Eigentlich ist er eine Suchmaschine für faule Internetnutzer. Man kann ihn alles fragen und er wird innerhalb von Sekunden antworten. Mit ChatGPT, einer Künstlichen Intelligenz (KI), können Nutzer schriftliche Gespräche führen – oder ihn für sich arbeiten lassen. Dabei geht es längst nicht nur um harmlose Spielereien.

Das System ist bereits jetzt zu vielem in der Lage. Texte aller Art zu verfassen gehört zu seinen Kernkompetenzen. In wenigen Sekunden stehen ganze Absätze zu geradezu jedem Thema. Wo manche nur eine Zusammenfassung für sich selbst suchen, nutzen andere diese Möglichkeit dort, wo sie eigentlich selbst denken sollten.

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In einer Umfrage an der Elite-Universität Stanford unter 4000 Studenten gaben laut der dortigen Lokalzeitung 17 Prozent an, dass sie ChatGPT bei ihren Abschlussarbeiten genutzt haben. Fünf Prozent gaben sogar an, Texte der künstlichen Intelligenz eingereicht haben, ohne sie zu bearbeiten. Der Einsatz des Systems ist also längst keine Theorie mehr.

In Furtwangen kam der Einsatz wohl schon vor

Auch an der Hochschule Furtwangen (HFU) ist das Interesse an ChatGPT groß. Er ist das zentrale Thema des im vergangenen Jahr eingerichteten Zentrum für Lehren und Lernen der Hochschule. „Wir waren überrascht, wie viele Kolleginnen und Kollegen sich schon mit den Möglichkeiten von KI-Systemen auseinandergesetzt haben“, sagt Ullrich Dittler, Leiter des Zentrums.

Die Studierenden würden offen über ihre Nutzung des Chatbots berichten. Er sei neben Lehrbüchern und Suchmaschinen oder auch YouTube ein weiteres Mittel, Antworten zu finden. Manche scheinen es allerdings nicht bei der Nachforschung zu belassen.

Ullrich Dittler Leitet das Zentrum für Lehren und Lernen an der Hochschule Furtwangen.
Ullrich Dittler Leitet das Zentrum für Lehren und Lernen an der Hochschule Furtwangen. | Bild: Kouba

Im Bereich des Programmierens seien studentische Abgaben aufgefallen, die besser kommentiert sind, als dies in den vergangenen Semestern der Fall war. „Hier liegt der Verdacht nahe, dass neben der eigenen Intelligenz der Studierenden auch Künstliche Intelligenz mitgewirkt hat“, heißt es von der HFU. Ähnliches sei auch bei schriftlichen Ausarbeitungen zu vermuten.

Wie wird dann verfahren?

Aufgefallen seien die mutmaßlich unter Hilfe von ChatGPT erstellten Arbeiten, weil etwa Ausdrucksweise und Satzbau mitten im Text verändert waren – ein Zeichen dafür, dass plagiiert wurde, heißt es von der HFU.

In Gesprächen über schriftliche Ausarbeitungen würden unvollständige Quellenangaben behandelt, künftig solle der Einsatz von KI thematisiert werden. „Es geht uns nicht primär um den Nachweis von Fehlern“, so die Antwort der HFU, sondern um den transparenten Umgang mit solchen Systemen.

Den Einsatz solcher Systeme in Texten nachzuweisen sei bisher schwierig. Allerdings würden bereits erste Anwendungen getestet, die dazu in der Lage sein sollen. Und auch ChatGPT selbst gibt an, vom ihm verfasste Texte erkennen zu können.

Noch keine offensichtlichen Fälle

An der Universität Freiburg gab es noch keinen bekannten Fall, bei dem der Chatbot zum Mit-Autor wurde, erklärt die Pressestelle auf Anfrage. „Wir gehen allerdings davon aus, dass derzeit viele Interesse an ChatGPT haben und das Tool ausprobieren“, heißt es weiter.

Neben Universitäten gibt es auch an vielen Schulen Diskussionen rund um ChatGPT. Mit Arbeiten, die offensichtlich von ChatGPT erstellten wurden, habe man allerdings noch keine Erfahrung gemacht, sagt Patrick Hartleitner, Schulleiter des Heinrich-Suso-Gymnasium in Konstanz. Dass der Chatbot zum Einsatz kam, etwa für Hausaufgaben, könne aber nicht ausgeschlossen werden.

Patrick Hartleitner ist Rektor des Konstanzer Suso-Gymnasiums.
Patrick Hartleitner ist Rektor des Konstanzer Suso-Gymnasiums. | Bild: Kirsten Astor

Im Unterricht behandelt werde „noch eher nach individuellen Präferenzen“, fährt Hartleitner fort. Dabei gehe es auch um Probleme im Umgang mit dem Chatbot, etwa fehlende Quellenangaben.

Muss reagiert werden?

Die künstliche Intelligenz wird schon eingesetzt, der Nachweis ist aber noch schwierig. Müssen Schulen und Universitäten einen anderen Umgang damit finden, indem etwa benotete Leistungen angepasst werden?

Während man in Freiburg an den Prüfungsformen festhalten will, denken die Verantwortlichen in Furtwangen über Änderungen nach. Schon Corona habe für einen Umstieg von schriftlichen auf mündliche Prüfungen oder praktische Abgaben gesorgt. „ChatGPT ist nun ein weiterer Impuls, um Prüfungsformen zu hinterfragen“, sagt Ulrich Dittler.

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Prüfungen in Präsenz würden weiterhin gut funktionieren. Anders allerdings die Lage bei schriftlichen Ausarbeitungen. Hier werde „zukünftig vermutlich mehr Wert auf eine kontinuierliche und engere Begleitung des Erstellungsprozesses solcher Arbeiten gelegt“, die fertige Ausarbeitung sei dann nur noch ein einzelnes Element der Note, erklärt Dittler.

An der Hochschule Furtwangen gab es schon Fälle, in denen ChatGPT wohl kräftig geholfen hat
An der Hochschule Furtwangen gab es schon Fälle, in denen ChatGPT wohl kräftig geholfen hat | Bild: Sprich, Roland

Auch vor dem Erfolg von ChatGPT habe die Frage nach einer nötigen Anpassung von Prüfungsformen die Schulen schon beschäftigt, sagt Suso-Rektor Hartleitner. Zuständig ist hier das Kultusministerium. Dort heißt es: Die Möglichkeiten und Gefahren der Künstlichen Intelligenz seien bereits Teil des Lehrplans.

Zum Einsatz von Chatbots und dergleichen hat das Kultusministerium eine klare Haltung: „Sofern die eigenständige Textproduktion ein elementarer Teil einer schulischen Aufgabe ist, sollten solche Anwendungen nicht verwendet werden“, heißt es auf Anfrage.

Wie sieht die Entwicklung aus?

Auch wenn es nicht immer gleich ersichtlich ist: Künstliche Intelligenz spielt bereits eine große Rolle im Alltag. Phänomene wie ChatGPT zeigen auf, was bereits möglich ist – und was noch kommen wird. „Im Gegensatz zu einigen Schulen in den USA wollen wir ChatGPT daher nicht aussperren und verbieten, sondern in den Unterricht aktiv einbeziehen“, sagt Dittler.

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