinander zu arbeiten, auch mit Blick auf mögliche Protestwähler bei den Bauern. Manchmal habe sie das Gefühl, dass der Pessimismus schon überhand genommen habe.

Trotz der großen Gesprächsrunde waren sich am Ende alle einig: Es braucht jetzt einen Diskurs, um Lösungen für die Bauernproteste zu ...
Trotz der großen Gesprächsrunde waren sich am Ende alle einig: Es braucht jetzt einen Diskurs, um Lösungen für die Bauernproteste zu finden. Auf der linken Seite sitzen Jürgen Knopf, Vorsitzender vom Arbeitskreis Agrar Guido Wolf, Maria-Lena Weiß und Martin Marquardt, stellvertretender Vorsitzender vom Maschinenring Stockach (von vorne nach hinten). Auf der rechten Seite sitzen Frank Hofer, Andreas Jung, Ulrich Diener und Andreas Deyer. | Bild: Nagel, Marvin

Von den Protesten zum Diskurs

Als positives Zeichen für ein zukünftiges Miteinander wertet Frank Hofer das Eingeständnis von Guido Wolf, dem dritten CDU-Politiker am Tisch. Dieser hatte eingeräumt, dass es auch von CDU-Seite Versäumnisse gegenüber der Landwirtschaft gegeben habe, schon vor der Ampel-Regierung.

Guido Wolf fordert, „aus dem lauten Protest sollte eine konstruktive Bewegung erwachsen“. Darum geht es auch Andreas Deyer. „Wir sind alle gefordert, wir müssen mehr aufeinander zugehen und weniger polarisieren.“

Manchem mögen diese Worte wie ein frommer Wunsch erscheinen, gerade mit Blick auf die Ereignisse in Biberach. Immerhin: Alle Beteiligten sind sich einig, dass das Gespräch ein guter erster Schritt gewesen sei, um, wie Guido Wolf es formuliert, der Landwirtschaft zu zeigen „wir wollen und wir brauchen euch“.

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