Herr Ballweg, Sie zieht es in die Provinz, wie man hört. Warum ausgerechnet Konstanz?

Ja, weil Querdenken Konstanz sich angeboten hat, die Demo zu organisieren. Sie haben da ein schönes Konzept vorgelegt: Da soll eine Vierländer-Demonstration werden. Wir werden die natürlich unterstützen, denn wir sind es ja gewohnt, Großdemonstrationen zu veranstalten. Aber wir haben ja noch einen ganzen Monat Zeit.

Wie soll die Demonstration genau ablaufen?

Am 3. Oktober soll eine Menschenkette über vier Länder hinweg entstehen. Gestartet wird in Liechtenstein, von dort soll um 12 Uhr eine Menschenkette Richtung Bregenz gebildet werden. Auf der anderen Seite geht es in die Schweiz bis nach Kreuzlingen und Konstanz, dem Hauptveranstaltungsort weiter. Dort soll um 22 Uhr Schluss sein.

Wollen Sie grundsätzlich weg aus der Hauptstadt mit den Demonstrationen?

Nein, wir haben nur gesagt, da am 3. Oktober die Rechtsextremisten, oder wie man sie auch nennen mag, in Berlin schon eine Demonstration angekündigt haben, und da die Presse ein bisschen Probleme hat, uns von den Rechten zu unterscheiden, machen wir es diesmal ein bisschen einfacher: Wir machen eine große räumliche Trennung, damit jeder sehen kann: Wer ist Querdenken und wer nicht?

Und dann hoffen Sie auch darauf, dass die fahnenschwenkenden Rechtsextremen wegbleiben?

Genau, letztendlich wird es dadurch einfacher, sich zu distanzieren. Wenn da gewisse Gruppierungen dazu aufrufen, nach Konstanz zu reisen, werden wir das genau beobachten. Und davon können wir uns dann abgrenzen. Das war in Berlin schwierig, denn in solch einem Aufzug kann ja jeder kommen, es gibt auch keine Eingangskontrollen.

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Sie haben sich von der Aktion am Reichstagsgebäude distanziert. Die Frage ist nur: War das nicht absehbar, dass da solche Leute kommen würden? Die waren in Stuttgart schließlich auch schon dabei. Sprich: Tun Sie eigentlich genug, um die loszuwerden?

Natürlich war bekannt, dass diese Leute kommen. Die hatten ja auch vor dem Reichstagsgebäude eine eigene Demonstration angemeldet. Ich bin deshalb etwas irritiert, dass der Berliner Innensenator Geisel da nicht reagiert hat. Unsere Grundrechte-Demo hatte er verboten, die vor dem Reichstag nicht, obwohl im Internet dazu aufgerufen wurde, den Reichstag zu stürmen. Wenn er weiß, dass dort Rechtsextremisten auflaufen und er reagiert nicht, muss ich mich doch wundern. Und jetzt will er es mir in die Schuhe schieben. Das kann er sich abschminken!

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Es gibt immer wieder Berichte darüber, dass Querdenken sich auch sonst nur unzureichend von rechts distanziert. Thomas Berthold gibt dem rechtspopulistischen Magazin „Compact“ ein Interview, Ihr Pressesprecher soll der Reichsbürger-These anhängen, die Bundesrepublik gebe es gar nicht... Sie haben wenig Scheu im Umgang mit Rechten.

Das stimmt nicht. Erstens muss ich fragen: Sind die wirklich rechts? Stimmen diese Behauptungen? Zweitens hat der Weltmeister Thomas Berthold Meinungsfreiheit, dem werde ich nicht vorschreiben, mit wem er sich trifft und mit wem nicht. Wenn er sich entscheidet, ein Interview zu geben, kann er das tun. Ich werde da sicherlich keinem Vorschriften machen, denn das ist es ja wofür Querdenken steht – dass wir den Debattenraum öffnen. Zu meinem Pressesprecher Stephan Bergmann gibt es die Behauptungen, die der Zeitungsverlag Waiblingen verbreitet hat. Sie haben eine Anfrage von uns bekommen, woher sie diese Information haben. Das haben sie bislang nicht beantwortet. Jetzt fragen wir selbst beim Verfassungsschutz an. Aber, ich sag mal so, nur weil es in der Presse steht, muss es nicht wahr sein.

