Es ist still im Rheinstrandbad in Konstanz. Wo sonst Kinder aufgeregt herumrennen und im Schwimmbecken die Wellen im Takt gegen den Rand klatschen, breitet sich Ruhe aus. Ursula Klaußner (69) geht mit festem Schritt voran. „Dieser Chlorgeruch“, sagt sie, „ist so vertraut und weckt beinah heimatliche Gefühle“. Sie genießt den Panoramablick hinaus auf den Konstanzer Seerhein und den Pulverturm am anderen Ufer.
Ohne dass sie viele Wort macht, erspürt man die Leidenschaft, die Klaußner seit 57 Jahren beim Schwimmklub Sparta hält. „Hier haben schon so viele Kinder schwimmen gelernt, manche kommen jetzt mit eigenen Kindern“, sagt sie.
Schwimmkurs vor der Schule
Aber die Situation hat sich geändert. „Früher war es selbstverständlich, dass Eltern ihre Kinder zu einem Kurs anmeldeten, bevor in der Schule Schwimmunterricht angesetzt wurde“, sagt Klaußner. Das habe sich geändert, und nicht zum Guten: Viele Kinder lernen erst Schwimmen, wenn sie deutlich älter sind.
Lehrer sind überfordert
Klaußner redet nicht um das Problem herum und kommt auf den Punkt: „In den Grundschulen ist dieser Zustand besonders auffällig, selbst die weiterführenden Schulen beklagen immer noch zu viele Nichtschwimmer“. Die Gründe dafür seien vielfältig. Manche schieben es auf die Corona-Pandemie, andere bringen die Migration ins Spiel.
So oder so – für Klaußner steht fest: „Hier am See sollten alle Kinder so früh es geht schwimmen lernen, also am besten noch im Kindergartenalter.“ Fakt sei, dass die Lehrerschaft heute mit den vielen Nichtschwimmern im Schul-Unterricht personell überfordert ist.
Dunkler Schatten nach tragischem Unfall
„Wir müssen uns nur an den tragischen Schwimmunfall von vor zwei Jahren erinnern, der über das gesamte Thema Schwimmen einen dunklen Schatten geworfen hat“, spricht Klaußner aus, was viele denken. Im Gegenzug beschreibt sie die Folgerung, die ihr Verein aus der Misere gezogen hat: „Der Schwimmklub Sparta engagiert sich seit 2022 verstärkt um den Schwimmunterricht an den Grundschulen.“
Mit lizensierten Trainern helfe man den Lehrern und kümmere sich um die Nichtschwimmer. Noch besser wäre es, Wassergewöhnung und Schwimmenlernen bereits in den Kitas anzubieten. „Das ist aber ein freiwilliges Angebot der Kitas, so dass man nicht verlässlich wirklich alle Kinder erreicht“, sagt Klaußner.
Schwimmen können – ein Muss
Für sie ist klar, was Normalität sein sollte: „Was liegt als Freizeitbeschäftigung für alle Altersklassen und auch jeden Geldbeutel denn näher als das Schwimmen hier in unserer Region?“ Davon profitiere man auch im Alter. Immer mehr Erwachsene fänden Gefallen daran, ihre Schwimmtechnik zu verbessern, die Nachfrage an Kraul- und Rückenschwimmkursen steige.
Nicht selten werde Leistungsschwimmen als „stupides Kacheln zählen“ belächelt. Aber dem setze man in der Jugendarbeit Wettbewerbe, Trainingslager und Aktivitäten außerhalb des Wasser entgegen, so dass Teamgeist und ein kameradschaftliches Miteinander entstünden.
Mit 17 Jahren begann Klaußner, Kindern Schwimmen beizubringen. Noch heute springt sie – mittlerweile Oma – als Vertretung ein. „Kinder sind die ehrlichsten Kritiker, sie zeigen dir sofort, ob sie sich für etwas begeistern oder gar keine Lust darauf haben“, sagt sie. Dann liege es am Trainer, darauf zu reagieren und ihnen spielerisch den Spaß am Element Wasser zu vermitteln. Im Ernstfall kann das ein Leben retten.