Das Urteil von Richter Franz Bernhard war kurz und bündig: Die Unterbringung des 48-jährigen Mannes aus Friedrichshafen in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet. Ausgangspunkt hierfür sei die bipolare Störung. Dazu Bernhards sehr persönliche Feststellung: „Wir bedauern, dass er so schwer erkrankt ist. Aber es geht darum, die Sicherheit der Allgemeinheit zu gewährleisten.“
„Kein Zweifel an der Vorsätzlichkeit der Tat“
Denn für die Strafkammer des Landgerichts Ravensburg bestand kein Zweifel, dass der Mann im Februar 2021 Holzlatten und andere Gegenstände auf die Gleise gelegt hatte, sodass ein Interregio von Basel nach Ulm auf der Höhe von Kluftern zu einer Schnellbremsung gezwungen war. „Es besteht kein Zweifel an der Vorsätzlichkeit der Tat“, so Bernhard.
Der zweitägige Prozess offenbarte einmal mehr das Problem der Justiz, die Allgemeinheit vor psychisch kranken Straftätern zu schützen. Eine bipolare affektive Störung lässt Betroffene zwischen Manie und Depression hin und her pendeln, ohne dass sie dies willentlich kontrollieren oder steuern können. Bei dem Beschuldigten trat die Krankheit im Alter von 18 oder 19 Jahren auf. Fast 40 Mal war er deshalb in psychiatrischer Behandlung oder zwangsweise untergebracht, schilderte der Sachverständige Tobias Hölz vom Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Weissenau den Leidensweg eines Menschen, der alle familiären und sozialen Bindungen verloren hat.
Von einer menschlichen Tragödie ist die Rede
Der so Beurteilte, seit fünf Monaten im ZfP, saß äußerlich teilnahms- und regungslos neben seinem Pflichtverteidiger Rüdiger Emrich, der seinen Mandanten als freiheitsliebenden Menschen charakterisierte und den Antrag auf Unterbringung nachvollziehbar, aber bedauerlich nannte. Die Angriffe und Beleidigungen gegen Ordnungsbeamte und Polzisten hält Emrich für Kurzschlussreaktionen und „keine schlimmen Straftaten“. Von einer menschlichen Tragödie spricht Oberstaatsanwalt Martin Hengstler, aber die Unterbringung sei anzuordnen und nicht zur Bewährung auszusetzen.
Sachverständiger: „Im Moment ist die Unterbringung notwendig“
Und wie geht es weiter? Ist der Verbleib in der geschlossenen Psychiatrie mit Zwangsmedikation und ohne Hoffnung auf Lockerung unumkehrbar? Psychiater Tobias Hölz sagt, „im Moment ist die Unterbringung notwendig“. Vorstellbar sei jedoch, dass der Mann nach entsprechender Vorbereitung in einer Einrichtung der Sozialpsychiatrie Aufnahme findet, wo er einen Betreuer ebenso akzeptiert wie die regelmäßige Einnahme der notwendigen Medikamente. Denn: „Sonst sind wieder Delikte zu erwarten.“