Susanne Bloch ist Schulleiterin an einer der kleinsten Schulen Baden-Württembergs. Neben ihr arbeiten noch zwei weitere Kollegen an der Johann-Ludwig-Schneller-Schule in Sonnenbühl-Erpfingen auf der Alb. Den Regelbetrieb für die 39 Schüler kann die 61-Jährige gut abdecken – ohne Mehrarbeit wohlgemerkt.

„Wir können auch verkraften, wenn einer von uns dreien krankheitsbedingt ausfällt“, erzählt Bloch. Die Schüler werden in der ersten und zweiten Klasse sowie in der dritten und vierten Klasse gemeinsam unterrichtet. „Diese Ausrichtung hat sich bei uns bewährt.“

Kaum eine Schule ohne Probleme

Damit gehört ihre Grundschule zu den wenigen im Land, die kein strukturelles Problem bei den Lehrerstellen und der Unterrichtsversorgung haben. Eine aktuelle Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) hat ergeben, dass eklatante Defizite schon zu Beginn des neuen Schuljahres an den Grundschulen, den Schulen der Sekundarstufe I und an den Sonderschulen festzustellen sind.

1008 Schulen in Baden-Württemberg haben sich an der Umfrage zur Unterrichtsversorgung beteiligt. Repräsentativ seien die Ergebnisse zwar nicht, sagt der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand, aber ein Trend lasse sich durchaus ableiten.

Dass wie in Sonnenbühl-Erpfingen alle Lehrerstellen besetzt sind, gebe es der Umfrage zufolge nur noch an jeder dritten Grundschule im Südwesten (32,8 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr sei das eine Verbesserung um rund vier Prozent, sagt Brand. Zurückzuführen sei das darauf, dass nun Absolventen der zusätzlichen Studienplätze ihren Schuldienst beginnen.

Jede zweite Grundschule (56,5 Prozent) tue sich allerdings schwer, eine Vollbesetzung zu erreichen, und weise eine Lücke von bis zu zehn Prozent auf. An 11,6 Prozent der Grundschulen liege die Unterdeckung beim Personal bereits bei mehr als zehn Prozent. „Da lässt sich nichts schönreden“, sagt Brand, „eine vollumfängliche Bildung auf dem geforderten Niveau ist somit nicht mehr möglich.“

Arbeitsmaterialien liegen auf einem Tisch in einem Klassenzimmer.
Arbeitsmaterialien liegen auf einem Tisch in einem Klassenzimmer. | Bild: Philipp von Ditfurth/dpa

Der Lehrermangel führe dazu, dass schon jetzt wieder Unterricht ausfalle. So könne wie im vergangenen Schuljahr bereits jede zehnte Grundschule (10,6 Prozent) den Regelbetrieb nicht abdecken. Außerdem müssten aus der Not heraus vier von zehn Grundschulen (37,8 Prozent) Klassen zusammenlegen und an jeder zweiten Grundschule (51,3 Prozent) müssten die Lehrer bereits sogenannte MAU-Stunden leisten, also mehr unterrichten, als ihr Deputat vorsieht.

Angesichts dieser Zahlen, hebt Brand hervor, müsse sich im Kultusministerium niemand darüber wundern, „wenn die Attraktivität des Berufs massiv leidet und sich die Bewerberzahlen auf das Lehramt Grundschule in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert haben.“

Kultusministerin Schopper sorgt sich um die Qualität

Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hat die Probleme erkannt und die Grundschulen zum Schwerpunkt ihrer Politik erhoben, ihr liege dabei besonders am Herzen, dass sich die Qualität des Unterrichts erhöhe, sagt sie. Denn 20 Prozent der Schüler, die die Grundschule nach der vierten Klasse verlassen, verfehlen den Mindeststandard beim Lesen, Schreiben und Rechnen.

Am massivsten sind aber die Probleme an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren. Die Umfrage zeigt, dass nur drei von den 133 teilnehmenden Schulen so viele Lehrer wie vorgesehen einplanen können. Alle übrigen können wie schon im vergangenen Schuljahr den Regelbetrieb nicht ermöglichen, rund jede zweite Schule müsse Stunden ausfallen oder Personen ohne Lehramtsstudium unterrichten lassen.

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Das sei erschütternd, stellt Brand fest. „Dass es das Land in dem hochsensiblen Gebiet der Sonderpädagogik nicht annähernd schafft, die Schulen mit ausreichend Personal zu versorgen, gleicht einer Bankrotterklärung.“

Sein Verband, aber auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordern schon länger, die Grundschullehrer besser zu bezahlen und die Zahl der Studienplätze weiter zu erhöhen. Schulleiterin Susanne Bloch fordert, vor allem mehr Schulsozialarbeiter und Psychologen einzustellen, „damit wir Lehrkräfte uns besser auf den Unterricht konzentrieren können“.