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Die Querdenken-Bewegung ist in Baden-Württemberg besonders stark. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Ja klar. Weil ich sie gegründet habe in Stuttgart und weil dann um Stuttgart herum die ersten Initiativen entstanden sind. Von dort aus ging das Wachstum in andere Bundesländer weiter. Ich habe ja damals gegen das Versammlungsverbot der Corona-Verordnung beim Bundesverfassungsgericht geklagt.

Und Recht bekommen.

Genau. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass Versammlungen auch in einer Pandemie zugelassen werden müssen. Eben unter Auflagen. Unsere erste Demo hatte 180 Teilnehmer, dann waren es 500, dann 7500, dann 25.000. Dann hat der Innenminister von Baden-Württemberg eingegriffen und hat die Demonstrationen auf 5000 beschränkt.

Und deswegen sind Sie weg aus Baden-Württemberg?

Ja, in Berlin gab es keine Mengenbegrenzungen.

Dann wird es spannend, ob Konstanz das zulässt.

Ja, das werden wir dann sehen.

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Die Corona-Vorschriften wurden inzwischen sehr entschärft. Was treibt Sie und Ihre Anhänger trotzdem um?

Letztendlich sind Grundrechte Grundrechte, weil sie jeder wahrnehmen darf. Wenn ich eine Versammlung in Berlin anmelde und ich muss erst mal zum Verwaltungsgericht ziehen, um das durchzusetzen, entspricht das nicht meinem Verständnis von einem Grundrecht. Dann haben wir Probleme mit der Meinungsfreiheit: Wir hatten in Berlin einen Grünen-Politiker auf der Bühne, der zwei Tage später aus der Fraktion ausgeschlossen wurde. Wir haben ein Grundrecht auf Berufsfreiheit, aber es gibt immer noch zahlreiche Branchen, die mit Berufsverboten belegt sind – die Schaustellerbranche, die Veranstaltungsbranche, aber auch viele Freiberufler. Wir haben eine Maskenpflicht zum Teil auch im öffentlichen Raum. Also ich sehe nicht, dass da groß gelockert wurde.

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Es gibt aber auch ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Da muss man eben abwägen, was jetzt gerade dringlicher ist.

Da gebe ich Ihnen voll und ganz recht. Es ging am Anfang darum, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, aber dann waren Zehntausende Klinikmitarbeiter in Kurzarbeit. Da muss man sich schon fragen, warum wir unser Gesundheitssystem nicht nutzen.

Aus Ihren Reihen hört man immer wieder die Aussage, das sei doch bloß eine Grippe. Das blendet aber doch völlig aus, dass es auch sehr schwere Krankheitsverläufe gibt. Ist das nicht hanebüchen, so etwas zu behaupten?

Ich habe das nie gesagt. Ich sage: Es gibt auch andere schwere Krankheiten, wie Tuberkulose, und das Gesundheitssystem ist nicht überlastet. An Tuberkulose sterben weltweit mehr Menschen als an Covid-19.

Ja, das kann sein. Aber dagegen gibt es Medikamente.

Okay. Ich bin ja kein Arzt, diese Detailfragen müssten Sie Ärzten stellen.

Sie kritisieren nicht nur die Corona-Verordnungen und verlangen den Rücktritt der Regierung. Sie wollen auch die Verfassung neu schreiben. Was planen Sie? Eine Revolution?

Nein! Ich bin ja der Meinung, dass wir ein sehr gutes Grundgesetz haben, aber es hat sich eben herausgestellt, dass es uns nicht vor diesen unverhältnismäßigen Einschränkungen schützt. Und deshalb wollen wir uns überlegen, wie wir für mehr Bürgerbeteiligung sorgen könnten.