Wie geht es den Vereinen im langen Lockdown, wie halten sie Kontakt zu ihren Mitgliedern, was tun sie, damit die Gemeinschaft nicht verloren geht und wie sieht ihre finanzielle Lage aus? Der SÜDKURIER hat sich bei den Bermatinger Vereinen umgehört.

Seit November rollt beim SV Bermatingen der Ball nicht mehr. Weder beim Training, noch im Spielbetrieb. „Momentan ist das ganze Vereinsleben auf Null gefahren“, sagt Vorsitzender Klaus Gommeringer. Der Bau des Sportlerheims erfordert jedoch Kommunikation. Abstimmungen erfolgen via Telefon, Zoom-Meetings und Whatsapp.

Der Spielbetrieb ist eingestellt, auch die Grundschüler, wie hier aus Leimbach und Bermatingen, treten vorerst nicht mehr gegeneinander an.
Der Spielbetrieb ist eingestellt, auch die Grundschüler, wie hier aus Leimbach und Bermatingen, treten vorerst nicht mehr gegeneinander an. | Bild: Christiane Keutner

Schwierig sei es, weil nur eine Person vor Ort sein dürfe, wenn beispielsweise gewisse Bauabnahmen nötig sind, wie kürzlich wegen der Möblierung. „Wir halten uns strikt an die Kontaktbeschränkung“, so Gommeringer.

Reger Austausch im Vorstandsteam

Es gibt zwar einen regen Austausch innerhalb der Vorstandschaft, doch wegen der untersagten Aktivitäten sei es schwer, zu den Mitgliedern Kontakt zu halten. Dass die Gemeinschaft darunter leide, befürchtet Klaus Gommeringer nicht: „Die Fußballer sind ein Volk für sich, die Gemeinschaft geht sicher nicht verloren.“

Man merke die Auswirkung des Lockdowns aber vereinzelt als Beschleuniger bei Mitgliedern, die sich überlegt haben, aufzuhören. Tatsächlich habe es einige Austritte gegeben, allerdings eher von sechs, sieben passiven Mitgliedern.

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Wie sieht es finanziell aus? „Schwierig, dadurch, dass wir sehr viel investiert haben an Eigenleistung und monetär, über 50 000 Euro.“ Dem gegenüber stünden fehlende Einnahmequellen durch Spielbetrieb, Jugendturniere, Bezirkspokalspiele, Weinfest, Weihnachtsmarkt und auch das Sponsoring sei komplett auf Eis gelegt.

Laufende Kosten wie Versicherung, Telekom, Internetanschluss müssten bezahlt werden; eine Zeit lang könnte man das Ganze noch überbrücken. Ein Trost mag da der erkämpfte Platz im guten Mittelfeld der Bezirksliga sein.

Die Turnhalle bleibt verwaist

„Uns geht es nicht so gut, wir würden uns gerne wieder treffen, deswegen geht man in den Verein und nicht in ein anonymes Sportstudio, in dem man alleine für sich trainiert. Uns Vereinsmenschen fehlt die Gemeinschaft natürlich unheimlich und draußen darf man auch nur zu zweit Sport machen“, bedauert Turnvereins-Vorsitzende Angelique Lerner.

„Uns geht es nicht so gut, wir würden uns gerne wieder treffen, deswegen geht man in den Verein und nicht in ein anonymes Sportstudio, in dem man alleine für sich trainiert.“
Angelique Lerner, Turnvereins-Vorsitzende

„Die Turnhalle wartet auf uns. Wir richten uns nach der Corona-Sportverordnung des Landes und unser Hygiene-Konzept, das mit der Gemeinde als Träger der Einrichtung besprochen wurde, liegt in der Schublade. Das ist nicht ganz einfach mit den Verordnungen. Aus der Vergangenheit haben wir gelernt, dass sich innerhalb weniger Stunden etwas verändern kann.“

Die Verantwortlichen haben Quadrate in der Halle gemalt und gezogen, damit man den Abstand auch optisch sieht, um Schutz zu gewährleisten. „Wir scharren mit den Hufen und warten drauf, dass wir wieder gemeinsam Sport treiben dürfen“, berichtet Lerner.

Und wie sieht es finanziell aus? Dem Turnverein fehlten natürlich die Einnahmen seiner Feste, aber momentan sei es noch machbar. Pläne für 2021 wurden gemacht, aber die seien wieder am Bröckeln: „Wir haben alles sehr weich geplant und bis Mai ist schon wieder alles abgesagt worden“, so Lerner.

