Udo Schulz steht einigermaßen zufrieden vor dem Landgericht in Hechingen: „Jetzt ist das Thema durch. Das war Schadensbegrenzung. Dann bin ich jetzt ein guter Spaziergänger.“ Kurz zuvor war der Corona-Demonstrant nach einem Geständnis vom Landgericht verurteilt worden – aber deutlich milder, als es in erster Instanz der Fall war.
Sein Fall hatte überregionale Aufmerksamkeit erregt, weil Schulz mit seinen beiden Hunden und einem Holzkreuz auf der Schulter einen Protestzug vor das Privathaus von Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Sigmaringen-Laiz (Grüne) geführt hatte. Der Verurteilte muss nun 16.000 Euro Strafe in 80 Tagessätzen zu 200 Euro zahlen.
Im Verlauf des Berufungsprozesses am Mittwoch gestand Udo Schulz „vollumfänglich die Tatvorwürfe“, also auch, die unangemeldete Demonstration angeführt zu haben. Im ursprünglichen Prozess vor dem Sigmaringer Amtsgericht hatte er das noch bestritten. Das Urteil des Amtsgerichts Sigmaringen hatte eine Strafzahlung über 30.000 Euro in 120 Tagessätzen zu 250 Euro vorgesehen, dagegen hatte die Verteidigung Berufung eingelegt.
Entschuldigung bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann
Außerdem entschuldigte sich der Angeklagte beim Ministerpräsidenten und rief öffentlich dazu auf, von solcherlei Protest abzusehen – so verlasen es seine Anwälte in einer Erklärung. Geständnis und Entschuldigung waren Ergebnis eines von der Verteidigung angeregten Rechtsgesprächs, das vor allem auch zum Ziel hatte, einen Eintrag in das Vorstrafenregister zu vermeiden. Eine solche Eintragung erfolgt bei Strafen über 90 Tagessätzen.
Schulz‘ Konstanzer Anwalt Tomislav Duzel sagte in seinem Plädoyer, es sei nicht die Absicht seines Mandanten gewesen, Menschen zu verängstigen. Sein zweiter Verteidiger Dirk Sattelmaier aus Köln, der bei der Bundestagswahl 2021 für die „Querdenker“-Partei „Die Basis“ antrat, sagte: „Er sieht ein, dass es kontraproduktiv ist, unangemeldete Demonstrationen durchzuführen. Mein Mandant ruft dazu auf, den vorgegebenen Weg dafür zu nutzen.“
Die Verteidigung forderte mit 60 Tagessätzen zu 200 Euro die von der Kammer genannte Untergrenze als Strafmaß – Obergrenze waren 90 Tagessätze. Rechtsanwalt Duzel erklärte, bei vergleichbaren Fällen seien überwiegend 30 bis 40 Tagessätze verhängt worden. „Strafverschärfend ist sicherlich der Gang vor das Privathaus. Der Angeklagte sieht diesen Fehler ein. Seine Entschuldigung und öffentliche Erklärung müssen zu seinen Gunsten ausgelegt werden.“
Gericht folgt der Staatsanwaltschaft
Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Beiter sagte in seinem kurzen Plädoyer: „Wer Rechte fordert, muss auch Rechte einhalten.“ Er sprach sich für ein Strafmaß von 80 Tagessätzen zu 200 Euro aus, dem das Gericht schließlich folgte.
Richter Volker Schwarz betonte in der Urteilsverkündung, dass Politiker und Amtsträger Schutz verdienten. Vor allem aber müsse deren Funktion von der Privatperson getrennt werden. Die von Schulz angeleitete Veranstaltung habe „massiv diese Grenze überschritten“. Gerade mit Blick auf immer weniger Bewerber für kommunalpolitische Ämter sei deren Schutz geboten.
Verteidigung will auf Revision verzichten
Den Prozess verfolgten auch einige Mitstreiter von Udo Schulz im Gerichtssaal, in den Reihen war immer wieder von „Bauernopfer“ die Rede.
Das Rechtsmittel der Revision ist noch möglich, Anwalt Tomislav Duzel sagte dem SÜDKURIER nach Prozessende aber, dass die Verteidigung darauf verzichten werde. Schon in seinem Plädoyer hatte Duzel davon gesprochen, dass das Verfahren seinen Mandanten belastet habe.