Die baden-württembergische Landesregierung will anders als Bayern noch keine Lockerung der Corona-Regeln in Aussicht stellen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht in den milderen Krankheitsverläufen der Omikron-Variante einen ersten Trend, der sich aber noch bestätigen müsse.

Er könne sich zwar Lockerungen in der neuen Corona-Verordnung zu Anfang Februar vorstellen. „Ob sie kommen, weiß ich noch nicht“, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart.

Sorgen machen ihm die steigenden Inzidenzen durch die viel ansteckendere Variante Omikron. Wenn sich sehr viele Menschen infizierten, könne sich die derzeit entspanntere Lage auf den Intensivstationen der Kliniken wieder verschärfen, warnte Kretschmann.

Dagegen hat die bayerische Staatsregierung schon für nächste Woche Lockerungen angekündigt, sollte sich die Lage in den Krankenhäusern nicht wieder verschlechtern. So seien Kapazitätserweiterungen bei den Zuschauerzahlen in Kultur und Sport möglich.

Land muss Corona-„Spielregeln“ an Omikron anpassen

Etwa sei eine Anhebung der Maximalauslastung von derzeit 25 Prozent auf 50 Prozent denkbar. „Ich bin gespannt, ob Markus Söder im Team Vorsicht bleibt“, sagte Kretschmann der dpa. „Ich bleibe jedenfalls im Team Vorsicht.“

Klar sei aber, dass die Regierung mit der nächsten Verordnung Anfang Februar „neue Spielregeln“ aufstellen müsse. Das Einfrieren der Alarmstufe II mit scharfen Einschränkungen vor allem für Ungeimpfte könne „kein Dauerzustand“ sein, sagte der Ministerpräsident.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Stufe sieht zum Beispiel auch 2G plus in Restaurants vor, das heißt, dass Geimpfte, die nicht geboostert sind, sich zusätzlich testen lassen müssen. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) erklärte, zentrales Kriterium für die neuen Corona-Regeln bleibe die Belastung des Gesundheitswesens. Man müsse aber auch im Auge behalten, dass die Regeln zumutbar und verständlich blieben.

Kretschmann will auf mehr Daten zu Omikron warten

Die Daten zu den Konsequenzen der Omikron-Variante für das Gesundheitswesen seien aber noch nicht belastbar, erklärte Kretschmann. Erste Trends zeigten, dass es weniger schwere Verläufe gebe. „Das ist ein Trend, der natürlich höchst erfreulich ist, wenn er sich denn bewahrheitet.“

Er zeigte sich skeptisch, ob die erforderlichen Daten schon bei der Ministerpräsidentenkonferenz Anfang nächster Woche vorliegen werden. Zuletzt hatte der Virologe und Berater der Bundesregierung, Christian Drosten, erklärt, er sehe in der milder verlaufenden Omikron-Variante eine „Chance“.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will wegen Omikron künftig einen „breiteren Ansatz“ in der Corona-Politik verfolgen, der auch gesellschaftliche und soziale Komponenten stärker beachtet. Am Montag hieß es nach der Kabinettssitzung in München, es gebe eine „klare Perspektive“ für Lockerungen für kommende Woche. Am kommenden Montag beraten die Ministerpräsidenten wieder mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) über die weitere Strategie im Kampf gegen Corona.

Wie weiter mit dem Stufensystem im Südwesten?

Zurzeit gilt im Südwesten weiter die Alarmstufe II, obwohl auf den Intensivstationen der Krankenhäuser längst nicht mehr so viele Covid-19-Patienten liegen wie noch vor Weihnachten.

Um eine Überlastung der Kliniken zu verhindern, hat Grün-Schwarz schon im Sommer die Belegung der Intensivbetten und die Hospitalisierungsrate als entscheidende Kriterien eingeführt. Letztere gibt an, wie viele Corona-Infizierte innerhalb einer Woche und pro 100.000 Einwohner in eine Klinik gebracht werden.

Baldige Rückkehr in Warnstufe eher ausgeschlossen

Eigentlich hätte die Regierung die Corona-Regeln gemäß seinem Stufensystem längst lockern müssen. Demnach müsste das Land Mitte der Woche sogar zurück in die sogenannte Warnstufe gehen, da der Grenzwert von 390 belegten Intensivbetten dann fünf Tage nacheinander unterschritten werden dürfte.

In der Warnstufe würde dann wieder weitgehend 3G gelten und zum Beispiel Fußballstadien könnten wieder ganz öffnen. Solche weitgehenden Lockerungen kommen aber wohl nicht infrage. Lucha kündigte an, man werde die Systematik in dem Stufensystem anpassen.

Corona-Schwellenwerte beschäftigen Verwaltungsgerichtshof

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) wird sich in Kürze mit dem Einfrieren der Corona Alarmstufe II beschäftigen müssen. Nach Angaben eines Sprechers liegen den Mannheimer Richtern mehrere Anträge gegen das Abweichen von den bisherigen Schwellenwerten für Einschränkungen vor.

Unter den Antragstellern beim VGH ist etwa ein Fitnessstudio, das in der Alarmstufe II nur für Genesene und Geimpfte plus negativem Test oder für Menschen mit Boosterimpfung öffnen darf. In der Alarmstufe reicht es, wenn die Kunden genesen oder geimpft sind. Ein weiterer Antrag betrifft die Studierfreiheit. Ein nicht immunisierter Student fordert das Absenken auf die Alarmstufe, weil er dann mit Vorlage eines negativen Tests wieder an Präsenzveranstaltungen teilnehmen darf.

Alle Anträge werden vom 1. Senat separat entschieden. „Wir schauen uns jeden Einzelfall an“, sagte der Sprecher. Mit Entscheidungen ist spätestens kommende Woche zu rechnen. (dpa)