Heinrich Straub ist jemand, der sich gern engagiert: Als der studierte Forstwirt mit Verwaltungsausbildung 1983 aus dem Allgäu nach Daisendorf zog, um als Revierförster die Wälder des Markgrafen von Baden zu betreuen, war seine Expertise im Ort schnell gefragt. Als Mitglied im Dorfsanierungsausschuss begleitete er unter anderem den Neubau von Rathaus und Bauhof sowie die Neugestaltung von Straßen.
Im Jahr 1989 habe ihn dann der frühere Wirt des „Dorfkrugs“, Gerhard Brunner, überredet, auch für den Gemeinderat zu kandidieren. Straub wurde auf Anhieb gewählt und blieb anschließend ganze 22 Jahre dabei, bis September 2011.

„Das war eine spannende Zeit“, erinnert sich der Altgediente. Etwa wenn es um die – damals von Bürgern und Gemeinderat durchaus kontrovers diskutierte – Einführung von Tempo 30 ging. Damals habe der Markgraf noch eine Imprägnieranlage im Ort betrieben, sagt Straub. Aus den Palisaden habe man selbst Verkehrsinseln gezimmert und diese dann an immer wieder unterschiedlichen Stellen getestet.
Als der Lebensmittelladen schloss
Pragmatisch ging es auch zu, als der Lebensmittelladen in der Ortsmitte zumachte, der sich mit Volksbank, Sparkasse und Post neben dem Rathaus befand. Für eine Übergangszeit habe man den Meersburger Bäcker Kränkel gewinnen können. „Der kam mehrmals die Woche und baute im Foyer des neuen Rathauses seinen Verkaufsstand auf“, erinnert sich Straub. Das sei maßgeblich dem langjährigen Bürgermeister Keser zu verdanken gewesen.
Doch langfristig wollte man wieder einen richtigen Laden im Ort, hatte sich vom Einzelhandelsverband beraten lassen und mit Handelsriesen Gespräche geführt. Mit Coop in Ulm wurde man sich schließlich einig. Ulrich Bernhard, damals ebenfalls Gemeinderat, baute auf seinem Grundstück den Einkaufsmarkt, der heute von Rewe betrieben wird. „Das war gar nicht so einfach“, blickt Straub zurück. Für die Bebauung der anderen Straßenseite waren Hürden bei Kreisverwaltung und Regionalverband zu überwinden.
Gut in Erinnerung ist Straub auch noch die Weiterentwicklung des Kindergartens als Betreuungsort zum Kinderhaus mit pädagogischem Konzept. „Da haben wir alle viel gelernt.“ Und ebenso, als der Gemeinde Flüchtlinge aus Ost- und Südosteuropa zugewiesen wurden. Für die hatte man flugs eine Unterkunft gebaut – dort, wo heute die Pizzeria „Capri“ steht. Zu manchen hat Straub noch heute Kontakt.
Eine „schwierige Zeit“ sei für ihn indes nach dem Amtsantritt von Bürgermeister Lemke gekommen. Zwei Jahre später hatte er das Handtuch geworfen, Stuckateur Markus Schramm rückte für ihn nach. „Das war kein leichter Schritt“, sagt Straub. Es tue durchaus weh, Dinge auf diese Weise abzubrechen. Doch „wir kamen einfach nicht zusammen“.

Acht Jahre später dann der Neustart: Nach dem Antritt von Bürgermeisterin Jacqueline Alberti habe es eine Aufbruchstimmung gegeben. Straub ließ sich erneut überreden, mit frischem Elan für das Gremium anzutreten. Doch schon 2021 begann es zu knirschen. Es hätten sich Vorfälle gehäuft, wo „die Bürgermeisterin plötzlich vom gemeinsamen Weg links abgebogen ist, ohne auch nur zu blinken“. Ihn selbst hat offensichtlich der gescheiterte Biodiversitätspfad getroffen, in dessen Konzeption er viel Arbeit gesteckt hatte. Ob aber der offene Brief, den er und sieben weitere Ratsmitglieder im Januar verlesen hatten und der zum endgültigen Bruch führte, der richtige Weg war? „Wir wussten nicht mehr, was wir sonst noch hätten tun sollen.“ So trat Straub, wie acht weitere Mitglieder des zehnköpfigen Gremiums, zur jüngsten Wahl nicht mehr an.
Jahre „bereichernd und sehr lehrreich“
Und wie blickt er auf seine fast 27 Jahre im Rat zurück? „Sie waren bereichernd und sehr lehrreich für mich.“ Damals habe es viele Klausurtagungen und gemeinsame Ausflüge gegeben, ob zu Seniorenheimen, Neubaugebieten oder Energieprojekten. Daraus sei auch die Energiekonzeptgruppe mit engagierten Ingenieuren entstanden; aus dieser wiederum die Energiegruppe im neuen Daisendorfer Gemeinderat. Letztlich bleibe einerseits das gute Gefühl, „etwas auf den Weg gebracht“ zu haben, andererseits die Enttäuschung über die Dinge, die „steckengeblieben“ seien.
Was Straub ebenfalls „etwas schade“ findet, ist, dass aus dem 1972 gegründeten Gemeindeverwaltungsverband „nie mehr geworden ist“. Beim Tourismus etwa, bei interkommunalen Gewerbegebieten, beim Nahverkehr oder auch der kommunalen Wärmeleitplanung hätte man „sicher mehr zusammen machen können“.