Pannen, menschliche Fehler und eine fatale Kommunikation waren nicht nur Ursache eines der furchtbarsten Flugzeugunglücke über Deutschland. Sie traten auch in der Folge der Flugzeugkatastrophe von Überlingen auf, die sich am 1. Juli diesen Jahres zum 20. Mal jährt.

Mussten sich anfangs die zumeist russischen Angehörigen der 71 Opfer allein gelassen fühlen – sei es bei der Klärung der Schuldfrage, sei es bei Fragen um sogenannte Entschädigung – so müssen sie diesmal um ihren Platz bei der Gedenkveranstaltung in Überlingen-Brachenreuthe bangen.

Nur ein erster Schritt für die Angehörigen

Wie Nadja Wintermeyer vom Verein Freundeskreis Brücke nach Ufa erklärt, wurden den Hinterbliebenen zwar vom deutschen Konsulat in Jekaterinburg Visa in Aussicht gestellt. Doch sie betont, das sei nur „einer von mehreren Schritten, damit die Angehörigen auch bei der Gedenkfeier anwesend sein können“. Denn die Zeit ist für die Angehörigen inzwischen denkbar knapp geworden: um Visa zu bekommen, Flüge zu finden und zu buchen.

Nadja Wintermeyer, Verein Freundeskreis Brücke nach Ufa
Nadja Wintermeyer, Verein Freundeskreis Brücke nach Ufa | Bild: Hanspeter Walter

„Das ist sehr kurzfristig, obwohl wir schon im Januar an die Stadt herangetreten waren,“ sagt Wintermeyer. Und ganz nebenbei: Ein Flugticket koste inzwischen rund 1000 Euro.

Bis zum Schluss hatten es sowohl die Stadt Überlingen wie auch das Land Baden-Württemberg abgelehnt, Einladungen nach Russland auszusprechen. Begründet wurde dies mit der Praxis in den vergangenen Jahren, in denen meistens der Verein eingeladen hatte.

Späte Einladung an Russen wohl aufgrund des Ukraine-Kriegs

Dass wohl eher der Angriff Russlands auf die Ukraine hinter dem Zaudern steckt, geht aber aus einer Stellungnahme der Stadt hervor, in der angesichts der „aktuellen politischen Situation“ darauf verwiesen wurde, dass „die Vorbereitungen der Gedenkveranstaltung eine zusätzliche, außenpolitische Komponente bekommen, die weitergehende Abstimmungen erfordert.“

Eine Engelsfigur steht bei Brachenreuthe neben den beiden Namenstafeln, die Teil der Gedenkstätte für die Opfer der Flugzeugkatastrophe ...
Eine Engelsfigur steht bei Brachenreuthe neben den beiden Namenstafeln, die Teil der Gedenkstätte für die Opfer der Flugzeugkatastrophe oberhalb von Überlingen sind. | Bild: Felix Kästle

Bekommen die Angehörigen also am Ende die ersehnten, aber faktisch doch wohl wertlosen Visa? „Das wäre tragisch, besonders für die Hinterbliebenen, die teils jedes Jahr dabei waren,“ sagt Wintermeyer. Mit ihrem Verein, der von Dolmetschern gegründet wurde, die damals bei der Unterstützung der Angehörigen geholfen hatten, will sie trotzdem alles versuchen, damit es keine Gedenkveranstaltung ohne Angehörige wird.

Verein bittet Bevölkerung um Unterstützung

„Als Verein können wir die Kosten nicht tragen. Weder die Stadt noch das Land haben uns angeboten, einen Teil davon mitzutragen,“ sagt sie. Daher bittet sie um Unterstützung durch die Bevölkerung in Form von Unterkünften, Verpflegung, Transport oder Spenden.

Zum Gedenken am 1. Juli wollen Stadt und Land diesmal anders als in den vergangenen Jahren Vertreter nach Brachenreuthe schicken. Um 18.30 Uhr werden an der Gedenkstätte unter anderem die Namen der Opfer des Flugzeugunglücks verlesen. Wintermeyer: „Wie jedes Jahr organisiert der Freundeskreis die öffentliche Gedenkfeier, bei der die Stadt und das Land anwesend sein werden, an der aber jeder gerne teilnehmen darf.“

zur Homepage: http://www.bruecke-nach-ufa.de