Seinen 65. Geburtstag an diesem Montag hätte Thomas Strobl womöglich klaglos dem Dienst an seiner Partei untergeordnet. So, wie es der Heilbronner CDU-Politiker in seinem Leben schon so oft getan hat.

Parteiloyalität, sich unter Verzicht auf persönliche Belange in den Dienst der größeren Sache zu stellen – das ist eine Eigenschaft Strobls, für die er in seiner Südwest-CDU geschätzt wird. Was die Partei aber nicht daran hinderte, im Ernstfall auf andere Spitzenleute zu setzen.

Auch unter der 16 Köpfe starken Truppe aus der Südwest-CDU, die jetzt in Berlin mit den Vertretern von SPD und CSU um die Details des Koalitionsvertrags für eine neue Bundesregierung ringen, fehlt der Name des erfahrenen Bundes-, Landes- und Parteipolitikers Strobl. Ein guter Grund dafür könnte sein, dass der Südwesten ohnehin mit Schwergewichten vertreten ist. Strobl dagegen, der zweimal eine Landeskoalition mit den Grünen ausgehandelt hat, sitzt in Berlin nicht mit am Tisch.

Wieder als Anwalt arbeiten, Weinfeste genießen

An welchem Tisch Thomas Strobl künftig überhaupt sitzen möchte, darum macht er bislang nach außen hin ein großes Geheimnis. Während sein engster Vertrauter in der baden-württembergischen Landesregierung, Winfried Kretschmann, längst seinen Abschied angekündigt hat und auch etliche CDU-Platzhirsche abtreten, ließ Strobl bislang alle Fragen über seine Zukunftspläne unbeantwortet.

„Mit einem Thomas Strobl muss man immer rechnen“ war eine vage Replik, die auch Parteifreunde auf die Frage erhielten, ob er in Heilbronn erneut als Landtagskandidat antreten will. Der Nominierungstermin ist am 31.März. Fragen unserer Redaktion dazu an Strobl und an den CDU-Kreisverband blieben unbeantwortet. Vorsitzender des Kreisverbands ist der Bundestagsabgeordnete Alexander Throm. Dieser ist wie Strobl Partner in der Heilbronner Rechtsanwaltskanzlei THSB, die Buchstaben stehen für Throm, Hauser, Strobl und von Berlichingen. Auskunft über Bewerber aus der Partei für die Nominierung gibt Throm nicht.

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Was hat Strobl vor? Denkbare Optionen wären: Ein Rückzug aus der aktiven Politik – was ihm 2026 im Alter von dann 66 Jahren, nach Jahrzehnten Engagement in Amt und Mandat, sowie einer überstandenen, schweren Lungenerkrankung 2022 infolge einer Corona-Infektion, niemand verdenken würde.

Wieder in der Kanzlei ein wenig aktiv werden, die Weinfeste Heilbronns genießen – für andere wäre das eine erfreuliche Perspektive. Aber ein Thomas Strobl, der zuhause sitzt, während seine 53-jährige Ehefrau als ARD-Programmchefin mutmaßlich noch viele Jahre in einem Topjob unterwegs ist? Sich das vorzustellen, dazu fehlt langjährigen Wegbegleitern die Phantasie.

Strobl entdeckte und förderte Hagel

Eine Option wäre auch der Wechsel auf einen repräsentativen, partei- und politiknahen Posten. Wobei der sich in einer Premiumkategorie oder auf Bundesebene erst einmal finden müsste.

Und es bleibt die nahe liegende Option: Strobl setzt darauf, 2026 in einer dann CDU-geführten Landesregierung einfach als Innenminister weitermachen zu können. Ob mit oder ohne Landtagsmandat. Dann allerdings wäre Strobl völlig vom Wohlwollen Manuel Hagels abhängig. Denn Strobl verfügt in der Südwest-Partei kaum über eine Hausmacht.

