Das Schnellboot durchpflügt die Bugwellen und lässt die Gischt emporspritzen. Rasant auf dem Bodensee zum entfernten Ufer übersetzen – wäre das nicht ein mondäner Ersatz zu den zeitraubenden Fahrten im Auto, Bus oder in der Bahn um den See herum?
Nachfrage durchaus vorhanden
Auf anderen Binnenseen verkehren Bootstaxis, die spontan für Fahrten gerufen werden können. Hiesige Bootsvermieter am Bodensee bestätigen durchaus entsprechende Nachfragen. Es gibt aber nur ein verschwindend geringes Angebot dafür. Cindy Feurstein-Morscher etwa, die in Bregenz eine Bootsvermietung führt, besetzt die Marktnische.
Der einst vom Opa gegründete Bootsverleih, mit Standorten in Bregenz und in Hard, habe sich auf die Vermietung von Tretbooten und E-Motor-Booten konzentriert. Neben Rundfahrten, auf denen Touristen die Landschaft mal vom See aus erleben können, gibt es während der Bregenzer Festspiele traditionell das Angebot von Transfer-Fahrten per Schiff zur Festspielbühne.
Ihr Vater, der Bootsvermieter und Taxiunternehmer in Bregenz war, hatte schon 1991 die Idee, die Dienste zu Wasser um ein Seetaxi zu erweitern. Die Bootsvermietung Feurstein bietet seitdem individuell zu buchende Fahrten mit dem 250 PS-starkem Motorboot der Marke Sea Ray SPX 230 an.
Ob Geschäftsmann oder Geschäftsfrau, die schnell mal ans Schweizer Ufer wollen, oder Touristen, die in der Gruppe einen Trip zur Insel Mainau unternehmen wollen: Anfragen gebe es regelmäßig, sagt Feurstein-Morscher. Bis zu zehn Personen hätten im Schnellboot Platz, das mit bis zu 40 Stundenkilometer über den See pflügen könne. Theoretisch könnte das Seetaxi auch schneller – aber Tempo 40 sei die zulässige Höchstgeschwindigkeit.
Von April bis Oktober sei das Boot einsatzbereit, allerdings nur an schönen Tagen, weil es keinen Regenschutz für die Passagiere habe. Preiswert ist das Vergnügen nicht: Eine halbstündige Fahrt koste 150 Euro. Bei längeren Fahrten koste jede Fahrtstunde 230 Euro.
Wer mit dem Seetaxi etwa von Bregenz zur Insel Mainau übersetzen, dort zwei Stunden verbringen und dann wieder zum Heimathafen zurückkehren wolle, der bezahle rund 540 Euro. Rund 75 Minuten dauert dabei die Fahrt von Bregenz aus – mit dem Auto muss man mindestens rund 90 Minuten planen.
Für eine Einkaufstour nach Konstanz würden 440 Euro aufgerufen; in diesem Fall würde die Stehzeit des Bootes während des Landgangs noch zusätzlich je Stunde berechnet, sagt Feuerstein-Morscher.
Für 540 Euro zur Insel Mainau
Was teuer klingt, kann sich aber rechnen – etwa für eine zehnköpfige Gruppe, die eine Fahrt plane. Angesichts der Zeitersparnis sowie mit Blick auf den Erlebnisfaktor sei der Einzelpreis pro Person vertretbar, findet Feurstein-Morscher. Sie räumt aber ein, dass der Dienst exklusiv und wegen des Preises kaum massentauglich sei.
Wundern täte sie sich aber schon, dass es etwa in Konstanz kein vergleichbares Angebot gebe, sagt die 36-Jährige. Aus der Konzilstadt erhalte sie immer wieder Anfragen für einen Transfer, etwa von Konstanz nach Meersburg. Weil für die An- und Rückfahrt des Bootes aber zwei Leerfahrten eingepreist werden müssten, sei das vielen Interessenten zu teuer.

Die Kosten nennt man auch bei den Bodensee Schiffsbetrieben als Hindernis für einen Taxibetrieb zu Wasser. Für den Betreiber der sogenannten Weißen Flotte wäre ein Angebot von spontan zu buchenden Taxibooten schlicht nicht wirtschaftlich. Es müsste Personal vorgehalten werden. Vor allem aber wäre der Betrieb der Schiffe wegen vergleichsweise hoher Kraftstoffkosten viel zu teuer, sagt Christopher Pape, der Sprecher der Bodensee Schiffsbetriebe, die große Fahrgastschiffe auf dem See betreibt.
Pape bezweifelt, dass See-Taxi-Fahrten eine Zeitersparnis böten. Ein individuelles Angebot, zusätzlich zu Linienschiffen, Fährschiffen sowie dem zwischen Friedrichshafen und Konstanz pendelnden Katamaran, sei deswegen kaum vorstellbar, bekräftigt Pape.
Taxi-Konzepte zu Wasser gibt es durchaus
Ganz abwegig ist ein Taxi-Konzept zu Wasser aber nicht. In Großstädten mit Wasserstraßen gibt es Angebote. So pendeln in London auf der Themse etwa die Thames Clippers – ein Bootsdienst zwischen Zentrum und Stadtteilen entlang des Flusses. Der Schiffsbetrieb ist nicht nur für Touristen, sondern auch für Berufspendler attraktiv.
Auch werden in London Hop-on Hop-off-Tagestickets angeboten, mit denen – gleich einem Tagesticket im öffentlichen Nahverkehr – die Boote auf dem Fluss am Tag beliebig oft genutzt werden können. Allerdings müssen sich Passagiere nach den Fahrplänen richten. Das gilt übrigens auch für die HADAG-Fähren, die in Hamburg im Hafen und entlang der Elbe verschiedene Anleger regelmäßig ansteuern.
Der Bootsverkehr sei nicht zwingend eine Alternative zu Bahn und Bus und schon gar nicht als Pendant zu Ruf-Taxis zu Lande, meint auch Marc Fluck, der seit Jahrzehnten eine Bootsvermietung in Konstanz und in Friedrichshafen betreibt. „Natürlich habe ich mich damit beschäftigt“, sagt der 52-Jährige. Das Geschäftsmodell eines Ruftaxis zu Wasser gebe es ja auf anderen Seen.
Etwa auf dem Gardasee oder auf dem Comersee, sagt Fluck. Am Bodensee hält aber auch er die Idee nicht für realisierbar, auch wegen des Tempolimits. Für einen Ruf-Taxi-Betrieb zu Wasser bräuchte es nach Ansicht von Fluck ein Unternehmen, das an vielen Orten am Seeufer Boote stationiert, die auch für kurze Strecken verfügbar sind und schnell geordert werden können. Auch Fluck verweist auf die hohen Personalkosten und Spritkosten, die anfallen würden.
So eine Kalkulation gehe nicht auf. „Wir müssten Preise verlangen, für die man eine Flugreise buchen könnte“, sagt Fluck, räumt aber ein, dass es Menschen gebe, die das Geld dafür haben und sich das leisten wollen.