Schneit es, strahlt der Schwarzwald noch mehr. Es empfiehlt sich dann, das eigene Zuhause häufiger zu lüften, damit die Radioaktivität wieder entweichen kann. Denn in Wohnhäusern mag dieses Radon-Gas, wie es heißt, eine so hohe Konzentration erreichen wie in Kohlegruben.

Interessant ist das vor allem aus aktuellem Anlass. Die Schweiz hat bekannt gegeben, wo sie das Atomendlager des Landes bauen will – an die deutsche Grenze gegenüber von Hohentengen am Hochrhein. Dort sind viele Menschen nun besorgt.

Was, fragen sie sich, wenn die Belastung doch höher ist? Wenn sich das Lager in Hunderten Metern Tiefe dennoch auf die Umwelt auswirkt? Wenn es den Hochrhein verstrahlt, das Trinkwasser verseucht? Und die Radioaktivität Generationen zerstört?

Radon kommt überall in Deutschland vor, in bergigen Regionen liegen die Werte aber oft höher.
Radon kommt überall in Deutschland vor, in bergigen Regionen liegen die Werte aber oft höher. | Bild: Hendrik Schmidt/dpa

Weiter nördlich hat man sich an solche Sorgen gewöhnt. Dort beunruhigt Hausbesitzer seit Langem schon und immer wieder das Edelgas Radon. Gerade im Schwarzwald fleucht es aus dem Boden, wo mehrere Gemeinden als sogenannte Radon-Vorsorgegebiete gelten, darunter viele Kommunen aus den Landkreisen Waldshut, Lörrach, Schwarzwald-Baar oder auch Breisgau-Hochschwarzwald.

Fragt man das Bundesamt für Strahlenschutz, liefert Radon den mit Abstand größten Beitrag zur natürlichen Strahlenbelastung der Bevölkerung. Es entsteht durch den Zerfall von Uran, das unter anderem in Gestein von Natur aus enthalten ist.

Wie lässt sich die Radonbelastung reduzieren?

Bernd Hoffmann, Fachgebietsleiter beim Bundesamt für Strahlenschutz, erklärt: Gefährlich wird es, wenn das Radon in die Innenraumluft von Gebäuden gerät. Dort zersetzt es sich in radioaktive Folgeprodukte, die in die Lunge eindringen. Das internationale Krebsforschungszentrum im französischen Lyon, eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation, stuft Radon als krebserregend ein. Das Gas sei eindeutig ein Auslöser für Lungenkrebs, heißt es da.

In der Natur sucht sich das Edelgas seinen Weg durch alle möglichen Öffnungen. „Es dringt zum Beispiel durch Risse und Durchlässe, aber auch über Nahtstellen zwischen Baugrund und Gebäude ein“, erklärt Marc Ellinger vom Verband privater Bauherren, kurz VPB.

Der Leiter des Regionalbüros Freiburg-Südbaden schildert: Solche Eintrittsstellen entstehen zum Beispiel an den mit Erde angefüllten Außenwänden oder in Naturkellerböden. In geschlossenen, nicht durchlüfteten Räumen kann die Belastung hohe Konzentrationen von mehreren Tausend Becquerel pro Kubikmeter erreichen, sagt er, bei entsprechend hoher Belastung der Bodenluft.

Allerdings betont Ellinger ausdrücklich, dass er mit seinen Erläuterungen zu Radon die Risiken eines atomaren Endlagers nicht relativieren will.

Jährliche Strahlendosis liegt bei 1,1 Millisievert

Über Schweizer Atommüll zu leben scheint den Prognosen nach sicherer zu sein: Sind die Abfälle einmal eingeschlossen im Opalinuston, darf eine Person, die direkt darüber lebt, laut Gesetz nur einer zusätzlichen Strahlendosis von 0,1 Millisievert pro Jahr ausgesetzt sein. Die Nagra als Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz rechnet damit, dass der Wert nur maximal 0,0001 Millisievert betragen wird.

Zum Vergleich: Wer raucht, belastet seinen Körper mit einem Plus von etwa 8,8 Millisievert pro Jahr. Derjenige, der im in einem Gebiet mit erhöhten Radonwerten wohnt, kann sich leicht fünf Millisievert pro Jahr und mehr aussetzen.

Fenster auf! In sogenannten Radon-Vorsorgegebieten, von denen es im Schwarzwald einige gibt, empfiehlt es sich, regelmäßig das Haus zu ...
Fenster auf! In sogenannten Radon-Vorsorgegebieten, von denen es im Schwarzwald einige gibt, empfiehlt es sich, regelmäßig das Haus zu lüften. | Bild: Zacharie Scheurer/dpa

Wie hoch die Werte nun für die Menschen im Schwarzwald sind, lässt sich nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz pauschal nicht sagen. Das hänge von geologischen Bedingungen ab, von Bausubstanzen, dem Lüftungsverhalten und überhaupt dem Einzelfall.

Was man ausrechnen kann: Jeder Mensch in Deutschland erfährt durch Radon eine jährliche Strahlendosis von 1,1 Millisievert. Einige halten das Edelgas in Maßen sogar für heilend. Das Radon Revital Bad in St. Blasien bei Waldshut zum Beispiel hat lange Zeit eine Radon-Therapie angeboten. Erst im vergangenen Jahr hatte der örtliche Gemeinderat entschieden, eben diese Therapie zugunsten von Wirtschaftlichkeit abzuschaffen.

Radon wird auch zu Heilzwecken angewandt

Die Frage, die dennoch bleibt: Wie kann etwas, das strahlt und Krebs verursacht, heilend sein? Das ist umstritten. Radon-Therapie wird vor allem für rheumatische Erkrankungen angewandt.

Sie darf aber nur erfolgen, wenn sie aus medizinischer Sicht notwendig sei, erläutert das Bundesamt für Strahlenschutz. „Der behandelnde Arzt muss den Nutzen der Schmerzlinderung und das Risiko, das durch Radon für die Patienten entsteht, gegeneinander abwägen.“

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Besonders in Radon-Heilstollen kommt das Edelgas in konzentrierter Form vor. Die Patienten sind dem aber nur kurz ausgesetzt, sagt das Bundesamt. Ihr Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ist deshalb nur minimal größer. „Aber auch diese Risikoerhöhung ist nur gerechtfertigt, wenn ein entsprechender medizinischer Nutzen zu erwarten ist.“