Wenn Feldbergs Bürgermeister Johannes Albrecht auf dem Gipfel des Feldbergs steht, kommt er ins Schwärmen: „340 Kilometer Alpensicht, vom Montblanc bis zur Zugspitze“, er zeigt ein Handybild. Im Sommer herrscht abends himmlische Ruhe, im Winter freut er sich, wenn er die strahlenden Kindergesichter im Schnee sieht.
Das weiße Vergnügen beim Skifahren will der Bürgermeister Kindern und Erwachsenen noch möglichst lange ermöglichen. Doch der Klimawandel betrifft auch die Feldbergregion. Und zuletzt drei schwierige Winter, coronabedingt und durch Schneemangel, machen den Tourismusgemeinden, Gastronomen, Liftbetreibern zu schaffen.
„Die Skilifte hätten in den drei Jahren normalerweise zehn Millionen Euro Umsatz gemacht“, sagt Adrian Probst, Bürgermeister der Gemeinde St. Blasien, eine der drei Gemeinden neben Feldberg und Todtnau, die die Feldbergbahnen GmbH betreiben. Deshalb mussten die Gemeinden die GmbH dieses Jahr mit einem mittleren sechsstelligen Betrag stützen. Die letzten 20 bis 25 Jahre liefen die Lifte durchschnittlich an 120 bis 140 Tagen. „Im letzten Winter waren es nur noch 61 Tage.“

Die Bürgermeister sind optimistisch: „Die Klimaprognosen verheißen, dass man auch weiterhin sinnvoll Wintersport betreiben kann, dafür benötigen wir 80 Betriebstage im Jahr“, sagt Adrian Probst. Um den Wintersport zumindest die nächsten Jahre zu sichern, hätten sie einen Masterplan entwickelt. Dabei soll unter anderem die Beschneiung so modernisiert werden, „dass man innerhalb von drei Tagen so viel Schnee produzieren kann wie sonst in zwei Wochen“. Kernpunkt ist ein neues Wasserrückhaltebecken mit einem Volumen von 120.000 Kubikmetern. Kosten: zwölf Millionen Euro.
Die Umweltverbände haben gegen dieses Projekt Widerstand angekündigt. „Am Feldberg gibt es jetzt schon ein massives Wasserproblem“, betont der Feldberger Bürger und Altstadtrat Michael Schäfer, der für den Nabu die Flächennutzungspläne bearbeitet. Quellen seien versiegt, man wisse nicht, ob sie wieder sprudelten. „Für die Beschneiung wird viel Wasser gebraucht, das eigentlich als Trinkwasser benötigt wird.“
Die malerisch gelegene Tourismus-Gemeinde Feldberg würde das neue Millionen-Projekt besonders belasten. Hatte doch der 2019 überraschend gestorbene Bürgermeister Stefan Wirbser durch einen Investorenfonds für 15 Millionen Euro ein umstrittenes Parkhaus mit 1200 Plätzen bauen lassen. „30 Jahre lang muss die Gemeinde dem Investor dafür jährlich 800.000 Euro plus Inflationsausgleich bezahlen“, sagt der jetzige Feldberger Bürgermeister Johannes Albrecht.
Seiner Meinung nach hätte man dieses Parkhaus gar nicht bauen dürfen: „Wir sind nicht einmal Eigentümer und es löst auch nicht die Beparkung an der B 317.“ Die Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinde Feldberg verdoppelte sich laut Statistischem Landesamt von Ende 2015 bis Ende 2022 auf 7390 Euro, das war landesweit Platz drei hinter Bad Liebenzell und Mannheim.

