Sie wird vermisst werden. Ruhig im Ton, zugewandt im Kontakt und klar in der Sache – so haben viele Menschen Bärbel Schäfer seit 2012 immer wieder erlebt.
Ob vor 700 teils wütenden Bürgern in der Allensbacher Bodanrückhalle, bei der Überreichung der ersten Abiturzeugnisse an der Gemeinschaftsschule in Wutöschingen oder bei der Enthüllung eines Gedenksteins am renaturierten Donauursprungs: Wer der Regierungspräsidentin aus Freiburg begegnet ist, fand das in der Regel angenehm. Auch – und darin liegt die Besonderheit – wenn es in der Sache keine Einigung gab.

Nun geht Bärbel Schäfer in den Ruhestand – nach zwölf Jahren an der Spitze einer Behörde, deren Macht und Einfluss viele unterschätzen.
Das Regierungspräsidium kümmert sich auf übergeordneter Ebene zum Beispiel um Katastrophenschutz, Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit, betreut Neubau und Sanierung fast aller Bundesstraßen, ist Forstbehörde für das ganze Bundesland und regelt den Bergbau und damit auch das Reizthema Kiesabbau. Und das Oberschulamt gehört auch noch dazu.
Wer dieses große Haus ab 1. April leiten wird, ist allerdings unklar. Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer wird in wenigen Tagen 66 Jahre alt und geht – keineswegs überraschend – altersbedingt in Pension.
Schäfers Nachfolger sollte den Grünen nahestehen
Ihre Nachfolge entscheidet das Stuttgarter Staatsministerium. Immerhin soll in Freiburg jemand die wichtigste Landesbehörde Südbadens leiten, die oder der das unbedingte Vertrauen der Landesregierung genießt.
Den Grünen nahestehen sollte die Person auch. Gut wäre Führungserfahrung in einer größeren Behörde, und ein bisschen Gespür für Land und Leute – Südbaden hat nur eine einzige Großstadt und ist in weiten Teilen ländlich strukturiert – schadet auch nicht.

Aber wer wird es? Wer wird Statthalter des Landes in Südbaden und Führungskraft von über 1800 Bediensteten?
Das bestimmt letztlich Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Man sei mit verschiedenen Personen im Gespräch, sagt ein Sprecher seines Staatsministeriums auf SÜDKURIER-Anfrage: „Wir bemühen uns, das so schnell wie möglich abzuschließen.“
Ein nahtloser Übergang ist eher unwahrscheinlich, doch Regierungsvizepräsident Klemens Ficht gilt als gut eingearbeitet, so dass die Geschäfte auf jeden Fall weiterlaufen können. Ob er, seine Kollegen, die örtlichen Behörden und Öffentlichkeit wenigstens bei Bärbel Schäfers offizieller Verabschiedung am 21. März Klarheit bekommen, ist ungewiss.

Die erste Regierung Kretschmann hatte der im schwäbischen Geislingen an der Steige aufgewachsenen Bärbel Schäfer 2012 die Leitung des Hauses anvertraut.
Zuvor war sie Leiterin des Rechtsamts im Freiburg, und ein tiefes Verständnis für die Arbeit in den Kommunalverwaltungen erhielt sie sich auch im Basler Hof mitten in der Freiburger Innenstadt, wo das Regierungspräsidium seinen Sitz hat. Entsprechend anerkannt war Schäfer über all die Jahre in den Rathäusern und Landratsämtern in der Region.

Die Besetzung ist auch deswegen schwierig, weil da viel Politik im Spiel ist. Die Leitung eines Regierungspräsidiums ist eine Vertrauensaufgabe – was erfahrungsgemäß auch bedeutet, dass ein politischer Machtwechsel in Stuttgart eine Regierungspräsidentin oder einen Regierungspräsidenten den Job kosten kann, nur weil die politische Heimat nicht stimmt.
Davon kann zum Beispiel der frühere Radolfzeller Oberbürgermeister Jörg Schmidt ein Lied singen, der als SPD-Mann als Regierungspräsident in Tübingen nach der Landtagswahl 2016 und dem Ende der grün-roten Koalition parteipolitisch nicht mehr genehm war.
Das Regierungspräsidium
Und schon in zwei Jahren ist Landtagswahl, was den Schleudersitz-Faktor noch erhöht. Auch das, ist zu hören, fördert die Bereitschaft, sich für die anspruchsvolle Aufgabe zu melden, nicht unbedingt.
Hoffnung, dass die Landesregierung die Zeit nutzt
Bärbel Schäfer selbst bleibt auch in diesem Punkt diplomatisch: Sie habe die „Hoffnung, dass die Landesregierung die nächsten vier Wochen noch nutzt“, sagte sie dazu am Montagabend lediglich.

Die profilierte Verwaltungsjuristin blickt, wie sie vor Journalisten in Freiburg sagte, gerne auf die zwölf Jahre zurück, in der sie das Amt mit einer besonderen Balance zwischen Behördenchefin und Politikerin prägte.
Neben vielen Bau- und Umweltvorhaben bestimmten vor allem die Flüchtlings- und die Corona-Krise und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen ihre Amtszeit.
„Die Töne sind rauer geworden“, ist einer ihrer bilanzierenden Sätze. Den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bewahren, sei eines ihrer wichtigen Ziele gewesen, so Schäfer – wissend, dass diese Aufgabe für ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger eher noch anspruchsvoller wird.