Es war ein kostspieliges, ein nervenaufreibendes Strafverfahren: Anderthalb Jahre hat der sogenannte Mafia-Prozess am Landgericht Konstanz gedauert, die Gesamtkosten des Mammutverfahrens übersteigen mehrere Million Euro. Am Ende wurden elf Männer überwiegend aus dem Schwarzwald verurteilt. Sie hatten sich die Hände am bandenmäßigen Drogenhandel verbrannt, der eine mehr, der andere weniger.
Mancher Angeklagte bald frei
Der Sicherheitsaufwand war gigantisch, daher muss das Ergebnis angesichts der Summe aller Aufwendungen beim ersten Blick enttäuschen. So erhielten fünf Haupttäter Freiheitsstrafen zwischen sechs und neun Jahren. Die Anklage konnte außerdem, so die Meinung des Gerichts, den Mordversuch, begangen durch einen der Hauptangeklagten, nicht hinreichend beweisen. Hinzu kommt, dass die meisten Verurteilten nicht allzu lange mehr sitzen dürften. Sie können von der Anrechnung der Untersuchungshaft und der üblichen Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe profitieren.
Enttäuscht wurde auch, wer bei den oft stundenlangen Verhandlungen mehr über die italienische Mafia und ihre diskreten Drogengeschäfte in der Region erfahren wollte. Denn das Gericht hatte es von Anfang an abgelehnt, mögliche Verbindungen zu Machenschaften des italienischen Organisierten Verbrechens zu ziehen. Es gehe rein um Fakten, die nach deutschem Strafrecht verwertbar seien, betonte der Vorsitzende. Man mag das bedauern oder nicht: Das deutsche Recht kennt keine speziellen Anti-Mafia-Gesetze.

So gesehen blieben auch den Richtern die Hände gebunden. Mit ihrer mafiafreien Linie wollten sie jeden Anlass für einen späteren Revisionsgrund vermeiden. Das heißt aber nicht, dass der Geist der Mafia in diesem Verfahren keine Rolle spielte. Denn die jahrelangen Drogengeschäfte im dreistelligen Kilobereich wären ohne das Zutun der sogenannten ehrenwerten Gesellschaft, ohne Nachschub und Logistik kaum vorstellbar gewesen. So verfügten die Ermittler über Hinweise, die sich aus Akten italienischer Sicherheitsbehörden ergaben. Es gäbe Bezüge zur italienischen Cosa Nostra und zur kalabrischen ‚Ndrangheta, stellte die Staatsanwaltschaft fest.
Einbringen konnte die Anklage ihre Erkenntnisse aber nicht. Und so blieb es dabei, dass über dem Verfahren von Anbeginn lediglich die fünf magischen Buchstaben schwebten – sichtbar für jeden durch ein beispielloses Polizeiaufgebot, aus Sorge vor einer möglichen Befreiungsaktion.
Am Ende war es ein Mafia-Prozess, der keiner war, wie der Kammervorsitzende es elegant formulierte. Und daran hatten nicht zuletzt die Anwälte einen Anteil. Sie pochten darauf, dass ihre Mandanten unbescholtene Kaufleute seien, was am Ende mit den Urteilen allerdings widerlegt war. Es gelang ihnen, die Nerven des Gerichts unter Ausschöpfung der Strafprozessordnung zu strapazieren. Und mancher konnte besser austeilen als einstecken – eine Strategie, die im übrigen auch im Kollegenkreis umstritten war. Dass die Kammer trotz mancher Provokation durchgehend die Fassung wahrte, ist ihren Mitgliedern nicht hoch genug anzurechnen.

So stellt sich die Frage: Hat der Aufwand das Ergebnis gerechtfertigt? – Ja, denn der Erfolg eines Prozesses bemisst sich nicht allein an der Höhe der verhängten Strafen. Polizei und Justiz haben sich unter nicht immer leichten Umständen handlungsfähig gezeigt, den Angeklagten wurde ein fairer Prozess gemacht. Dabei wurde aufgeklärt, was unter den gegebenen Umständen aufzuklären möglich war. Mafia hin oder her: Mehr geht nicht.