Bürgermeister Johannes Albrecht setzt gleichwohl auf die Beschneiung: „Wir brauchen die Wasserressourcen auch für Flächenbrände und die Versorgung der Weidelandschaft.“ Die Region habe circa 35.000 Betten, der Bürgermeister rechnet vor: „Die Wertschöpfung beim Wintertouristen ist vier- bis fünffach so hoch wie beim Sommer-Besucher. Bei durchschnittlich 80 Euro pro Nacht bedeutet schon eine 50-prozentige Betten-Auslastung 1,4 Millionen Euro Umsatz.“ Und beim CO2-Ausstoß der Besucher entfielen 70 bis 75 Prozent auf die Anreise, 20 bis 25 Prozent auf die Hotellerie und nur fünf Prozent auf die Lifte, Pistenpräparation und Beschneiung.
Doch der Klimawandel sorgt im Winter immer öfter für braune statt weiße Hänge. Was tun? „Wenn die Leute ein paar Mal verregnete Winterferien am Feldberg erleben, fahren sie im nächsten Winter eher in die Alpen“, schildert Stefan Büchner, Leiter im „Haus der Natur“ am Feldberg. Bei den Liftkarten gibt es deshalb bereits eine Kooperation des Hochschwarzwalds mit dem Montafon.
Einen Lösungsansatz sieht die Landtagsabgeordnete Theresia Bauer daher in einem Ganzjahrestourismuskonzept. Im Juli tauschte sie sich in Feldberg mit Vertretern der Liftbetriebe, Gastronomie und der Tourismusorganisationen aus. Bauer, tourismuspolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, schlug zum Beispiel mehr Mountainbike-Trails vor. Doch Bauer weiß, das Umstellen auf neue, nachhaltige Geschäftsmodelle „braucht Zeit und Ressourcen“. Das Land sieht sie eher in der Rolle, zu unterstützen.
„Ich brauche Schnee und Gäste“
Feldbergs Bürgermeister Johannes Albrecht spricht von einem Transformationsprozess, für den Übergang brauche man die Beschneiung. Auch St. Blasiens Bürgermeister Adrian Probst will Ganzjahresangebote mit mehr Wertschöpfung im Sommer. „In Menzenschwand erstellen wir einen bewirtschafteten Wanderparkplatz mit einer Info-Station, einem Vesperstüble und einer Mobilitätsstation für Mountainbikes.“
Für Patrick Schreib, Geschäftsführer der Hochschwarzwald-Tourismus GmbH, ein guter Weg. Die Themen Mobilität und Mountainbike könnten „die Aufenthaltsqualität sowie die Wertschöpfung innerhalb der Region positiv beeinflussen“. Schreib fordert ein Ganzjahreskonzept für den gesamten Hochschwarzwald. Dafür muss man „in eine raumübergreifende Infrastruktur“ investieren.
Die Hoteliers hoffen auf einen weißen Winter. „Ich brauche Schnee und Gäste“, sagt Matthias Rust vom „Hotel Waldeck“ in Todtnau. Im Wellnesshotel „Erfurths Bergfried“ in Hinterzarten wünschen sich 50 Prozent der Gäste Schnee, berichtet Inhaberin Myriam Erfurth, vorigen Winter hätten deshalb einige storniert.

Das Beschneien hält Erfurth aber für den falschen Ansatz. „Das ist nicht umweltfreundlich, wir arbeiten gegen die Natur.“ Das Wasser werde dringender im Sommer benötigt. Für Dorothee Hupfer vom „Waldfrieden“ in Todtnau-Herrenschwand gehört Wintersport „zu unserem Kulturgut“, das ein Viertel ihrer Gäste erleben möchte. Die Familie Hupfer setzt auf eine von Michelin geadelte Küche, einen Wellnessbereich und einen eigenen Skilift ohne Beschneiung, „weil das zu unserem Haus besser passt“.
In Gastronomie-Betrieben wie dem „Parkhotel Adler“ in Hinterzarten hat man das Angebot längst wetterunabhängiger gestaltet. Das Familienhotel „Engel“ in Todtnauberg hat ein breites Angebot mit Indoor-Möglichkeiten und Kinderbetreuung. „Falls es keinen Schnee gibt, können wir schnell umswitchen“, sagt Inhaber Alfred Boch. „Deshalb sind die Gäste auch vorigen Winter geblieben, was uns erstaunt hat.“
Das „Seehotel Wiesler“ in Titisee setzt auf Ökologie, Ökonomie und Soziales, die Energiekosten wurden um mehr als 50 Prozent gesenkt. „Wir haben schon früh geschaut, dass wir ein Angebot haben, das nicht nur den Winter braucht“, schildert Inhaber Klaus Günther Wiesler, auch Vorsitzender des Hotel- und Wirtevereins im Hochschwarzwald: „Natürlich müssen wir uns auf dem Feldberg auf den Ganzjahrestourismus einstellen.“

Das Familienhotel „Feldberger Hof“ an der Talstation der Feldbergbahn, mit 450 Betten größtes Hotel im Schwarzwald, hat schon längst ein Ganzjahresangebot mit einer breiten Palette für draußen und drinnen, darunter eine Indoor-Actionarena. Seit 2007 engagiert sich die Familie Banhardt für Nachhaltigkeit, Vater Thomas Banhardt und seine Kinder Sebastian und Nathalie. Das am höchsten gelegene Vier-Sterne-Hotel Deutschlands wurde klimaneutral. Die Gäste fühlen sich wohl, die letzten zehn Jahre war das Hotel „zu mehr als 90 Prozent ausgelastet“.