Herr Schütze, die Menschen verstehen nicht, warum Asylbewerber wie Lukmann Lawall gehen müssen. Wie kann man diesen Vorgehen erklären?

Die Bedürfnisse der Unternehmen in Baden-Württemberg sind nachvollziehbar. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund des herausfordernden Fachkräftemangels. Auch Geflüchtete können dabei einen Beitrag zur Sicherung des Arbeitskräftebedarfs leisten. Umgekehrt gilt aber auch: Ein struktureller Spurwechsel, bei dem das Asylsystem systematisch ausgehebelt wird, um über Beschäftigung ein Bleiberecht zu erwirken, setzt die vollkommen falschen Signale – nicht zuletzt an Schlepperbanden. Oder anders: Selbst wenn ein Asylbewerber arbeitet, schützt ihn das nicht vor einer Abschiebung. Wenn am Ende eines rechtstaatlichen Verfahrens feststeht, dass ein Asylbewerber ausreisepflichtig ist, müssen wir das auch durchzusetzen – ansonsten macht sich der Rechtsstaat unglaubwürdig. Alles andere untergräbt auch die Akzeptanz des Asylrechts. Wäre es so, dass alle, die arbeiten, ein Bleiberecht bekämen, so entschieden letztlich die Personalverantwortlichen über den Aufenthalt und nicht der Staat.

Warum schöpft das Ministerium vorhandenen Duldungsspielraum kaum aus?

Das Gegenteil ist der Fall: Das Innenministerium bringt die bestehenden Regelungen im Interesse der Wirtschaft und der Geflüchteten voll zur Anwendung – mehr geht von Bundesrechts wegen nicht. Die Bedürfnisse der Unternehmen sind Minister Thomas Strobl ein wichtiges Anliegen. Das gilt vor allem auch mit Blick auf einen Fachkräftemangel. Deshalb haben wir auch mit einer Initiative von Unternehmern Gespräche geführt. Wichtig ist jedoch: Das Aufenthaltsrecht ist Bundesrecht – und die Länder sind an den vom Bund vorgegebenen Rahmen gebunden. Innerhalb dieser engen Grenzen haben wir sehr viel getan – wir sorgen damit dafür, dass niemand heute abgeschoben wird, der ab 2020 hier bleiben könnte.

Haben Sie selbst einmal eine Abschiebung eines gut integrierten Menschen begleitet? Wie verhalten sich die betroffenen Menschen?

Natürlich ist eine Abschiebung für den Betroffenen eine belastende Situation. Aber wenn nach einem gründlichen, rechtsstaatlichen Verfahren feststeht, dass ein Ausländer kein Bleiberecht hat, muss er das Land verlassen. Und wenn ein Ausländer seiner Pflicht zur Ausreise nicht nachkommt, muss der Rechtsstaat diese Pflicht durchsetzen.