Schützenverein lebt von Rücklagen

Auf Null runtergefahren hat der Schützenverein seine Aktivitäten. „Es gibt weder Training noch Wettbewerbe, alle Meisterschaften sind abgesagt“, so Vorsitzender Franz Kutter. Mit den Hygieneregeln sei der Betrieb nicht umsetzbar und man wolle nicht einen Hygienebeauftragten im Falle eines Falles zur Verantwortung ziehen müssen.

„Wenn etwas ansteht, telefonieren wir uns zusammen; Online-Veranstaltungen in unserer Vereinsgröße lohnen sich nicht“, so Kutter. Dadurch, dass das – geschlossene – Vereinsheim im Prinzip die einzige Einnahmequelle sei, gebe es auch keine Einnahmen. Andererseits hätte der Verein auch keine Kosten wie für die Heizung. „Wir müssen jetzt von unseren Rücklagen leben. Wir haben die vergangenen Jahre gut gewirtschaftet, aber es geht an die Substanz und müssen nun auf geplante Projekte verzichten.“

Und auch die Aktivitäten beim Schützenverein liegen komplett brach.
Und auch die Aktivitäten beim Schützenverein liegen komplett brach. | Bild: Christiane Keutner

Die Stand-Sanierungen hätten größere Summen verschlungen, da der Verein seine Gebäude selbst instand halten müsse. Müßig sei es, jetzt Termine zu machen, so Franz Kutter: „Meine persönliche Einschätzung ist, dass frühestens im Sommer Aktivitäten stattfinden können. An Normalität in 2021 glaube ich nicht, Corona wird uns das ganze Jahr beschäftigen.“

Gemeinsames Musizieren verboten

Leise ist es auch beim Musikverein Ahausen geworden. „Uns geht es nicht so gut, wir leben vom Zusammensein und vom gemeinsamen Musizieren, das ist ja verboten“, sagt Vorsitzender Maurice Parent. Auch in kleinen Gruppen sei das nicht möglich. Deshalb gebe es auch so gut wie keinen Kontakt.

Um den zu behalten hatte der Vorsitzende jedem Mitglied ein kleines Neujahrs/Weihnachtspaket gebastelt und vor die Türe gestellt: Es beinhaltete neben dem ansonsten in der letzten Probe vor Weihnachten überreichten Klausemann, je nach Alter und Geschmack eine entsprechende Flasche – und eine Klopapier-Rolle. „Damit die Mitglieder merken, man hat sie nicht vergessen, und dazu bewegt, beim Verein bleiben“, so Maurice Parent.

Das Jahreskonzert des MV Ahausen ist für November geplant. Hier eine Aufnahme vom bisher letzten 2019.
Das Jahreskonzert des MV Ahausen ist für November geplant. Hier eine Aufnahme vom bisher letzten 2019. | Bild: Christiane Keutner

Es fehlten die Einnahmen der Feste, weil der Verein von diesen lebe. Aber er hatte noch Glück. Der Nachtumzug im Januar 2020 fand noch statt und habe etwas Geld gebracht, ebenso die Dinnele-ToGo-Aktion, wobei sie mit dem Mostfest nicht vergleichbar sei. „Wir hatten Glück, dass 2019 das beste Mostfest aller Zeiten war, was die Zahlen betrifft“, berichtet Parent.

2022 steht ein Jubiläum an

Zeit wäre jetzt für interne Projekte wie die Renovierung des Probelokals. Mit einem Haken: Es dürften nur zwei Haushalte kommen, dadurch stagniert das auch etwas. Bedauert wird bei den Musikern auch, dass 2020 das 40-jährige Bestehen des Mostfests nicht gefeiert werden konnte. 2022 steht ein weiteres Jubiläum an: 150 Jahre Musikverein Ahausen. Doch ob das gebührend gewürdigt und gefeiert werden kann, ist von anderen Faktoren abhängig.

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Pläne für 2021 gibt es dennoch: Für das Mostfest sind die Tage vom 2. bis 5. Juli im Kalender vermerkt, doch an die Realisation glaubt Maurice Parent nicht. Alternativ würde es ein Platzkonzert geben. Vorgesehen ist Ende August ein kleines Ackerkonzert und im November das Jahreskonzert.