Der Prozess hatte schon damals großes Aufsehen erregt. Die verhandelte Tat sei „absolut grausam“ gewesen, wie der Vorsitzende Richter am Ende des Prozesses im August 2020 bei der Urteilsverkündung sagte, der Prozess sei insgesamt für alle Beteiligten „emotional sehr belastend gewesen“.
Zu elf Jahren Haft hatte damals das Landgericht Konstanz eine 84-jährige, schon stark seh- und höreingeschränkte Angeklagte verurteilt, der zudem eine Demenzerkrankung bescheinigt worden war. Sie hatte im Januar 2020 ihren von ihr geschiedenen, neun Jahre jüngeren Ex-Ehemann attackiert – zunächst mit einem Fleischklopfer, danach mit Benzin übergossen und angezündet.
Der Mann alarmierte in einem dramatischen Notruf noch die Rettungskräfte, starb aber vor deren Eintreffen. Das ehemalige Paar lebte nach wie vor unter äußerst schwierigen emotionalen Umständen zusammen in einem Haus im Bodenseekreis.
Die Frau war schwer krank und nahezu mittellos
Das Gericht stellt später fest, wie schwer beide Beteiligten zuvor unter der Wohnsituation gelitten hätten. Obwohl der Ex-Ehemann, der aufgrund der Situation unter starken Depressionen litt, immer stärker auf ihren Auszug bestanden hatte, hatte die Angeklagte das Haus nicht verlassen wollen.
Sie hatte schwere Gesundheitsprobleme, wog nur noch 31 Kilogramm, war stark sehgeschädigt, lungenkrank, schwerhörig und zumindest leicht dement; zudem war sie ohne Vermögen und bezog nur eine Rente von 300 Euro, eine Unterbringung bei ihren Kindern war ausgeschlossen.

Von Mittwoch an wird der Prozess um die Tat nun neu aufgerollt. Um der hochbetagten Frau, die in der JVA Schwäbisch Gmünd einsitzt, die Reisestrapazen zu ersparen, reist die dritte große Strafkammer des Landgerichts Konstanz für die drei anberaumten Verhandlungstage nach Schwäbisch Gmünd. Dort wird in den Räumen des Amtsgerichts erneut verhandelt.
Bundesgerichtshof sieht Mängel im Urteil
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im Februar 2021 der Revision der Angeklagten stattgegeben und das Urteil des Landgerichts aufgehoben, weil er zur Auffassung gekommen war, dass das Mordmerkmal „Tötung mittels gemeingefährlicher Mittel“ nicht gegeben gewesen sei.
Zudem sei von der Strafkammer nicht ausreichend dargelegt worden, ob die Frau unter den Umständen der Tat in einer psychosozialen Belastungssituation, gepaart mit Existenzängsten und ihrer Demenz-Erkrankung in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen sei.
Die Angeklagte hatte sich im damaligen Prozess Beobachtern zufolge sehr zurückgezogen gezeigt und über weite Strecken den Eindruck erweckt, dem Verfahren nicht folgen zu können. Während des Verfahrens war sie zeitweilig in einer Pflegeeinrichtung untergebracht gewesen.
Drei Termine festgelegt
Ungeachtet dessen sei die 86-Jährige nun verhandlungsfähig, teilte die Richterin am Landgericht und Pressesprecherin Mirja Poenig dem SÜDKURIER auf Anfrage mit. Vom Verteidigungsteam der Angeklagten war zunächst keine weitere Auskunft über den Gesundheitszustand der Frau und zu erhalten. Die Prozesstage sind auf den 1., 6. und 13. Februar angesetzt.