In der Pilz-Saison liegen auch einige weit verbreitete Irrtümer im Sammelkörbchen. Haben Pilze wirklich keinen Nährwert und soll man bei einer Pilzvergiftung Milch trinken? Antworten auf diese und andere Pilzirrtümer.
Irrtum 1: Bei einer Pilzvergiftung sollte man viel Milch trinken
Erstaunlich weit verbreitet ist die Annahme, dass man bei einer Vergiftung, ganz gleich welcher Art, möglichst viel Milch trinken sollte. Doch das ist ein Irrtum, sagen Fachleute. „Milch trinken ist immer falsch“, warnt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) in Frankfurt am Main und rät auch von anderen Hausmitteln dringend ab.
„Auch Salzwasser trinken, um Erbrechen zu fördern, oder Kohletabletten, um Durchfälle zu lindern, können schwere Nachteile mit sich bringen und die Prognose bis hin zum Tod verschlechtern“, heißt es dort. Beim Verdacht auf eine Vergiftung rät man Betroffenen: „Nehmen Sie schnell ärztliche Hilfe in Anspruch.“
Irrtum 2: Wildpilze sind nicht mehr mit Radioaktivität belastet
„Wildpilze können in Süddeutschland weiterhin oberhalb des Grenzwertes mit radioaktivem Cäsium belastet sein“, warnt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter. „Das Cäsium stammt hauptsächlich aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl im Jahr 1986. Ein geringer Anteil geht auf die oberirdischen Kernwaffentests der 1950er- und 1960er-Jahre zurück.“
BfS-Präsidentin Inge Paulini rät: „Wer Pilze für den eigenen Verzehr sammelt, kann den Pilzbericht des Bundesamts für Strahlenschutz zur Orientierung nutzen. Der Bericht zeigt, welche Speisepilze hohe Cäsium-Werte aufweisen können und welche Regionen Deutschlands vom Reaktorunfall von Tschernobyl besonders betroffen sind.“ Für den aktuellen Pilzbericht hat die Behörde wildwachsende Speisepilze auf Cäsium-137 untersucht. Der aktuelle Pilzbericht ist hier abrufbar.
Irrtum 3: Pilzesammeln gefährdet die Bestände
Zwar stehen in der Tat rund ein Drittel der bisher untersuchten 4400 Großpilzarten Deutschlands auf der Roten Liste. Daran sind aber laut Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn nicht die Sammler schuld: „Im Gegensatz zur weit verbreiteten Annahme ist das sachgerechte Sammeln der Fruchtkörper der Großpilze als Gefährdungsursache nur von untergeordneter Bedeutung.“

Wesentlich einschneidender wirken sich den Experten zufolge Kahlschlagbetrieb, Altersklassenwälder und Veränderungen des Baumartenbestandes aus. „Besonders die Mykorrhizapilze scheinen zunehmend durch Luftschadstoffe und Nährstoffeintrag gefährdet zu sein“, heißt es.
Irrtum 4: Pilze gibt es nur im Herbst
Keineswegs. Es gibt sogar regelrechte Winterpilze, wie der Austernseitling (Pleurotus ostreatus), der auf Frost angewiesen ist, um überhaupt Fruchtkörper ausbilden zu können, oder auch der Forstschneckling. Ab Juni und vor allem ab September nimmt die Anzahl der Pilze, die wir hierzulande finden, allerdings deutlich zu.
Die Fruchtkörper vieler Pilze existieren allerdings nicht sehr lange und sind oft schon nach wenigen Tagen vergangen. Der eigentliche Pilz aber, also das unterirdische Myzel, lebt sehr viel länger. Eines der ältesten Lebewesen der Welt ist ein Hallimasch im Malheur National Park in den USA. Das mehrere Quadratkilometer große Myzel wird von Experten auf ein Alter von 2400 Jahren geschätzt.
Irrtum 5: Pilze haben kaum einen Nährwert
Das ist einer der am weitesten verbreiteten Irrtümer überhaupt. Es stimmt zwar, dass Pilze oder besser gesagt ihre Fruchtkörper zum Großteil aus Wasser bestehen, das bedeutet aber nicht, dass sie deshalb vollkommen gehaltlos wären. Ganz im Gegenteil: Sie enthalten je nach Art sogar eine ganze Reihe wertvoller Inhaltsstoffe.
Irrtum 6: Speisepilze kann man bedenkenlos essen
Wenn Pilze in unmittelbarer Nähe von viel befahrenen Straßen oder von Industrie-Anlagen wachsen, sollte man sie lieber nicht essen – auch dann nicht, wenn es sich um ausgewiesene Speisepilze handelt. In den Pilzen können sich nämlich Schwermetalle anreichern und die Fruchtkörper kontaminieren.
Zudem sollten Speisepilze möglichst frisch verzehrt werden. „Am häufigsten treten Pilzvergiftungen durch zu alte oder zu lange oder auch falsch gelagerte Pilze auf“, weiß man bei der DGfM. Auch Speisepilze dürfen in der Regel nicht roh gegessen werden, warnen die Experten: „Rohe Speisepilze sind im Allgemeinen giftig. Nur Zuchtchampignon, Steinpilz und einige wenige andere Arten sind roh genießbar.“