Der Bürgerempfang, zu dem Daisendorfs Bürgermeisterin Jacqueline Alberti die Daisendorfer erstmals seit 2023 wieder geladen hatte, war recht gut besucht. Zahlreiche Einwohner, alte und neue Gemeinderäte waren gekommen, um Albertis Bericht über das Erreichte und die neuen Projekte zu hören.
Für einen kurzweiligen Einstieg in den Abend sorgte die Überlinger Trainerin und Autorin Saskia Winkler, welche die Zuhörer ermunterte, mehr Intuition und Bauchgefühl in ihr Leben und auch in berufliche Entscheidungen einfließen zu lassen.

Anhand der Michael-Ende-Geschichte des Mädchens Momo, in deren Stadt die grauen Männer der Zeitsparkasse den Menschen zunehmend die Zeit stahlen und diese immer unglücklicher werden ließen, zeigte Winkler auf, wie wichtig es ist, Krisen als Chance zu sehen, bei Druck, Unsicherheit und zahllosen Informationen, die ständig auf einen einprasseln, ein gesundes Bauchgefühl zu entwickeln, um gut handeln zu können. Ihr Tipp: täglich eine halbe Stunde gar nichts tun und vielleicht auch mal Yoga üben.
Von Krisen im Dorf und in der Bundesrepublik
Bürgermeisterin Jacqueline Alberti griff den Faden auf – „ich arbeite viel mit Bauchgefühl und bin ein emotionaler Mensch“ –, um anschließend ihre persönliche Bilanz der vergangenen beiden Jahre zu ziehen. Es ging um die häufig geäußerte Kritik an ihrer Arbeit, aber auch Krisen von Ampel-Crash bis Rezession sowie die zunehmende „Vollkaskomentalität“ der Gesellschaft, für die Staat und Kommunen alles richten sollten, bis hin zur überbordenden Bürokratie.
Alberti kritisiert „Anspruchsdenken“ der Daisendorfer
Auch die Daisendorfer mussten sich einiges anhören. So kritisierte Alberti etwa das „Anspruchsdenken“ der Bürger, dass die Gemeinde doch den Dorfkrug übernehmen solle, um den Ort wieder durch eine Wirtschaft zu beleben – was „finanziell nicht möglich“ sei. Auch von einem raueren Umgangston seit Corona, dem Verlust an Gemeinsinn und verunsichernden Gerüchten war die Rede. „Dabei haben wir es in Daisendorf doch gut.“

Es folgte ein Überblick zum Erreichten und Geplanten: Freizeitanlage, Bebauungsplan Ortsmitte, die Nestgruppe des Kindergartens, welche Vorbild auch für andere Gemeinden sei, oder der bevorstehende Ersatz des provisorischen Gärtlesberg-Geländers.
Ehrungen für ehrenamtlich Engagierte
Im Mittelpunkt des Abends sollten allerdings andere stehen – nämlich die zahlreichen Ehrenamtlichen, die sich teils seit Jahrzehnten mit viel Engagement für die Gemeinde einsetzen. Geehrt wurde etwa Andreas Schönenberger, der seit seinem Umzug nach Daisendorf 2010 die dortige Feuerwehr bereichert, unter anderem als Ausbilder. Für die ehrenamtliche Pflege der Kapelle St. Martin wurde Elke Hucht geehrt. Sie kümmere sich hier um Außenanlagen, Wärme an kalten Tagen oder auch die Gewänder des Pfarrers, sagt Alberti. „Das ist schon mehr als ein Ehrenamt.“

Zu Ehren kam auch der unermüdliche pensionierte Raumfahrtingenieur Eckhard Kienscherf, der seit 1984 in Daisendorf lebt und hier mit anderen Ingenieuren die Energiekonzeptgruppe ins Leben gerufen hat. Diese habe maßgeblich die erneuerbaren Energien im Ort vorangetrieben, etwa durch die Beratung von Bürgern und Verwaltung, sagte Gemeinderat Hasan Ögütcü bei seiner Laudatio. Heute produzierten im Ort 197 Solaranlagen, unter anderem auf dem Rathaus, gut 1,7 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr, rein rechnerisch 42 Prozent des Daisendorfer Verbrauchs. Die jüngste Vision der Energiepioniere: eine große Photovoltaik-Freiflächenanlage.

Nicht fehlen durfte bei den Geehrten auch Uschi Kraus, die vor fünf Jahren nicht nur den Wochenmarkt ins Leben gerufen hat, sondern diesen auch mit einer geselligen Sektrunde eröffnete. Diese trifft sich bis heute donnerstags zur Marktzeit und ist damit zu einem lebendigen Treffpunkt im Ort geworden.
Auch Otto Köhler, seit 1995 in Daisendorf und zehn Jahre im Gemeinderat, wurde geehrt. Über viele Jahre hat er die wichtigen Ereignisse im Ort fotografisch festgehalten, was ihm den Spitznamen „Foto-Otto“ einbrachte, und so für ein reiches Fotoarchiv gesorgt. Hinzu kommt das ehrenamtliche Engagement im Schützenverein. In Eigenregie habe er zudem das Taubenhaus gestrichen, so Bürgermeister-Stellvertreter Dennis Grönig in seiner Laudatio.
Einsatz gegen die zunehmende Vereinsamung
Nicht zuletzt wurde das Organisationsteam des Seniorennachmittags nach vorn gerufen. „Ein selbstloser Einsatz, auch gegen die zunehmende Vereinsamung“, lobte Jacqueline Alberti. Uschi Kraus stand dabei gleich dreimal auf der Bühne, für die Sektrunde, im Senioren-Team und gemeinsam mit ihrem Mann Horst auch als größte Spenderin der Gemeinde. Mehrere tausend Euro geben die beiden jedes Jahr an Feuerwehr, Pfadfinder und Kinderhaus.
Im Anschluss waren die Gäste zu Getränken, Snacks und Gesprächen eingeladen. Für die musikalische Untermalung sorgte die Meersburger Rock-Pop-Band Fivepack, die etliche Klassiker und Oldies zum Besten gab.