Temperaturen wie an der Adria und das am Bodensee und im Schwarzwald – was im ersten Augenblick verlockend klingt und Urlaubsgefühle aufkommen lässt, könnte in den nächsten 60 Jahren zur Realität werden. Zumindest, wenn es nach Klima-Forschern aus dem US-Bundesstaat Maryland geht.

Um einen Blick in die Zukunft zu ermöglichen, hat die Universität Maryland mit ihrem Zentrum für Umweltwissenschaft eine interaktive Karte entworfen. Diese Karte soll Antwort auf die Frage geben: Wie verändert sich das Klima eigentlich in meinem Ort?

Mediterranes Konstanz

Konstanz könnte sich in 60 Jahren anfühlen, wie ein Urlaub am Mittelmeer – zumindest nach den Prognosen der Karte.

 

Konkret heißt das, dass die Sommer am Bodensee rund sieben Grad wärmer und 16 Prozent trockener werden. Im Winter klettern die Temperaturen um knapp fünf Grad höher, zudem wird es rund 14 Prozent nasser.

Wissenschaftler aus den USA ist überrascht vom Erfolg

Erstellt wurde die Karte vom stellvertretenden Forschungsdirektor der Universität Maryland und Umweltwissenschaftler Matt Fitzpatrick. Durch eine „geeignete statistische Methode“, wie er erklärt, sei es mit globalen Datensätzen und „großen Computern“ leicht gewesen, das Klima von heute mit dem erwarteten Klima für die jeweiligen Standorte zu vergleichen, erklärt der amerikanische Umweltwissenschaftler. Wie er im Gespräch mit dem SÜDKURIER sagt, hätte er aber nie gedacht, dass seine Web-App mal so beliebt werden würde.

Matt Fitzpatrick ist Umweltwissenschaftler an der Universität von Maryland und hat die Karte entworfen.
Matt Fitzpatrick ist Umweltwissenschaftler an der Universität von Maryland und hat die Karte entworfen. | Bild: Fitzpatrick/University of Maryland

Mit der Karte will er Menschen einen genaueren Blick ermöglichen, wie sehr sich das Klima in den kommenden Jahren wirklich ändern könnte. Er hält es für wichtig, die Menschen auf das Problem des Klimawandels aufmerksam zu machen – „das war mein Hauptziel mit der Karte“, sagt Fitzpatrick.

„Nach aktuellem Wissensstand ist das, was die Karte zeigt, schon eine realistische Vorstellung“, sagt Stefan Karpitschka. Er ist Professor für Experimentalphysik an der Universität Konstanz, forscht im Bereich weiche und lebende Marterie und hat sich in seiner beruflichen Laufbahn aber bereits mit verschiedenen Teilaspekten der Klimaforschung beschäftigt. Er betont zwar, dass niemand eine Glaskugel habe und in die Zukunft schauen kann, etwaige Klima-Modelle aber eine, laut ihm, „vernünftige Prognose“ treffen.

Klima-Karte schaut nicht auf das Wetter

Doch ein Aspekt des Klimawandels wird laut Karpitschka bei der amerikanischen Klima-App außer Acht gelassen: Dürreperioden, Starkregen und Überschwemmungen. „Das ist der Punkt, an dem die Karte nicht das präziseste Bild abgibt“, sagt Karpitschka, „man läuft zu schnell Gefahr zu sagen, dass ein Wetter wie an der Adria eigentlich gut klingt, weil man da ja immer in den Urlaub fährt.“

Durch den Klimawandel gibt es laut Karpitschka eine Zunahme der sogenannten Starkwetterereignisse, die Folgen von langen Dürreperioden oder starken Regenperioden können für die Menschen verheerend sein, wie ein aktueller Blick in die USA zeigt – in den ersten Januarwochen hatte die Metropole Los Angeles mit starken Waldbränden aufgrund von langer Trockenheit zu kämpfen.

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Doch soweit muss man laut Karpitschka gar nicht schauen, denn auch in der Region seien die Auswirkungen des Klimawandels bereits spürbar. „Die Tage, an denen es möglich ist, im Schwarzwald Ski zu fahren, werden immer weniger und die Skilifte verschwinden“, sagt der Professor. Die Klima-Karte sei zwar eine anschauliche Art, die Erderwärmung zu visualisieren und laut ihm „keine schlechte Idee, das so darzustellen“ – greife aber zu kurz.