Stefan Leichenauer blickt in Richtung Bodensee. Die Sonne scheint, Wolken gibt es keine am Himmel. Leider. Denn Leichenauer ist Landwirt in Tengen, betreibt Ackerbau und muss Ochsen und Bullen füttern. Aber das wird immer schwieriger, weil damit auf den Feldern etwas wachsen kann, braucht es Regen. Und davon gibt es in den Sommern zunehmend weniger.

So auch der diesjährige Juni, der deutlich trockener war als der Durchschnitt im Referenzzeitraum von 1961 bis 1990, den die Wissenschaft als Grundlage nimmt. In Konstanz hat es beispielsweise gerade einmal ein Viertel des Niederschlags gegeben, den es im Vergleichszeitraum gab. „Die Lage ist stellenweise sehr dramatisch“, sagt Padraig Elsner vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV). Besonders die Rheinebene ist extrem trocken. Für manche Getreidearten ist der jüngste Regen laut Elsner schon fast zu spät gekommen.

Hafer und Luzerne statt Gerste und Gras

„Wir merken den Klimawandel“, sagt Leichenauer. Er sei ein Optimist, niemand, der den Kopf gleich in den Sand steckt. Vielleicht muss er das auch sein, denn die Landwirtschaft merkt die immer häufigeren Extremwetterereignisse unmittelbar.

Zehn Jahre wurde auf Leichenauers Hof kein Hafer mehr angebaut. Nun wächst er wieder auf dem Acker. Das Getreide kommt eher mit der Trockenheit klar, seine dicken Wurzelballen speichern das Wasser besser und es ist robuster gegen Krankheiten.

Zweimal am Tag bekommen die Ochsen frisches Grün. Die Luzerne wächst auch mit wenig Regen.
Zweimal am Tag bekommen die Ochsen frisches Grün. Die Luzerne wächst auch mit wenig Regen. | Bild: Jennifer Seidel

Ein Feld weiter mäht Leichenauer gleich noch die Luzerne für die Ochsen und Bullen. Zweimal am Tag bekommen die Tiere Grünfutter. Fast hätte er schon an das Winterfutter gehen müssen, weil durch den wenigen Regen im Juni kaum etwas auf dem Feld wuchs.

Die Wurzeln der Luzerne können bis zu einem Meter lang werden. Dadurch kommt die Pflanze auch gut durch Dürreperioden.
Die Wurzeln der Luzerne können bis zu einem Meter lang werden. Dadurch kommt die Pflanze auch gut durch Dürreperioden. | Bild: Jennifer Seidel

Doch nun ist die Luzerne gut gewachsen, anders als das Gras wenige hundert Meter weiter. Die Wurzeln der Luzerne reichen bis zu einen Meter tief in das Erdreich, erklärt Leichenauer. Dadurch machen ihr längere Dürreperioden weniger aus. Außerdem ist die Pflanze ein guter Stickstofflieferant für den Boden, ein natürlicher Dünger. Für den Landwirt Gold wert.

Landwirtschaft wie zu Opas Zeiten

„Wir haben hier die kargste Gegend der Region“, sagt der Tengener. „Aber der Boden ist unser Leben.“ Um möglichst umweltverträglich zu agieren, setzt er auf Landwirtschaft wie zu Opas Zeiten. „Heute nennt man das Hybrid Farming.“ Auf die Idee kam Leichenauer durch Bücher von seinem Großvater: „Mit Sorten- und Fruchtfolge kann man Dünger und Pflanzenschutz ersetzen.“ Er wechselt jetzt häufiger die Fläche und das, was auf dem Feld angebaut wird. So habe er es geschafft, 40 Prozent weniger Pestizide zu verwenden.

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Betriebswirtschaftlich gedacht sind die verschiedenen Kulturpflanzen, die er anbaut, eine Katastrophe, sagt Leichenauer. Monokultur wären günstiger. „Aber es ist die nachhaltige Zukunft“, ist er sich sicher.

