So ein schöner Termin: Bei Sofie Schellinger in der gemütlichen Küche sitzen, zuschauen, wie sie Fasnetsküchle bäckt und sich auf einen Kaffee mit ihr und Versucherle freuen!

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Ja, die Fasnacht muss schon zum zweiten Mal ausfallen, aber das hält die 91-Jährige nicht von Traditionen ab, Gottseidank! Gleich und gerne willigt sie ins Schaukochen ein und lässt sich auch das Rezept abluchsen. Es steht so in kaum einem Kochbuch und auch das Internet gibt für Fasnetsküchle, die je nach Region auch als Scherben oder einfallslos und profan als Schmalzgebackenes bezeichnet werden, oft die Zugabe von Hefe vor.

In dieser Zubereitung ist das Triebmittel hingegen nicht nötig, und somit eignet sich der Teig explizit für Schnellentschlossene und „Aufdieletzteminutebäcker“ wie mich: In einer Viertelstunde ist das Ganze zusammengerührt und man kann die Stückle im leicht siedenden Öl baden lassen.

Nur drei bis vier Millimeter dick soll der Teig für die Fasnetsküchle sein.
Nur drei bis vier Millimeter dick soll der Teig für die Fasnetsküchle sein. | Bild: Christiane Keutner

Das Familienrezept wird über Generationen vererbt

Aber von vorn: „Es ist ein ganz altes Rezept von meiner Mutter, ich hab‘ es nur etwas geändert. So nehme ich lieber Dinkelmehl, das ist gesünder“, sagt die Hildegard von Bingen-Anhängerin, die auch sonst noch allerlei Stärkungs- und Gesundheitsmittel nach der Idee der Klosterfrau braut und rührt.

Das muss wirken, denn die 91-Jährige ist geistig wie körperlich fit, wuselt in der Küche herum und lässt sich auch von den Hunden, dem Deutsch-Drahthaar Xara und dem Rauhaardackel Lexi, und ihrer quirligen Urenkelin Marie nicht ablenken. Sofie Schellinger weiht das Mädchen in die Herstellung der Fasnetsküchle ein. „Das ist keine große Kunst“, wehrt die 91-Jährige ab.

Beim Backen der Fasnetküchle Video: Christiane Keutner
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Für viele aber doch. Denn es braucht schon etwas Gefühl, bis die rautenförmigen Leckereien fertig sind. Den Teig hat sie an diesem Tag schon zusammengerührt, weil sie am Morgen noch zu einer Diamantenen Hochzeit eingeladen war. Mittagsschlaf? Kommt eh nicht in Frage. Also gleich in die Vollen!

In Rauten geschnitten erhalten die Fasnetsküchle ihre typische Form.
In Rauten geschnitten erhalten die Fasnetsküchle ihre typische Form. | Bild: Christiane Keutner

Der runde Teigkloß wird ausgewellt, drei bis vier Millimeter dick. „Halt wie Weihnachtsplätzle“, so Sofie Schellinger. Mit einem Teigrädle rollt sie Rauten aus. Das gibt schöne Kanten. Jetzt die Probe: Sie hält das Stilende eines Holzlöffels ins Öl, Marie schaut ihr konzentriert zu: „Wenn es am Stil kleine Perlen gibt, dann kann man die Küchle reintun“, erklärt die Urgroßomi. Brodeln sollte das Öl nicht, denn sonst würden die Küchle außen verbrennen und innen noch roh bleiben.

So sollen die Fansetsküchle aussehen, bevor sie im Ölbad schwimmen dürfen.
So sollen die Fansetsküchle aussehen, bevor sie im Ölbad schwimmen dürfen. | Bild: Christiane Keutner

Der Hund bekommt das erste Probestück

„Man muss halt immer mal wieder probieren und das erste Probestück gehört dem Hund. Das hat meine Schwiegermutter immer gesagt.“ Schöne Traditionen muss man aufrechterhalten. Die zwei raufelligen Vierbeiner sind der gleichen Meinung und wissen diese zu schätzen. Und auch die Familienmitglieder, von denen drei mal kurz reinschauen und sich ein, zwei Küchle stibitzen, wie Schwiegertochter Tina und Enkelin Stefanie mit Toni.

Vier, fünf Fasnetsküchle sollten maximal auf einmal im Topf schwimmen.
Vier, fünf Fasnetsküchle sollten maximal auf einmal im Topf schwimmen. | Bild: Christiane Keutner
Die Küchle im heißen Ölbad Video: Christiane Keutner
Das Probeküchle gehört dem Hund, sagte Sofie Schellingers Schwiegermutter. Das freut Hündin Xara, dem Marie auch ein zweites gönnte.
Das Probeküchle gehört dem Hund, sagte Sofie Schellingers Schwiegermutter. Das freut Hündin Xara, dem Marie auch ein zweites gönnte. | Bild: Christiane Keutner

Ein Teigling nach dem anderen, maximal vier auf einmal, lässt die 91-Jährige vorsichtig ins Öl plumpsen, wedelt mit ihrer Stricknadel die Stücke auseinander und dreht sie, nachdem sie leicht angebräunt sind, mit einem eleganten Schubs auf die andere Seite, bis auch diese mittelbraun ist. Mit der Schaumkelle werden sie rausgenommen und auf Küchenkrepp abgetropft. Leicht abgekühlt, darf Marie sie in Zimt und Zucker wenden. Fertig!

Konzentriert bei der Sache: Marie wendet die leicht abgekühlten Fasnetsküchle in Zimt und Zucker, während die Uromi weiteren Teig auswellt.
Konzentriert bei der Sache: Marie wendet die leicht abgekühlten Fasnetsküchle in Zimt und Zucker, während die Uromi weiteren Teig auswellt. | Bild: Christiane Keutner

Rund 150 bis 200 Stück hat Sofie Schellinger immer am Schmotzigen Dunschdig gemacht. Seit 1956, seit ihrer Heirat, 65 Jahre lang. Quasi ein eisernes Jubiläum. Zwei, drei Stunden stand sie mit Herdplatte im Hof unter Dach, denn ein Negatives hat das Backen in Öl: Die Küche riecht intensiv nach Fett und man selbst noch langanhaltend wie ein Pommes frites.

Drei Generationen sind sich einig: Die Fasnetsküchle schmecken extrem lecker! Von links: Tina, Marie und Sofie Schelllinger.
Drei Generationen sind sich einig: Die Fasnetsküchle schmecken extrem lecker! Von links: Tina, Marie und Sofie Schelllinger. | Bild: Christiane Keutner

Über die Küchle haben sich – vor Coronazeiten – immer die Narren hergemacht. Morgens um 9 kamen und kommen die fünf Holzfäller, um den Narrenbaum im Gemeindewald zu schlagen und auf den Hof zu bringen. Ihnen servierte Sofie Schellinger bis vor wenigen Jahren ein Rehessen. Anschließend kam der Musikverein, der den Baum mit einer Kinderschar und Erwachsenen abgeholt hat. Sie wurden mit Kaffee und den Fasnetsküchle bewirtet. Seit einigen Jahren backen „die Jungen“, wie sie sagt, Kuchen auf die Hand, und das närrische Treiben wurde von Küche und Wohnstube in eine Holzhalle verlagert – aber die Küchle von Sofie sind immer als erste weg. Was Wunder: Sie sind einfach wundervoll lecker!

Geschafft! Alle Küchle sind gebacken und werden jetzt zu einer schönen Tasse Kaffee probiert.
Geschafft! Alle Küchle sind gebacken und werden jetzt zu einer schönen Tasse Kaffee probiert. | Bild: Christiane Keutner