Der Sommer ist da, eine Erfrischung willkommen, und da fällt der Blick auf eine Schale reifer, duftender Erdbeeren: Wer bekommt da nicht Appetit? Aber wie groß ist die Enttäuschung, wenn sich unten im Behälter ein matschiges Exemplar mit weißlichem Pelz-Bewuchs findet. Muss jetzt die ganze Schale in den Müll? Und wie gesundheitlich schädlich ist Schimmel an Lebensmitteln überhaupt?
Einfache Antworten gibt es darauf leider nicht. Zunächst einmal: Die Gefahr geht nicht vom Pilz selbst, sondern von den sogenannten Mykotoxinen aus. Das sind giftige Stoffwechselprodukte, die entstehen können, wenn Pilze Lebensmittel zersetzen. Doch längst nicht alle Schimmelpilze bilden bedenkliche Stoffe – so ist etwa der Edelschimmel im Roquefort völlig harmlos. Und auch wenn Gifte entstehen, kann man pauschal wenig über ihre Wirkung sagen: „Es gibt viele verschiedene Mykotoxine“, sagt Rolf Geisen, als Professor Experte für Lebensmittelmykologie am Max-Rubner-Institut in Karlsruhe. Manche Stoffe, wie etwa Aflatoxine, die unter anderem in Nüssen vorkommen können, sind für Menschen sehr gefährlich, andere weniger.
Für Bestimmung Experte nötig
Doch als Laie kann man nicht einschätzen, um welche Art von Schimmel es sich handelt. Farbe und Geruch besagen wenig. „Um den Pilz zu bestimmen, muss man Experte sein“, sagt der Lebensmitteltechnologe. Überhaupt ist das Auge hier nicht sehr verlässlich. „Das, was man sieht, ist nur der Fruchtkörper des Pilzes“, erklärt Geisen. Das fadenförmige Myzel, also der eigentliche Pilz, bleibt meistens unsichtbar. Brot kann zum Beispiel komplett vom Pilz befallen sein, auch wenn nur ein kleines Pünktchen Schimmel sichtbar ist. Wie schnell das Myzel wächst, hängt unter anderem von Zusammensetzung und Beschaffenheit des Lebensmittels ab. So heißt es beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): „Je flüssiger die Lebensmittel sind, desto schneller ist die Ausbreitung des Schimmels und seiner Toxine möglich.“
Im Zweifelsfall: Wegwerfen!
Im Zweifelsfall ist es also besser, die Lebensmittel wegzuwerfen. Braten, kochen oder backen kann dem Gift wenig anhaben: Mykotoxine sind weitgehend hitzestabil. Auch an Haustiere verfüttern sollte man Schimmliges nicht, da die Toxine Tieren schaden und zudem in Fleisch oder Eier hineingeraten können. Je nach Art und Menge des Toxins kann es zu akuten Vergiftungserscheinungen wie Magen-Darm-Beschwerden oder Zittern kommen.
Wenn man giftige Stoffe wie Aflatoxine über längere Zeit in höheren Dosen aufnimmt, sind auch drastische Spätfolgen wie Krebs denkbar. Allerdings: Wer mal ein Stückchen angeschimmeltes Brot isst, muss nicht gleich mit diesen fatalen Folgen rechnen. Doch schwangere Frauen, kleine Kinder und alte Menschen sollten bei Schimmelbefall auf keinen Fall ein Risiko eingehen!
Wenn sich der Schimmel breitmacht
- Brot und Backwaren: Sobald sich auf einem Laib auch nur ein kleiner Schimmelfleck gebildet hat, gibt es für den Lebensmitteltechnologen Rolf Geisen nur eines: „Wegwerfen!“. Auf der porösen Struktur von Brot kann sich das Myzel leicht ausbreiten – möglicherweise ist also das ganze Stück durchwachsen, ohne dass man es sieht. Zum Schutz vor Verderb sollte man Brotkästen einmal pro Woche reinigen und mit Essigwasser auswischen, empfiehlt das BfR.
- Obst und Gemüse: In Früchten mit hohem Wasseranteil – ewa Pfirsichen oder Tomaten – breitet sich Schimmel schnell aus. Daher muss man sie komplett wegwerfen, sobald sie an einer Stelle faulen. In einer Schale mit Erdbeeren kann ein schimmliges Exemplar bereits andere Früchte angesteckt haben. Daher sollte man die verdorbene Beere mitsamt ihrer Nachbar-Beeren wegwerfen. Den Rest kann man durchaus noch essen, meint Geisen. Weniger problematisch sind Äpfel: „Da reicht es, die faulige Stelle großzügig abzuschneiden.“ Das Mykotoxin Patulin, das sich häufig auf fauligem Kernobst bildet, dringt nur bis zu zwei Zentimeter tief in den Apfel hinein.
- Marmelade: „Angeschimmelte Konfitüren und Gelees sollten grundsätzlich weggeworfen werden“, heißt es beim BfR. Bei Marmeladen mit hohem Zuckeranteil reiche es allerdings, die schimmlige Stelle großzügig zu entfernen, meint der Lebensmittelexperte Geisen. Zucker bindet Feuchtigkeit und bremst dadurch das Pilzwachstum. Im Kühlschrank hält sich angebrochene Konfitüre länger – vor allem solche mit einem geringen Zuckeranteil.
- Käse und Wurst: Bei harten Käsesorten, etwa Parmesan, genügt es, die schimmlige Stelle mit mehreren Zentimetern abzuschneiden. Auch luftgetrocknete Wurst und geräucherter Schinken sind noch genießbar, wenn man betroffene Stellen großzügig entfernt.
- Milchprodukte: Joghurt oder Quark, auf dem sich bereits grün-weißliche Flecken gebildet haben, gehört komplett in die Tonne.
- Nüsse und Gewürze: Insbesondere exotische Nüsse wie Pistazien und Paranüsse, aber auch Gewürze und Trockenfrüchte können mit dem sehr giftigen Aflatoxin belastet sein. Daher sollten alle Produkte, die verfärbt sind, muffig riechen oder schimmlig aussehen, in den Müll. Ein weiterer Rat: Gewürze besser nicht über dem Herd aufbewahren: Dort ist es warm und feucht, sodass sie schneller verderben. Daher sollte man lieber kleine Mengen kaufen und diese rasch verbrauchen. (as)