Handwerker sind Mangelware. Das stellen nicht nur Verbraucher fest, wenn sie einen Fachbetrieb suchen. Auch in den Kommunen herrscht zunehmend Ratlosigkeit, weil Arbeiten nicht vergeben und letztlich auch zu teuer werden. So beklagt die Stadtverwaltung in Konstanz, dass sie auf Ausschreibungen für Bauleistungen nur noch wenige und zum Teil auch gar keine Angebote von Unternehmen mehr erhält. Die Folge sind laut Thomas Stegmann, dem Chef des Hochbauamts, Preissteigerungen und Zeitverzögerungen.
Bauboom treibt Preise in die Höhe
Unter anderem wird die nach Jahrzehnten überfällige und vom Bund mit zwei Millionen Euro geförderte Sanierung des Kinderkulturzentrums Raiteberg deutlich teurer und soll nun mehr als fünf Millionen Euro kosten. Kostensteigerungen, die zumindest teilweise auf die – nach Darstellung der Stadt überhitzte – Baukonjunktur zurückzuführen sind, treten auch bei einem Kindergarten-Projekt im Stadtteil Wollmatingen sowie beim neuen Kunstdepot für das Rosgartenmuseum auf.

Paradox: Bieterfirma will auf keinen Fall Zuschlag erhalten
Betroffen ist neben dem Hochbau auch der Tiefbau: So hat die Stadt Konstanz die Sanierung der großen Fußgängerunterführung zwischen Marktstätte und Hafen neu konzipiert und abgespeckt, nachdem auf erste Ausschreibungen hin kein wirtschaftlich vertretbares Angebot eingegangen war. Auch in Donaueschingen kennt man das Problem voller Auftragsbücher: Gleich zwei Brückenprojekte mussten vertagt werden. Etwa die Sanierung der Georg-Mall-Brücke, die um ein Jahr geschoben wurde, weil die Kosten sonst aus dem Ruder gelaufen wären. Sechs Unternehmen hatten Interesse an den Arbeiten gezeigt. Aber nur eines hat ein Angebot abgegeben und da staunte man im Donaueschinger Rathaus nicht schlecht: Mit Kosten von 292 000 Euro hatte man gerechnet. Das Angebot belief sich allerdings auf 888 000 Euro. Nicht weil die Kosten so gestiegen wären, sondern weil die Bieterfirma auf keinen Fall den Zuschlag erhalten wollte.
Kleines Bauwerk, große Sorgen
Donaueschingen entschied sich, die Ausschreibung zurückzuziehen und die Arbeiten erneut auszuschreiben: Nun soll die Brücke 2019 für voraussichtlich 410 000 Euro saniert werden. Ein ähnliches Bild bot sich 2017 bei der kleinen Bregbrücke bei Allmendshofen. Das Bauwerk war schon längst abgerissen, ein Ersatz lange nicht ins Sicht. So entschied man sich im März 2017 schon Arbeiten für das Folgejahr auszuschreiben. Mit der Hoffnung, es werde sich ein regionales Unternehmen an der Ausschreibung beteiligen, das sich schon für das kommende Jahr seine Auftragsbücher füllen möchte.
Das Problem ist bei den Handwerksbetrieben in der Region nicht neu. Neben dem Boom der Baukonjunktur und der Nähe zum Schweizer Markt macht sich auch der Nachwuchsmangel negativ bemerkbar. Laut Handwerkskammer Konstanz ist jeder dritte Betrieb im Kammerbezirk auf der Suche nach neuen Mitarbeitern. Mehr als 60 Prozent der Betriebe haben aber kein geeignetes Personal gefunden, erklärt Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz.
Kommunen und Verbraucher werden künftig wohl noch länger auf Handwerker warten müssen. „Die Auftragsbücher sind so voll, dass Aufträge abgelehnt werden müssen, wenn sie nicht von Stammkunden kommen“, sagt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Über viele Jahre hätten sich zu wenig Jugendliche für eine Lehre im Handwerk entschieden. „Jedes Jahr fehlen 15 000 bis 20 000 Azubis und Lehrlinge.“ Hinzu komme: 200 000 Betriebe mit einer Million Mitarbeitern stünden in den kommenden fünf bis sechs Jahren vor einem Generationswechsel. Der Handwerkspräsident äußerte die Befürchtung, „dass nicht alle Betriebe fortgeführt werden“. Es gebe weder in den betroffenen Familien selbst noch von außen genügend Nachwuchs. Dieser drohende Schwund scheine kaum einen zu kümmern, auch nicht in der Politik, kritisierte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. „Hier sind Arbeitsplätze im großen Stil in Gefahr.“
Keine guten Aussichten also für Verbraucher und die betroffenen Kommunen. Letztere versuchen sich derweil irgendwie selbst zu helfen. So setzt die Verwaltung in Konstanz zunehmend auf die Vergabe einzelner Leistungen.
In Bräunlingen nahe Donaueschingen setzt man auf den Faktor Zeit. Weil kein Angebot einer Firma vorlag, wurde eine schon lange geplante Kanalsanierung im Ortsteil Döggingen kurzerhand verschoben. Das Abwasser fließt derweil über einen Rollenden Kanal ab – ein spezielles Tankfahrzeug. Dafür gab es eine Sondergenehmigung des Landratsamtes Schwarzwald-Baar-Kreis.
Mangel im Handwerk
Personalmangel herrscht in vielen Bereichen des Handwerks – nicht nur bei Bäckern und Fleischern. „Auch bei Klempnerbetrieben, Sanitär- und Heizungsbetrieben und in der Haustechnik ist der Mangel an Auszubildenden und Fachkräften gravierend,“ erklärt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Dabei sei das Handwerk lukrativ, wirbt Wollseifer: Ein Meister in betriebsleitender Funktion erhält demnach in größeren Betrieben zwischen 3500 und 5500 Euro brutto monatlich. „Wer richtig gut ist und ein eigenes Unternehmen hat, kann noch wesentlich mehr verdienen.“ (AFP)