Eins, zwei drei. Stolz zeigen Leo (2) und Emil (4), dass sie es gemeinsam geschafft haben. Sie haben drei Forellen gefangen. Die Szene ereignete sich, als Christoph Ritzi (33) mit seinen Jungs im Bach Biber bei Tengen-Büßlingen angelte.
Normale Kindheit auf dem Land? Für Christoph Ritzi fühlt es sich so an. Denn er selbst hat als Jugendlicher mit seinem Vater im gleichen Bach gefischt. Damit Leo und Emil mit ihren Kindern noch das gleiche erleben können, ist Ritzi im Angelsportverein aktiv.
„Vor zwei Jahren ist der Körbelbach zum ersten Mal im tiefer gelegenen Teil ausgetrocknet“, sagt der Gewässerwart. Unten an der Schweizer Grenze hat es angefangen. Dann ist die Trockenheit nach oben gekrochen. Ein bis zwei Kilometer weit. Die Angler haben die Fische per Fischtaxi in ein höher gelegenes Gewässer gebracht. Der Fisch ist aber nur das eine. Wenn der Bach austrocknet, geht ein ganzes Ökosystem kaputt.
Wiesenblumen werden weniger
Dass die Natur sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat, kann Ritzi aus Erfahrung berichten. Früher an Fronleichnam hat er auf jeder zweiten Wiese Blumen für den Teppich gefunden. Heute muss man sich anstrengen. Als Kind hat er Flusskrebse beobachtet. In den letzten Jahren hat er keinen mehr gesehen.
Ein wichtiger Impuls für die Angler kam aus der Schweiz. Dort, wo die Biber hin fließt, wenn sie Büßlingen verlässt, hat vor einigen Jahren eine Aktion begonnen: „Fischer schaffen Lebensraum“. Dies hat die Angler auf der deutschen Seite inspiriert. Der jetzige Bach ist ein künstlicher Bachverlauf, um die Fläche zu entwässern. Denn unweit liegt das Beurener Ried.
Baumstämme und Hindernisse eingebaut
„Wir haben dem Bach vor einigen Jahren auf einer Strecke von einem guten halben Kilometer eine neue Dynamik gegeben“, so Ritzi. Es wurden Baumstämme und Hindernisse eingebaut. Dadurch läuft das Wasser mit verschiedenen Geschwindigkeiten. Die Strömung spült Sand und Kies frei. Dadurch entstehen Laichplätze für Bachforellen. Pflanzen und Tiere fühlen sich wohler, die Artenvielfalt wächst mit.
In diesem Jahr packen die Fischer wieder an: An zwei Wochenenden im Frühling und Herbst soll ein guter weiterer Kilometer des Bachs einen natürlicheren Verlauf bekommen. Christoph Ritzi macht es Spaß, hier anzupacken. Er wirkt mit seinem massiven Oberkörper, als würde er regelmäßig Hanteln stemmen. „Aber das ist alles Natur“, betont er und lacht. Baumstämme zum Bach schleppen und Pfosten in die Erde rammen hält fit.
Jeder kann dazu beitragen
Doch nicht nur durch diese raumgreifenden Anstrengungen kann man etwas für den Erhalt des Lebensraums tun. Jeder kann dazu beitragen. Etwa indem man einen Blühstreifen in seine Wiese einsät – und für Insekten stehen lässt.
Oder indem man wilde Ecken im Garten lässt. Gut ist auch, sorgsam mit dem Wasser umzugehen und Regenwasser aufzufangen. Wer selbst ein Gewässer besitzt, kann mit den richtigen Pflanzen für Schatten sorgen.
Als Kind hat Ritzi viel Zeit bei seinem Opa in der Schlosserei verbracht. Dort hat er den Mäher repariert – und später an seinem Mofa geschraubt. Kein Wunder also, dass er Mechatroniker wurde. Er mag lieber Stahl als Holz, lieber grobe Arbeiten als den Feinschliff.
„Alles, was feiner wird als die Motorsäge ist nicht mein Ding“, sagt Ritzi, der als Techniker im Stihl-Werk im Nachbardorf Wiechs am Randen arbeitet. Ein Familienhobby ist sein Traktor. Damit ist er schon um den Bodensee gefahren. Inzwischen wird er mit Planwagen für Kindergeburtstage genutzt. Und am Sonntag für Ausflüge mit der Familie.