Täglich fährt die „Tabor“ über den Bodensee und bringt Menschen und Autos zwischen Konstanz und Meersburg ans Ziel. Noch wird die Fähre dieselelektrisch betrieben. Aber könnte sie demnächst vollelektrisch und damit emissionsfrei unterwegs sein?
Die Stadtwerke haben jetzt auf SÜDKURIER-Anfrage bestätigt: Ja, das geht. Eine vollelektrische Fähre auf dem Bodensee scheint in Reichweite, und dafür müsste nicht einmal ein neues Schiff gebaut werden. Und: Das CO2-Einsparpotenzial ist überraschend hoch.
Die Flotte der Stadtwerke Konstanz besteht derzeit aus sechs Schiffen. Der gesamte Fährbetrieb stieß 2023 knapp 10.000 Tonnen CO2-Äquivalente aus, wie Pressesprecherin Teresa Gärtner von den Stadtwerken mitteilt.
Derzeit sind das neuere Schiff „Tabor“ aus dem Jahr 2004 sowie das etwas ältere Schiff „Kreuzlingen“ aus dem Jahr 1993 mit einem dieselelektrischen Antrieb unterwegs. Bei dieser Antriebsart wird der elektrische Motor mit Strom betrieben, den direkt an Bord Generatoren erzeugen. Diese werden wiederum von Dieselaggregaten angetrieben. So wird weniger Treibstoff verbraucht.

Umrüstung statt Neubau
Doch zumindest bei der „Tabor“ könnte sich das bald ändern: „Im Falle der ‚Tabor‘ wurde bereits geprüft, dass ein Umbau auf einen vollelektrischen Antrieb möglich ist“, erklärt Gärtner. „Die ‚Tabor‘ hat unter dem Fahrbahndeck zwei gespiegelte Räume. Da sind zwei große Maschinenräume mit zwei Motoren“, erklärt sie. Vereinfacht ausgedrückt, könnten diese Motoren entfernt und durch Akkus ersetzt werden. Eine Prüfung habe ergeben, dass die Maschinenräume der „Tabor“ hierfür ausreichend Platz bieten.
Die Fähre „Kreuzlingen“ wird zwar ebenfalls dieselelektrisch betrieben, sei aber aufgrund ihres höheren Alters anders gebaut als die „Tabor“. Ob auch die Fähre „Kreuzlingen“ zu einer vollelektrischen Fähre umgerüstet werden kann, sei noch nicht geprüft worden.
Die Pressesprecherin weist aber darauf hin, dass zu einem späteren Zeitpunkt eventuell die Fähre „Lodi“ für eine Umrüstung auf einen vollelektrischen Betrieb in Frage käme. Die große Fähre ist das zweitjüngste Schiff der Flotte und wird derzeit noch dieselmechanisch betrieben.
Zur „Lodi“ gebe es zwar bisher noch keine detaillierte Planung oder Fördermöglichkeiten, „wir wissen aber, dass es grundsätzlich möglich ist und wir hier den maximalen Nutzen für die Umwelt im Verhältnis zu den Kosten hätten“, so Gärtner. Das Ziel sei es, vor allem die größeren Schiffe klimaneutral umzurüsten.
Wie viel CO2 könnte eingespart werden?
Auch Oberbürgermeister Uli Burchardt regte jüngst bei der Pressekonferenz zum Haushalt sowie während des Bürgerempfangs die Umrüstung von zwei Schiffen auf vollelektrische Antriebe an. Er nutze das Thema beim Bürgerempfang als Beispiel dafür, dass Klimaschutz-Investitionen nach seiner Sicht dort getätigt werden sollen, wo sie den höchsten Nutzen erzielen. Vor rund 800 Besuchern sagte er, nur so könne eine „weitgehende Klimaneutralität“ der Stadt bis 2035, wie mit dem Klimanotstand vor fast sechs Jahren beschlossen, erreicht werden: „Wir müssen das, was am meisten bringt, zuerst tun“, so der OB.
Ein mit Diesel angetriebenes Fährschiff verursache einen Ausstoß von rund 2800 Tonnen CO2 pro Jahr. Das bestätigen auch die Stadtwerke: „Bei der ‚Tabor‘ waren es 2024 870 Tonnen Diesel, was einem CO2-Äquivalent von 2800 Tonnen entspricht“, so Gärtner. „Bei der ‚Lodi‘ bewegen wir uns in einer ähnlichen Größenordnung.“ Dementsprechend stoße diese ebenfalls etwa 2800 Tonnen CO2-Äquivalente aus.
Dem stellte der Oberbürgermeister und Stadtwerke-Aufsichtsratsvorsitzende gegenüber, dass es 5500 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen würde, die 300.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche aller städtischen Gebäude optimal zu dämmen. So habe die Umstellung der beiden Schiffe einen ähnlichen Effekt. Der reine CO2-Ausstoß für die Wärmeversorgung aller städtischen Gebäude ohne Strom betrage bereits 4000 Tonnen pro Jahr, wie eine anschließende Nachfrage bei der Stadtverwaltung ergibt.
Die Zahlen zeigen: Durch die Umrüstung zweier Fähren auf einen vollelektrischen Antrieb könnte etwa 5600 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden und damit tatsächlich so viel, wie durch die optimale Wärmesanierung aller städtischen Gebäude zusammen. Eine Voraussetzung ist natürlich die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen. „Die Stadtwerke Konstanz würden für den Betrieb einer vollelektrischen Fähre selbstverständlich einen Stromvertrag über erneuerbare Energien abschließen“, sagt Gärtner.
So teuer wäre das Vorhaben
Der geplante Umbau der „Tabor“ könnte innerhalb eines Jahres realisiert werden, so Gärtner. Das Problem sei jedoch die Finanzierung. Die Kosten für die Umrüstung der Tabor würden sich auf vier Millionen Euro belaufen. „Der Knackpunkt ist die Ladeinfrastruktur“, so Gärtner.
Denn: Zwischen sechs und acht Millionen Euro würde das Errichten der Ladeinfrastruktur im Fährhafen Staad kosten. Später müsste auch die Ladeinfrastruktur im Fährhafen Meersburg errichtet werden, wobei die Stadtwerke hier mit ähnlichen Kosten rechnen. „Fest steht, dass wir für die Realisierung Fördermittel benötigen werden“, sagt Gärtner deutlich.
Verkehrsminister lobt die Stadtwerke
Die Stadtwerke haben deswegen bereits einen Förderantrag beim Verkehrsministerium Baden-Württemberg eingereicht. Dieser wird nach Angaben von Pressesprecher Benjamin Hechler aktuell geprüft. Verkehrsminister Winfried Hermann begrüße das Vorhaben: „Die Stadtwerke Konstanz zeigen eindrucksvoll, wie die Zukunft der klimafreundlichen Schifffahrt aussehen kann“, so der Verkehrsminister. „Konstanz ist hier schon wirklich weit vorne.“
Derzeit prüfe der Minister die unterschiedlichen Förderungsmöglichkeiten für das Projekt. Eine Förderung zur Elektrifizierung des Fährverkehrs sei für das Land allerdings ein Sonderfall, der zunächst fachlich gründlich bewertet werden müsse. Bis wann die Stadtwerke mit einer Entscheidung zu ihrem Antrag rechnen können, stehe noch nicht fest.