Das Schicksal von Shani Louk, der 22-jährigen Deutsch-Israelin, die offenbar von Hamas entführt wurde, bewegt derzeit viele Menschen im Land. Schlimm waren die Bilder anzusehen, auf denen ihre Mutter, eine Deutsche aus Ravensburg, sie anhand ihrer Tattoos erkannt hatte: Bäuchlings auf einem Laster liegend, von feiernden Männern umringt, ein Junge spuckt auf sie.

Doch seit Montagabend gibt es Hoffnung: Wie zunächst der Onkel dem SÜDKURIER mitteilte und dann die Mutter Ricarda Louk in einer Videobotschaft verkündete, gebe es Informationen von Bekannten der Familie, dass die junge Frau am Leben sei. Schwerverletzt in einem Krankenhaus im Gaza-Streifen.

„Die Hinweise, dass sie wirklich lebt, verdichten sich“, sagte der Bruder von Ricarda Louk, der in Ravensburg lebende Markus Waidmann, dem SÜDKURIER am Mittwoch.

Bereits in ihrem Video vom Dienstag appellierte Ricarda Louk, dass die Bundesregierung ihrer Tochter helfen möge.

Das Video von Ricarda Louk Video: privat

Petition über 15.000 Unterschriften

Nun hat die Familie eine Petition gestartet, die am Mittwochabend bereits über 15.000 Unterschriften hatte. Darin heißt es: „Mit dieser Petition wenden wir uns direkt an die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, den Deutschen Botschafter Steffen Seibert in Israel sowie die gesamte Bundesregierung und bitten sie inständig: Tun Sie alles in Ihrer Macht Stehende, um unsere Tochter, Nichte und Schwester Shani zu retten, bevor es zu spät ist.“

Die Familie hat eine Petition gestartet und fordert die deutsche Regierung auf, Shani Louk zu retten.
Die Familie hat eine Petition gestartet und fordert die deutsche Regierung auf, Shani Louk zu retten. | Bild: Screenshot/innn.it

Das Problem schildert die Familie so: „Aber bisher haben wir nicht den Eindruck, dass das Auswärtige Amt bereits alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat.“ Vielmehr gebe es nach ihrem Eindruck ein Kompetenzgerangel, wer für Shani Louk zuständig sei, Israel oder Deutschland.

Auch Shanis Großmutter wendet sich in einem Video an die Öffentlichkeit:

Onkel Markus Waidmann sagte dem SÜDKURIER: „Ich kann sagen, dass alle sehr zuvorkommend sind und helfen, wo sie können. Das Auswärtige Amt, die Botschaft vor Ort, der Krisenstab. Aber Deutschland hat offenbar begrenzte Möglichkeiten.“ Sein Wunsch: Dass die israelische Regierung an einen Gefangenaustausch denke und ihre Kanäle in Ägypten nutze.

Denn, wie der Bundespolitiker und Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium Benjamin Strasser (FDP) aus dem Wahlkreis Ravensburg bestätigt, sieht die israelische Regierung den Fall Shani Louk, die eine doppelte Staatsbürgerschaft hat, in seiner Verantwortung.

Benjamin Strasser, FDP, ist Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium.
Benjamin Strasser, FDP, ist Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium. | Bild: Elisa-Madeleine Glöckner

„Bis heute ist unklar, wo sich Shani Louk aufhält“

Strasser steht in engem Kontakt mit Markus Waidmann, die beiden sind Parteikollegen, und ist in dem Fall seit dem Wochenende aktiv. Gegenüber SÜDKURIER erklärt er: „Wir als Bundesregierung sind seit Beginn dieser barbarischen terroristischen Attacken sowohl mit der israelischen Regierung als auch den betroffenen deutschen Familien in einem dauerhaften Austausch und bieten unsere Hilfe an. Persönlich habe ich mit dem Bundesinnenministerium, dem Auswärtigen Amt und dem israelischen Botschafter über die Entführung von Shani Louk gesprochen.“

Hauptproblem sei, dass bis heute nicht gesichert ist, wo genau sich die junge Frau aufhalte. Dies konnte bisher weder von deutschen noch von israelischen Behörden verifiziert werden.

„Befreiungsaktion ist Entscheidung Israels“

„Wann und wie eine mögliche Befreiungsaktion der Geiseln gestartet wird und ob sich dabei der Hilfe ausländischer Spezialeinheiten bedient wird, liegt in der Entscheidungsvollmacht der israelischen Regierung“, sagt er.

Der FDP-Politiker spricht sich dagegen aus, von außen Ratschläge zu geben, was die Israelis nun zu tun oder zu lassen hätten. Aber: „Klar ist: die Bundesregierung steht jederzeit mit Unterstützung zur Verfügung, sollte diese von Israel gewünscht und gebraucht werden.“

„Schicksal der Geiseln höchste Priorität“

Auch die Bundespolitikern Agnieszka Brugger (Grüne) aus dem Wahlkreis Ravensburg bietet ihre Hilfe im Fall Shani Louk an. Gegenüber dem SÜDKURIER sagt sie: „Der Fall erschüttert mich zutiefst. Ich war dazu persönlich mehrfach mit der Bundesregierung auf höchster Ebene im Gespräch. Mein Eindruck ist, dass das Schicksal der deutschen Geiseln für die Bundesregierung allerhöchste Priorität hat.“

Agnieszka Brugger aus dem Wahlkreis Ravensburg ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Bundestagsfraktion und Mitglied im ...
Agnieszka Brugger aus dem Wahlkreis Ravensburg ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Bundestagsfraktion und Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages. | Bild: STEFAN_KAMINSKI

Sie verweist auch auf Außenministerin Annalena Baerbock, die erst am Mittwoch in einer Regierungsbefragung sagte, dass alle diplomatischen Kanäle genutzt würden. Vor allem mit Blick auf Staaten wie Katar, die einen Gesprächskanal zur Hamas hätten.

Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes sei mit der Familie im engen Austausch und tue alles, was er kann. Sie bittet um Verständnis: „Auch als Abgeordnete erhalte ich hier keine konkreten Detailinformationen, denn das sind strikt sicherheitsrelevante Informationen. Ich möchte weder die Bemühungen der Bundesregierung erschweren noch die Gefahr für die Betroffenen erhöhen. Wenn die Familie sich gerne an mich wenden möchte, bin ich jederzeit da.“