Tropfschläuche für die Erdbeeren

Einen Tag später steht Bruno Stotz zwischen seinen Holunderbäumen. Auch der Markdorfer Landwirt will über die Dürre reden. Doch das Wetter scheint ganz und gar dagegen zu sprechen: Es nieselt. Ist es also doch nicht so schlimm? „Ach, diese fünf Liter machen da nicht viel. Wir bräuchten mal einen ordentlichen Landregen mit 40 Litern über den Tag. Nicht innerhalb weniger Stunden.“

Stotz ist 30 Jahre alt, seit sechs Jahren selbstständig und betreibt den Stotz-Hof. Kürbisse, Erdbeeren, Äpfel, Birnen und nun auch Holunder – ohne Bewässerung geht es bei ihm nicht.

Bruno Stotz, 30, Landwirt in Markdorf, versucht durch Kompost im Boden den Holunder vor dem Austrocknen zu bewahren.
Bruno Stotz, 30, Landwirt in Markdorf, versucht durch Kompost im Boden den Holunder vor dem Austrocknen zu bewahren. | Bild: Jennifer Seidel

„Wir haben nur einmal im Jahr die Chance zu ernten, das muss passen“, sagt der 30-Jährige. Bei den Erdbeeren hat der Landwirt deswegen ein unterirdisches Wassersystem verlegt, sogenannte Tropfschläuche. Alle zwei bis drei Tage werden die Pflanzen über einige Stunden hinweg langsam bewässert.

Dadurch gelangt das Wasser direkt an die Wurzeln und kann von der Pflanze gut aufgenommen werden. „Die Methode spart wesentlich mehr Wasser, als es mit der Kanne von oben über die Pflanze zu gießen“, sagt Stotz. Dann würde viel von dem Wasser die Pflanze gar nicht erst erreichen.

Am liebsten würde er alle Pflanzen so bewässern. Doch das sei unmöglich, weil ihm das Wasser dazu fehlt. Deswegen setzt Stotz, ähnlich wie sein Tengener Kollege, auf den Boden: „Der Boden muss funktionieren wie ein Schwamm.“ Also das Wasser gut aufnehmen, sich damit vollsaugen und so lange speichern, wie es geht. Dafür reichert Stotz seinen Acker mit Kompost an und bringt aufbereiteten Hühnermist unter den Obstbäumen auf. Er will Humus aufbauen und dem Boden so mehr Nährstoffe zuführen. „Humusreicher Boden speichert auch mehr Wasser“, bestätigt Elsner vom BLHV.

Boden mit Humus speichert mehr Wasser

Bei den Holunderbäumen hat Stotz bereits im März eine Kompostschicht untergearbeitet. Eine zweite Schicht liegt derzeit noch um den Pflanzen auf der Erde. Dadurch kann das Wasser weniger schnell verdunsten. „Holunder ist als heimische Pflanze sehr robust“, sagt der Markdorfer. Vereinzelt sind allerdings hellere Blätter an den jungen Bäumen zu erkennen. Die sind nicht so gut angewachsen. Die Dürre macht ihnen eben zu schaffen. Doch Stotz ist zufrieden.

Der Kompost soll dazu beitragen, dass der Boden weniger schnell austrocknet.
Der Kompost soll dazu beitragen, dass der Boden weniger schnell austrocknet. | Bild: Jennifer Seidel

Der Wassermangel ist nicht nur im Hochsommer ein Thema. Durch milder werdende Frühjahre beginnen auch die Obstbäume früher mit der Blüte, berichtet Stotz. Nachtfrost im April kann dann die Blüten zerstören – und damit die Kirsch- und Apfelernte im Sommer und Herbst.

Eine gängige Methode, die Blüten vor dem Erfrieren zu schützen ist, sie nachts mit einem feinen Sprühnebel zu benetzen. Damit wird die Temperatur bei den Blüten konstant bei null Grad gehalten. Doch Stotz kann das nicht: „Das Wasser fürs Einfrieren fehlt.“

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Um den Wassermangel vorzubeugen, sammelt er das Wasser, was vom Dach des ehemaligen Kuhstalls läuft, in Behältern und nutzt es für die Bewässerung. Stotz würde sich wünschen, dass dies großflächiger getan würde – dass zum Beispiel auch Wasser von Dächern aus Gewerbegebieten gesammelt werden würde. Denn, das sagt auch Elsner, die starke Bewässerung ist teuer.