In Baden-Württemberg gilt seit dieser Woche eine neue Corona-Verordnung – mit einer kleinen, aber folgenreichen Änderung in der Inzidenzstufe 1, also bei einer kreisweiten Inzidenz unter 10. Theoretisch durften Diskotheken hier bisher schon öffnen, aber nur mit einem Gast auf zehn Quadratmetern, was alle Clubbetreiber als unwirtschaftlich ablehnten. Jetzt ist mehr möglich: 30 Prozent der sonst üblichen Auslastung sind erlaubt, wenn Gäste getestet, geimpft oder genesen sind. Doch ändert das in der Praxis überhaupt etwas, machen Diskos nun wirklich wieder auf?

In der Singener Disko Top 10 wird es trotz neuer Corona-Verordnung weiterhin menschenleer und still bleiben. „Eine Öffnung ist zu unsicher, weil wir momentan im Landkreis Konstanz an der Inzidenz von zehn kratzen“, sagt Dominik Dilger, Betriebsleiter des Top 10. Denn damit er die Disko öffnen kann, muss in der Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis stabil unter 10 liegen. Derzeit liegt die Inzidenz im Landkreis Konstanz zwar bei 7,7 (Stand: 26. Juli), steigt aber stetig an. Liegt sie fünf Tage über Zehn, greift die Inzidenzstufe 2 – hier sind keine Cluböffnungen mehr möglich.

„Eine Öffnung ist zu unsicher, weil wir an der Inzidenz von zehn kratzen“, sagt Dominik Dilger, Betriebsleiter des Top 10 ...
„Eine Öffnung ist zu unsicher, weil wir an der Inzidenz von zehn kratzen“, sagt Dominik Dilger, Betriebsleiter des Top 10 Singen. | Bild: Matthias Güntert

Keine Dauerlösung, aber ein Schritt in die richtige Richtung

Zudem sei die Ankündigung der geänderten Corona-Verordnung zu kurzfristig gewesen, sagt Dilger. „So einen Betrieb kann man nicht von heute auf morgen wieder öffnen.“ Zurzeit seien im Außenbereich 300 Personen erlaubt, wenn sie geimpft oder genesen sind und einen Testnachweis vorlegen. Aber Dilger würde gerne wieder das ganze Haus nutzen. „Die neue Regelung ist keine Dauerlösung, aber ein Anfang. Wir sind froh, von den Politikern endlich gehört zu werden“, freut er sich.

Dominik Dilger steht im September 2020 auf der leeren Tanzfläche im Top 10 Singen. Inzwischen ist wieder etwas Leben in der Disko ...
Dominik Dilger steht im September 2020 auf der leeren Tanzfläche im Top 10 Singen. Inzwischen ist wieder etwas Leben in der Disko eingekehrt – allerdings nicht wegen feiernden Besuchern, sondern weil sie sich auf Corona testen lassen möchten. Dilger hat ein Schnelltest-Zentrum eingerichtet. | Bild: Marinovic, Laura

Dilger ärgert sich hingegen darüber, dass in anderen Ländern, zum Beispiel in der nahen Schweiz, wieder gefeiert werden darf. „Das Virus macht ja nicht vor der Grenze halt. Das macht keinen Sinn.“ Der Betriebsleiter plant, dass er „Richtung August“ eventuell wieder öffnen kann.

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Bei 250 Menschen kommt keine Partystimmung auf

Für Dirk Bamberger, der neben dem Top 10 Geschäftsführer des Berrys in Konstanz ist, ist eine 30 Prozent-Belegung seines Clubs ebenfalls nicht wirtschaftlich. „Bei uns sind 850 Leute zugelassen, bei einer Auslastung von 30 Prozent wären das nur 255 Personen im ganzen Haus. Das ist zu wenig und es kommt keine Stimmung auf. 60 bis 70 Prozent sollten es schon sein“, so Bamberger. Daher bleibe auch das Berrys weiterhin für Partygäste geschlossen.

Auch der Konstanzer Club Berrys bleibt vorerst geschlossen.
Auch der Konstanzer Club Berrys bleibt vorerst geschlossen. | Bild: Marcel Jud

Ein weiterer Grund, der gegen eine Öffnung trotz der langen Schließung spricht: Es gibt nicht genügend Personal. „Unsere Minijobber sind alle weg und haben sich in der Corona-Zeit einen anderen Job gesucht. Das ist ein Riesenproblem“, erläutert Bamberger.

Er sieht vor allem die Impfung als Möglichkeit, dass Beschränkungen im Clubbetrieb wegfallen. „Die Impfung ist die einzige Lösung, dem Dilemma zu entkommen“, ist er sich sicher. Bamberger hofft, dass er im September endlich wieder öffnen kann.

„Die Impfung ist die einzige Lösung, dem Dilemma zu entkommen“, sagt Dirk Bamberger, Geschäftsführer der Clubs Berrys in ...
„Die Impfung ist die einzige Lösung, dem Dilemma zu entkommen“, sagt Dirk Bamberger, Geschäftsführer der Clubs Berrys in Konstanz und Top 10 in Singen. | Bild: Tesche, Sabine

Von der Politik wünscht sich Bamberger ein Umdenken, weil es immer wieder neue Corona-Fälle geben wird. „Bei uns kann das Feiern kontrolliert ablaufen, irgendwo anders treffen sich die Leute sowieso.“

Zu wenig Besucher für die Kantine zugelassen

Auch in der Kantine Konstanz werden die Besucher drinnen noch nicht tanzen können. „Die Kantine ist klein. Mit einer 30 Prozent-Belegung wären es nur 40 bis 50 Gäste“, sagt Cornelius Hanßmann, Geschäftsführer der Kantine. Doch im Gegensatz zum Berrys würde er die Kantine öffnen, wenn die Hälfte der zugelassenen Kapazität erlaubt sei. „Dann wären wir auf jeden Fall dabei.“

„Ich spüre zwar den Überdruss, aber es hilft ja nichts. Ich bin mit den Regeln einverstanden und vertraue auf die Wissenschaftler ...
„Ich spüre zwar den Überdruss, aber es hilft ja nichts. Ich bin mit den Regeln einverstanden und vertraue auf die Wissenschaftler und die Politik“, sagt Cornelius Hanßmann, Geschäftsführer der Kantine Konstanz. | Bild: Timm Lechler

Es sei grundsätzlich gut, dass es nun vorwärtsgeht, meint Hanßmann. Allerdings könne er es auch etwas geduldiger angehen und habe weniger Existenzsorgen, weil er mit dem Restaurant und dem Catering noch andere Standbeine habe. „Ich bin mehr verunsichert, dass ich das Restaurant nochmal wegen einem erneuten Lockdown schließen muss. Das macht mir mehr Sorgen als die Öffnung des Clubbetriebs.“