Die spöttischen Kommentare im Netz ließen nicht lang auf sich warten. „Ich finde es super, dass man Jogi Löw eine zweite Chance gibt“, meinte ein User auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Ein anderer fragte ironisch: „Was macht der Typ mit der Stimme von Cem Özdemir?“

Andreas Jung, der Mann mit der Jogi-Löw-Frisur und dem süddeutschen Zungenschlag, kann darüber nur schmunzeln. Drei Wochen vor der Bundestagswahl rückt der CDU-Politiker vom Bodensee in das Wahlkampfteam von Kanzlerkandidat Armin Laschet auf und steht im Kampf um Wählerstimmen künftig in der ersten Reihe. Der 46-jährige Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Konstanz gehört zum achtköpfigen „Zukunftsteam“ der Union, das den strauchelnden Kandidaten unterhaken und die Union aus dem Umfragekeller holen soll. Schon vor wenigen Tagen war Jung in ein Klima-Kompetenzteam von Laschet aufgenommen worden.

Jung vertritt in dieser Runde sein Kernthema Klimaschutz: Seine Nominierung zielt auf jüngere, den Grünen nahe stehende Wähler. Ebenso dabei: Friedrich Merz, der ursprünglich selbst nach der Kandidatur gegriffen hatte. Er steht für Wirtschaft und soll vor allem konservative Wähler, die sich mit Laschet schwer tun, für die Union mobilisieren.

Das Wahlkampfteam von CDU/CSU. Von links: Andreas Jung (Klimaschutz), Dorothee Bär, Digital-Staatsministerin aus Bayern, ...
Das Wahlkampfteam von CDU/CSU. Von links: Andreas Jung (Klimaschutz), Dorothee Bär, Digital-Staatsministerin aus Bayern, Terrorismusexperte Peter Neumann, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien, Kanzlerkandidat Armin Laschet, die sächsische Kulturministerin Barbara Klepsch, der Musikmanager Joe Chialo, der in Berlin-Spandau für ein Bundestagsmandat kandidiert, die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher und, ganz rechts, Friedrich Merz (Wirtschaft). | Bild: JOHN MACDOUGALL

„Mit Friedrich Merz komme ich gut klar“, betont Andreas Jung auf Nachfrage des SÜDKURIER – bei allen Unterschieden in inhaltlichen Fragen. Er selbst vertrete in der CDU einen Kurs der Mitte. Merz hingegen setze eher konservative Akzente, „aber das gehört in einer Volkspartei dazu“. Den Platz an Laschets Seite sieht Jung als Bestätigung langjähriger Kärrnerarbeit: Seit Jahren kämpft der Abgeordnete aus Südbaden in seiner Partei darum, Klimaschutz ernstzunehmen und im Kampf gegen die Erderwärmung ehrgeizigere Konzepte vorzulegen.

Der Klimaschutz war nur vage verankert

Das Brett, das er bohrte, war dick. Im Wahlprogramm der Union ist das Thema noch vage gehalten, erst seit der Flutkatastrophe wird nachgebessert. „Dass Armin Laschet mich ins Team holt, sehe ich als inhaltliche Rückendeckung“, sagt Jung.

Freilich werden von ihm auch Kompromisse erwartet. Dem Programm der Union zufolge soll Deutschland erst im Jahr 2045 klimaneutral sein. Bayern und Baden-Württemberg haben sich vorgenommen, dieses Ziel fünf Jahre früher zu erreichen. „Früher ist immer besser als später“, sagt Jung und ergänzt: „Entscheidend ist nicht die Jahreszahl, sondern die Umsetzung.“ Klimaschutz könne nur funktionieren, wenn Wirtschaft und Bevölkerung mitziehen, vor allem auf dem Land, wo die Menschen darauf angewiesen seien, mobil zu bleiben.

Bald am Kabinettstisch?

Jung, in Stockach aufgewachsen und heute auf der Insel Reichenau zu Hause, rückt damit in die Reihe von CDU-Politikern, die nach der Wahl am Kabinettstisch sitzen könnten, sofern Laschet den Sprung ins Kanzleramt schafft. Für den Abgeordneten vom Bodensee ist es ein weiterer Meilenstein in einer steilen Karriere. 2005 zog der Jurist als Nachfolger von Hans Peter Repnik in den Bundestag ein.

Seither spielt er in der baden-württembergischen CDU eine führende Rolle – erst als Vorsitzender der CDU Südbaden, dann als Chef der CDU-Landesgruppe im Bundestag, inzwischen auch als stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion. Von einem Schattenkabinett will Jung trotzdem nicht sprechen. Es gehe eher um die Entscheidung, welche Köpfe im Wahlkampf die zentralen Botschaften der Union transportierten.

Dass die Union das Rennen noch gewinnen kann, ist für Jung klar. Mit seinem Team signalisiere Laschet, dass er bis zum Wahltag inhaltliche Fragen in den Vordergrund rücke. Seine Meinung über den Kandidaten? Jung zögert nicht lange: „Absolut verlässlich, er kann zusammenführen, er vertritt die richtigen Grundüberzeugungen.“