Hagel, von Strobl einst entdeckt und gefördert, entthronte Strobl 2023 als Landesvorsitzenden, gerade noch gesichtswahrend. Damit aber nahm er ihm endgültig die Perspektive, 2026 vielleicht doch noch CDU-Spitzenkandidat zu werden und Winfried Kretschmann im Amt zu folgen. Und einmal selbst in der allerersten Reihe zu stehen. Jetzt ist selbst die zweite Reihe für Strobl in Hagels Hand.

Landesminister ohne Mandat

Denn der amtierende Innenminister ist, wie auch seine Kabinettskollegen Finanzminister Danyal Bayaz und Kultusministerin Theresa Schopper, Landesminister ohne Mandat. Er gehört zwar der Regierung, aber nicht dem Parlament an. Sein Bundestagsmandat hatte Strobl 2016 zugunsten des Wechsels in die Landespolitik aufgegeben.

Bei der Landtagswahl 2021 trat er zwar in Heilbronn an, war der Grünen-Kandidatin Susanne Bay allerdings deutlich mit nur 23 Prozent der Stimmen unterlegen. 2026 bekäme Strobl es mit deren Nachfolgerin Gudula Achterberg zu tun. Ein gemähtes Wiesle wäre das zunehmend junge, urbane Heilbronn aber für den CDU-Politiker nicht.

Außer der Perspektive Innenminister bliebe Strobl auf Landesebene daher nicht viel – sollte die CDU 2026 das Amt wieder besetzen können. Landtagspräsident wäre zwar wohl ein Amt mit entsprechendem Renommee, das zu Strobls repräsentativem Selbstverständnis passen könnte, das in seiner Amtszeit als Innenminister noch gewachsen scheint. Aber dass Strobl, ein Mandat vorausgesetzt, in der CDU-Landtagsfraktion oder im Parlament eine herausgehobene Rolle spielen könnte, ist kaum denkbar.

Belastete Vorgeschichte

Denn Strobl wäre ein Novize als Landtagsabgeordneter, zumal einer mit einer belasteten Vorgeschichte. Strobl hatte 2016 und 2021 erfolglos und teils gegen offenen Widerstand aus der Fraktion die CDU-Spitzenkandidatur angestrebt. Seitdem darf das Verhältnis zu etlichen CDU-Abgeordneten bis auf wenige Ausnahmen als mindestens distanziert bezeichnet werden.

Glückwünsche vom Förderer: Manuel Hagel (l), der neue Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg, nimmt im November 2023 beim ...
Glückwünsche vom Förderer: Manuel Hagel (l), der neue Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg, nimmt im November 2023 beim Landesparteitag der CDU Baden-Württemberg nach seiner Wahl die Glückwünsche von seinem Vorgänger Thomas Strobl (r) entgegen. | Bild: Bernd Weißbrod, dpa

In der Polizeiaffäre, als Strobl als Innenminister massiv unter Druck geriet und die noch immer einen Untersuchungsausschuss beschäftigt, konnte Fraktionschef Hagel nur mit Mühe Rückendeckung für Strobl organisieren. Nur Hagel hielt seinen einstigen Förderer im Regierungsamt. Beide wissen das.

In jedem Fall aber steht Strobl nicht für den Neuanfang, den die Südwest-CDU unter dem 36-jährigen Hagel im kommenden Jahr weitertreiben will. So bleibt Thomas Strobl als Zukunftsoption in der Politik nur das Vertrauen darauf, dass die Partei einen Mann mit seinen Verdiensten nicht einfach in der Versenkung verschwinden lässt. Und auf die Loyalität von Manuel Hagel.

Die letzte einschneidende Erfahrung Strobls mit vermeintlichen Loyalitäten – als ihm Susanne Eisenmann 2020 die Spitzenkandidatur entriss – dürfte noch immer tief sitzen. Bleibt die Frage: Will sich Thomas Strobl das noch einmal antun?