Hundehalter in Baden-Württemberg müssen in Zukunft wohl einen Hundeführerschein ablegen, um ihre Eignung für das Halten eines Vierbeiners nachzuweisen. Darauf sollen sich zumindest die Grünen und die CDU bei ihren Koalitionsverhandlungen in Stuttgart geeinigt haben. Konkret bedeutet das, dass Hundehalter eine schriftliche und praktische Prüfung vor Experten bestehen müssen, um ihre nötige Sachkenntnis zu demonstrieren. Der Hintergrund für den Führerschein sei, Menschen vor Beißattacken zu schützen und im Sinne des Tierschutzes den Besitzern die Bedürfnisse ihre Hunde näher zu bringen. Die Meinungen zu dem geplanten Vierbeiner-Führerschein sind unter Haltern gespalten.
Einige Hundehalter befinden den Führerschein für sinnvoll
Lizanne Müller, Hundesitterin aus Konstanz, befindet den Vorstoß der neuen grün-schwarzen Landesregierung für gut. „Es gibt einfach viele Hundekäufer die keine Ahnung von Hundeerziehung haben“, meint sie. „Zum Beispiel um bestimmte Verhaltensweisen zu erkennen, die Probleme verursachen können.“ Sie selbst ist gerade mit Vierbeiner Skip, einem Mischling eines portugiesischen Straßenhunds und eines Schäferhunds, am Konstanzer Seerhein unterwegs. Er ist einer von 15 Hunden, die sie regelmäßig hütet. Besonders für Ersthundebesitzer hält sie den Sachkundenachweis für sinnvoll.
Auch Florentine Hartmann, die mit ihrer 4-jährigen Hundedame „Smila“, einem Vizslador, im Konstanzer Herosé-Park spazieren geht, findet es grundsätzlich gut, wenn jeder Hundehalter geprüft wird. „Es ist eine gute Idee, wenn jemand auf die genaue Situation schaut“, sagt sie gegenüber dem SÜDKURIER. „Auch, um das Tier zu schützen. Es ist wichtig das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass es um ein Lebewesen geht.“
Die Mehrkosten, die durch den Führerschein und die dann verpflichtende Haftpflichtversicherung auf sie zukommen könnten, sieht sie gelassen. Wenn man sich einen Hund anschaffe, gäbe es andere, höhere Kosten, sagt sie. In Niedersachsen, wo der theoretische und praktische Sachkundenachweis bereits seit einigen Jahren verpflichtend ist, kostet die Prüfung 40 Euro, eine Haftpflichtversicherung gibt es ab 60 Euro im Jahr.

Es gibt auch Kritik und offene Fragen
Doch nicht überall sieht man den Hundeführerschein positiv. Jörg Bartscherer, Geschäftsführer des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH), übt auch Kritik am Gesetzesentwurf, den er allerdings noch nicht im Detail kenne. „Ich sehe einen solchen Führerschein auch mit Sorge“, sagt Jörg Bartscherer. „Das Ablegen eines Hundeführerscheins könnte beispielsweise für ältere Menschen auch schwierig sein.“ So könne es ältere Menschen davon abhalten, sich einen Hund zuzulegen.
Doch Bartscherer sieht noch weitere Probleme: „Was ist, wenn ich in den Urlaub fahren will und mein Sohn oder ein anderer Hundesitter hat diesen Schein nicht“, fragt er sich. „Da gibt es dann auch Schwierigkeiten.“ Und tatsächlich ist dies nicht die einzige offene Frage. So ist noch nicht bekannt, was genau eigentlich auf die Halter von über einer Million Hunden im Land genau zukommt, und was der Sachkundennachweis im Detail vorsieht. So beispielsweise wann, wie und von wem der Führerschein in Baden-Württemberg künftig verlangt wird. Jörg Bartscherer fragt sich außerdem, was passiert, wenn man die Prüfung nicht bestehe. Dürfe man dann keinen Hund mehr aufnehmen? Die Antwort darauf ist noch nicht klar.
Nutzt der Sachkundenachweis etwas?
Es gebe außerdem Zweifel daran, ob die Beißattacken, die durch den Schein vereitelt werden sollen, überhaupt zurück gehen werden, so Bartscherer. „Ob das weiterhilft ist aus meiner Sicht nicht erwiesen“, so der Geschäftsführer des VDH. Entsprechende Zahlen aus Niedersachsen gäbe es laut Bartscherer nicht. Stattdessen hat er einige Vorschläge, die er für besser erachtet. „Menschen, die Hunde weitergeben, also Händler und Züchter müssten so einen Sachkundenachweis haben. Bei denen sollte darauf geachtet werden“, sagt er.
Ihn störe außerdem das Konzept einer verpflichtenden theoretischen und praktischen Prüfung. Besser fände er eine freiwillige Schulung oder Seminar in der Art eines Rot-Kreuz-Kurses, den man im Zuge der Führerscheinprüfung ablegen müsse. „Damit sich jeder neue Hundehalter genau bewusst macht, dass er sich da ein Lebewesen und ein neues Familienmitglied ins Haus holt“, sagt Jörg Bartscherer. Eine Prüfung würde Hundehaltung nur weiter erschweren. Dass die grün-schwarze Landesregierung mit der Vorlage dem illegalen Welpenhandel entgegen wirken will, hält er für lobenswert. Dass man dafür allerdings jeden einschränke, der einen Hund habe, für problematisch.
Vorstände von Vereinen sehen Sachkundenachweis positiv
Christian Wollgast, Vorsitzender des Vereins für Deutsche Schäferhunde Ortsgruppe Konstanz-Wollmatingen hält den Vorstoß der neuen Landesregierung für eine sinnvolle Sache. „Viele holen sich einen Hund und wissen gar nicht, was die damit machen müssen“, sagt Wollgast. Ein Schein würde dazu beitragen die Bedürfnisse der Tier besser zu verstehen.
Michael Wilkesmann, Vorsitzender des Vereins für Hundesport und Hundefreunde Konstanz, weiß noch nicht, wie man im Falle des Hundeführerscheins im Verein verfährt. Grundsätzlich wäre es aber möglich, diese Prüfungen dann auch anzubieten. Er glaubt, dass der Nachweis eher darauf abziele das Wesen des Hundes zu verstehen, und weniger um auszubilden. „Wer sich mit Hunden befasst, wird da keine Probleme haben“, ist Michael Wilkesmann überzeugt. Es sei wichtig, dass Menschen die Sachkunde näher gebracht würde und man als Hundehalter das erforderliche Wissen vermittelt bekomme. Ähnliche Scheine würden beim Verein bereits angeboten werden, nun gebe man „dem Kind eben einen Namen“, so Wilkesmann. Noch seien allerdings noch viele Dinge unklar und es sei schwammig, was genau die Regierung im Detail plane.

Am Mittwoch soll die Vorlage der Arbeitsgruppe für Ländlichen Raum, Verbraucher- und Tierschutz für den Koalitionsvertrag vorgestellt werden. Erst dann werden vermutlich einige Details des neuen Hundeführerscheins ans Licht kommen. Eines scheint jedoch neben den Vorteilen und Problemen sicher: Er bedeutet mehr Bürokratie. Sowohl von Seiten des Landes, als auch der Hundehalter.