Fasnacht und Corona – um diese heikle Kombination ist ein Streit zwischen dem Polizeipräsidium Konstanz und den Narrenvertretern entbrannt. Nach einem Schreiben, in dem die Polizei wegen der Pandemie eine harte Linie für die Fasnacht angekündigt hatte, fühlen sich drei Narrenvereinigungen in der Region unter Druck gesetzt. Das komme einem kompletten Brauchtumsverbot gleich, schrieben die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte, der Narrenfreundschaftsring Schwarzwald-Baar-Heuberg und die Narrenvereinigung Hegau-Bodensee in einer öffentlichen Erklärung.
Doch wie reagieren eigentlich die Zünfte und Vereine in der Region auf die Auseinandersetzung?
Narren im Kreis Konstanz zwischen Gelassenheit und Kopfschütteln
Mario Böhler, Chef der Narrenzunft Niederburg in Konstanz, reagiert gelassen auf den Brief der Polizei. „Ich sehe das nicht als so problematisch an“, sagt er, „die Konstanzer Zünfte haben keinen Grund, beleidigt zu sein.“ Aus gutem Grund: Sie haben sich bereits im Oktober zusammengetan und überlegt, was passieren könnte, sollte „gar nichts erlaubt sein“, wie Böhler es formuliert. Genau so sei es nun gekommen. Deshalb haben die Konstanzer Zünfte das Konzept #HoNarrodehom ausgearbeitet und rufen dazu auf, sich streng an die Corona-Regeln zu halten.
In Singen zeigt man nur wenig Verständnis für das Vorgehen des Polizeipräsidiums. „Der Brief war nicht nötig, der Ton nicht angebracht“, sagt Stephan Glunk, Präsident der Poppelezunft. Alle Zunftmitglieder wüssten genau, um was es geht. Er sei überzeugt, dass sie sich an die Corona-Schutzvorschriften halten werden. Auch John Weber, Chef der Gottmadinger Gerstensack-Zunft, reagiert verärgert. „Die Zünfte werden wie Verbrecher dargestellt. Dabei haben wir im Vorfeld alles ganz klar mit der Gemeindeverwaltung abgesprochen, was in ganz kleinem Rahmen an Aktivitäten möglich ist“, sagt er.
Verständnis im Bodenseekreis - mit Ausnahme der Fasnachtsbändel
Die Narrenzünfte im Bodenseekreis sehen bislang keinen Grund zur Aufregung. Für sie ist klar: Die Vereine müssen sich an die bestehenden Regeln halten. „Wir wollen nichts gegen diese Regeln machen. Im Gegenteil, wir fordern die Bürger auf, zu Hause zu bleiben“, sagt etwa Alexander Cerny, Vizezunftmeister der Stettener Narrengemeinschaft Hasle-Maale. Eine Provokation sieht er in dem Schreiben des Konstanzer Polizeipräsidiums aber schon.
Auch die Überlinger Narrenzunft hatte schon längst beschlossen, sämtliche Veranstaltungen für die Fasnacht 2021 abzusagen. Dass dem Polizeipräsidium Konstanz nun aber offenbar auch die bunten Narrenbändel auf den Straßen ein Dorn im Auge sind, stößt auf wenig Verständnis: „Ein Verbot von Symbolen oder äußerer Zeichen der Fasnet können wir als Narrenzunft Überlingen nicht nachvollziehen und wären, sollte dies in irgendeiner Art amtlich exekutiert werden, äußerst befremdet.“
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Narren im Schwarzwald hätten sich mehr Fingerspitzengefühl gewünscht
„Die Polizei ist da schon ziemlich hemdsärmelig vorgegangen“, sagt Anselm Säger, Zunftmeister der Villinger Narrozunft. Dass das Konstanzer Präsidium mit seinem strikten Kurs scheinbar im Alleingang unterwegs ist, heißt er nicht gut: „So etwas muss von oben kommen, da braucht es eine einheitliche Linie.“ Die Zünfte seien schon gebeutelt genug, „da muss man nicht noch mit dem Knüppel draufhauen“. Er habe Verständnis für die Kritik der Verbandspräsidenten, auf der anderen Seite stünde eben die Coronaverordnung, die besagt: Das Haus darf aus triftigen Gründen verlassen werden, und Fasnacht zählt nicht dazu.