Lediglich ein leichtes Wummern ist rund um das Einfamilienhaus im Daisendorfer Höhenweg zu hören, als der Bagger seinen Bohrmeißel immer tiefer in die Erde schraubt. In Zwei-Meter-Stücken wird das Bohrgestänge Stück für Stück verlängert, bis das 15 Zentimeter breite Bohrloch inmitten der Garagenauffahrt knapp 200 Meter tief ist.

„Sehen wird man davon später nichts“, erklärt Willi Franz, vor dessen Haustür der Bagger in einigen Tagen ebenfalls graben wird und der die Gemeinschaftsaktion in Daisendorf koordiniert. Denn etwa einen Meter unter der Erde würden die Erdsonden – zwei vier Zentimeter dicke Kunststoffrohre in U-Form – unter der Erde ins Haus geführt. Die Einfahrt wird dann wieder zugepflastert.

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Elf Erdbohrungen in zwei Wochen

Insgesamt elf solcher Erdbohrungen finden innerhalb von zwei Wochen im Ort statt. Dafür hat die Daisendorfer Energiekonzeptgruppe, deren Mitglied Franz ist, als umweltfreundliche Alternative zu Öl und Gas geworben. Bereits jetzt gibt es weitere Interessenten, sodass nächstes Jahr weitere Bohrungen folgen sollen.

Die rührigen Mitglieder der Energiegruppe (von links): Willi Franz (77), Eckhard Kienscherf und Hermann Henseler (beide 84).
Die rührigen Mitglieder der Energiegruppe (von links): Willi Franz (77), Eckhard Kienscherf und Hermann Henseler (beide 84). | Bild: Jürgen Baltes

Die längste Sonde wird ganze 220 Meter tief ins Erdreich führen. „Das ist bei uns unproblematisch“, erklärt Franz, denn der Untergrund bestehe weitgehend aus Molasse. Das Freiburger Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau habe vor Jahren selbst eine Probebohrung bis in 388 Meter Tiefe durchgeführt und daher ohne Bedenken die Genehmigung erteilt. „Über 100 Meter muss das Bergamt zustimmen“, erklärt Franz und ergänzt: „Darunter reicht die Genehmigung des Landratsamts in Friedrichshafen.“

Der Aushub, der während der Arbeiten regelmäßig begutachtet wird, besteht überwiegend aus Molasse.
Der Aushub, der während der Arbeiten regelmäßig begutachtet wird, besteht überwiegend aus Molasse. | Bild: Jürgen Baltes

Dass die Erdwärme in Daisendorf auf solch großes Interesse stößt, dürfte nicht zuletzt Eckhard Kienscherf zu verdanken sein, ebenfalls Mitglied der Energiegruppe. Der pensionierte Ingenieur, der zuletzt für die koreanische Raumfahrtbehörde tätig war, hat bereits vor neun Jahren seine Ölheizung gegen eine Wärmepumpe getauscht, verbunden mit einer Photovoltaikanlage.

3400 Kilowattstunden Strom statt 2300 Liter Öl

Seine Rechnung: Statt 2300 Liter Öl im Jahr braucht seine Heizung heute rund 3400 Kilowattstunden Strom – von dem er einen Großteil selbst erzeugt. „Günstiger geht es nicht“, sagt Kienscherf. Zudem könne er „die bislang komplett wartungsfreie Anlage“ im Sommer zur Kühlung nutzen.

Kienscherf, der sämtliche Verbrauchsdaten akribisch nachhält, führt noch einen interessanten Aspekt an. Eine Erdwärmepumpe komme auf eine Jahresarbeitszahl zwischen fünf und sechs – in seinem Fall 5,7. Sprich: Aus einer Kilowattstunde Strom wird das Fünf- bis Sechsfache an Wärme gewonnen. Luftwärmepumpen dagegen schaffen deutlich weniger. Denn bei niedrigen Temperaturen vereisten die Wärmetauscher in der Außeneinheit und müssten mit zusätzlicher Energie wieder aufgetaut werden, was der Effizienz schadet.

Hermann Henseler und Willi Franz begutachten die 200 Meter lange Erdsonde, die später in das Bohrloch eingelassen wird.
Hermann Henseler und Willi Franz begutachten die 200 Meter lange Erdsonde, die später in das Bohrloch eingelassen wird. | Bild: Jürgen Baltes

Rund 50.000 Euro Kosten für Erdwärmeheizung

Allerdings müssen die Daisendorfer für die Erdbohrungen erst einmal tief in die Tasche greifen. Je nach Bohrtiefe werden etwa 20.000 bis 22.000 Euro allein für die Sonde fällig. Insgesamt koste eine Erdwärmeheizung gute 50.000 Euro, schätzt Franz. Davon würden derzeit allerdings 35 Prozent vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gefördert.

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Energiegruppe hat noch mehr Ideen

Unterdessen hat die Energiegruppe bereits weitere Ideen. Man könnte etwa auf der grünen Wiese oder Freiflächen im Ortskern im größeren Stil Erdwärmesonden installieren und damit ganze Quartiere versorgen, sagt Hermann Henseler, ehemaliger Dornier-Ingenieur und ebenfalls Mitglied der sechsköpfigen Energiegruppe.

Immer wieder versuchen die Energie-Enthusiasten, in Daisendorf etwas zu bewegen. Dass etwa an der Hauptstraße seit fünf Jahren eine E-Ladesäule steht, ist maßgeblich ihr Verdienst. Für die öffentlichen Gebäude haben sie ein Echtzeit-Energiemonitoring eingerichtet, bei der Planung der Gemeinde-PV-Anlagen beraten oder den hohen Stromverbrauch der 183 Straßenlampen analysiert.

Gemeinde Frickingen als Vorbild

Und das nächste Projekt? Eine Freiflächen-Photovoltaikanlage könnten sich die Energieexperten gut vorstellen – und irgendwann ein Windrad. Dazu wünschten sie sich allerdings einen breiteren Rückhalt im Ort. Ihr Vorbild in dieser Hinsicht ist eine andere kleine Gemeinde im Kreis: Frickingen.