Es klingt logisch, was Jakob Mannherz über seinen Hof sagt: „Gärtnereien haben keine Tiere“. Aber der Gemüsebauer aus dem Singener Stadtteil Bohlingen ist ein Exot. Seit fast drei Jahren produziert er biozyklisch-vegan. Das heißt, er verwendet keine tierischen Produkte für seinen Anbau. Kein Tropfen Gülle, kein Gramm Schlachtabfall landet auf den Feldern.
Als zertifizierter Bio-Händler verwendet Mannherz aber auch keine chemischen Dünger. Er hat seinen pflanzlichen Anbau in jahrelanger Forschung perfektioniert – mit Erfolg: „Ich habe mittlerweile eine bessere Ernte als zuvor“. Wie geht das?
Kein Tierleid für Dünger
Angefangen hat es 2020 als der studierte Maschinenbauer über einen Bekannten auf den Gemüsehof Moosfeld zwischen Bohlingen und Moos aufmerksam wurde. Er steigt als Teilhaber in das Geschäft ein. Seit 1988 wird der Hof schon biologisch bewirtschaftet. 34 Hektar Acker und 12.000 Quadratmeter Gewächshausfläche werden bestellt.
Als überzeugter Veganer ist für Mannherz aber schnell klar, dass das übliche Düngen mit tierischen Mitteln nicht seinen Vorstellungen entspricht. „Ich fand und finde es immer noch unappetitlich, wenn Tiere für mein Gemüse sterben müssen.“ Mannherz spielt dabei auf die Nutztierhaltung an, die als Nebenprodukt Dünger wie Gülle oder Mist produziert.
Trotz seiner Überzeugungen möchte er aber niemanden belehren oder ihm seine Anbauweise aufdrücken. „Ich mache niemandem einen Vorwurf, der konventionell anbaut. Aber ich wollte es anders machen“. Seit 2023 ist der Hof offiziell als biozyklisch-vegan zertifiziert.
Blind ideologisch handelt Mannherz nicht. „Ich hatte auch damals schon Mitarbeiter, ihre Jobs kann ich nicht aus reiner Liebhaberei gefährden. Wir brauchten weiterhin gute Erträge.“ Also ersetzte der Gemüsebauer zunächst die bisherigen Dünger mit pflanzlichen, die man ganz normal im Handel kaufen kann – zum Beispiel Biosol, ein pflanzliches Präparat auf Pilzbasis, oder Malzkeim.
Die Änderung schlägt voll ein: „Wir hatten keine Ernteeinbußen, im Gegenteil. Es hat sogar besser funktioniert. Und ich hatte keine Pilze, Wurzelkrankheiten oder Schädlinge an meinem Gemüse“, sagt Mannherz.
Das Problem mit den Nährstoffen
Selbstverständlich ist dieser Erfolg aber nicht, wie der Agrarwissenschaftler Jonas Weber beschreibt. „Die pflanzliche Düngung ist schwieriger als konventionelle. Man muss seinen Boden genau kennen und regelmäßig Proben entnehmen, um die richtigen Nährstoffe hinzuzufügen.“
Aktuell hilft sich Jakob Mannherz mit pflanzlichen Düngern, die er extern dazukauft. Die haben aber ein Problem. Sie sind nicht nur deutlich teurer, sondern auch noch weniger effektiv. Die Tomaten beispielsweise müssen nun viermal so oft gedüngt werden. Jakob Mannherz erkannte, dass der Hof so nicht dauerhaft wirtschaften kann. Und es scheint, als ob er beweisen möchte, dass es auch ohne zugekaufte Dünger geht.
Also legt er den Fokus immer mehr auf eine Methode, die jeder Gärtner kennt: den Kompost. Aussortiertes Gemüse, Wiesenpflanzen und Kleegras bilden die Basis für Mannherz‘ Kompost. Dieser soll mittelfristig den Großteil des Düngers bilden.
Einzig Minerale wie Salz, Kalk oder Phosphor sollen dann noch hinzugefügt werden. Jakob Mannherz ist mit seinen bisherigen Versuchen hochzufrieden: „Wir haben hier nur aus Kompost hoch fruchtbaren Boden gemacht. Im letzten Jahr habe ich hier Kürbisse gepflanzt. Das hat super funktioniert.“
Futter für den Kompost
Mit Kompost als hauptsächlichem Düngemittel umgeht der Gemüsebauer ein großes Problem der tierfreien Düngung. Grünland, also mit Gras und anderen Pflanzen bewachsenes Gebiet, ist ein essenzieller Teil in der Landwirtschaft. „Grünland speichert mehr als doppelt so viel CO2 wie Ackerland und es ist Lebensraum für viele diverse Tierarten wie Bienen“, sagt Jonas Weber.
Im konventionellen Anbau weiden auf dem Grünland Tiere, deren Gülle wiederum die Felder düngt. Mannherz hat aber keine Tiere. Als Ackerfläche darf und möchte er das Grünland auch nicht nutzen. Also baut er dort Gewächse für seinen Kompost an, benötigt so auch keine Tiere. „Wir füttern nicht die Kühe, sondern unseren Kompost“, sagt Mannherz und grinst.
Trotz des bisher noch hohen Aufwands bekommt Mannherz nicht mehr Geld für sein Gemüse als seine Demeter-Kollegen. Bisher liefert der Moosfeld-Hof zu 80 Prozent an private Naturkostläden wie Biowelt in Konstanz. Noch ist die Nachfrage gering.
Experte Jonas Weber prognostiziert für die nächsten Jahre auch keinen Boom: „Gerade in finanziell schwierigen Zeiten ist Bio nicht die Lösung für alle. Aber ich wünsche mir, dass noch mehr Bauern kreativ werden und individuelle Anbaumethoden etablieren.“ Jakob Mannherz hat das getan.