Woher kommt das Steak auf meinem Teller, woher stammt die Kuh, wie wurde sie gehalten und wie geschlachtet? Fragen wie diese interessieren immer mehr Verbraucher. Diese haben jetzt die Möglichkeit, via Internet ihr Fleisch von einer selbst ausgesuchten Kuh von einem ausgewählten Hof zu kaufen.

Kaum einer weiß von der bisher gängigen Praxis, dass Landwirte nur ein Drittel der Fleischmenge der Kühe und Bullen auch als Fleisch vermarkten können. Der größere Anteil – und das ist bei einem Schlachtgewicht der Rinder von rund 400 Kilogramm immerhin eine ganze Menge Fleisch – fließt meist in die Wurstverarbeitung. Für dieses Fleisch ist dann der Preis für den Landwirt pro Kilogramm deutlich geringer.

Dass es auch anders geht, zeigt das neue Konzept www.kaufnekuh.de. Das Fleisch der ganzen Kuh verwerten zu können via Internet, das ist seit 2015 auch in der Region möglich. Entstanden ist die Idee in Holland. Diese nahezu komplette Verarbeitung des Fleisches ist auch ein Anliegen von Martin Hahn, Landtagsabgeordneter der Grünen. "Wenn Regionalisierung auch für die Landwirte sinnvoll sein soll, dann muss eine höhere Wertschöpfung stattfinden, und genau das ist hier der Fall", erklärt der agrarpolitische Sprecher der Landtagsfraktion. Dass auch der Verbraucher etwas davon hat, verspricht der Internetanbieter. Auf kaufnekuh bestellt der Verbraucher ein Fleischpaket von einer ganz bestimmten Kuh, von einem ganz bestimmten Hof. Zu erhalten sind für Käufer ausschließlich vom Anbieter festgelegte Mischpakete ab 3,4 Kilogramm. In diesen Paketen befindet sich Gulasch genauso wie ein Entrecote.

Auch diese Kühe landen im Schlachthof, dass es ihnen bis dahin gut geht dafür verbürgt sich der Hof Lampach, zwischen Leustetten und ...
Auch diese Kühe landen im Schlachthof, dass es ihnen bis dahin gut geht dafür verbürgt sich der Hof Lampach, zwischen Leustetten und Weildorf.

Die Eheleute Ziegler, die in der fünften Generation den Lampach-Hof zwischen Leustetten und Weildorf bewirtschaften, fanden in diesem Modell die perfekte Vermarktung für ihre Kühe. Um eine Zertifizierung für das sowohl konventionelle als auch biologisch erzeugte Fleisch zu bekommen, sind hohe Standards nötig. Markus Ziegler erklärt seinen immer wieder modernisierten Kuhstall: "Bei uns stehen die Kühe nach dem Kalben in Einzelboxen, da sie Ruhe brauchen. An 305 Tagen im Jahr werden sie gemolken, an 60 Tagen nicht – da stehen sie im Wellnessbereich. Unser sogenannter 2-Raum-Stall hat auch einen Trockenstehbereich, die Tiere können laufen oder stehen und sie liegen in ihren Liegeboxen auf frischem Stroh. Wir erzeugen unser gentechnikfreies Futter selbst und haben seit vier Tagen auch eine robotergesteuerte Melkanlage. Das heißt, die Kuh bestimmt selbst, wann sie gemolken werden will."

Am Ende der Wellness für die Kühe steht nach 18 bis 22 Monaten allerdings auch hier die Schlachtbank. Dem Landwirt ist es jedoch wichtig zu erklären, dass die Menschen auf seinem Hof von und mit den Tieren leben und diesen eine artgerechte Haltung bieten wollten. "Es kommt auch schon mal vor, dass wir einem Tier noch etwas Gnadenzeit einräumen, Kälber werden bei uns überhaupt nicht geschlachtet", sagt Markus Ziegler. Die Kälber stehen einzeln oder in Gruppen in sogenannten Iglus und fühlen sich augenscheinlich sehr wohl im frischen Stroh. Milch und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse bieten die Zieglers im eigenen Hofladen an.

Die Zieglers verkaufen die Milch ihrer Kühe im Hofladen. Gemolken wird seit ein paar Tagen per Melk-Roboter, dieser putzt den Kühen auch ...
Die Zieglers verkaufen die Milch ihrer Kühe im Hofladen. Gemolken wird seit ein paar Tagen per Melk-Roboter, dieser putzt den Kühen auch das Euter. | Bild: Stef Manzini

Um die Vermarktung des Fleisches ihrer Kühe kümmert sich Ralph Nolle, Landwirt und Viehhändler aus Mennwangen im Deggenhausertal. Nolle ist begeistert vom Konzept "kaufnekuh" und erklärt, dass die Holländer alle zwei- bis drei Wochen die Höfe auf die Standards kontrollieren würden. "Durch eine Ohrmarke kenntlich, wählt der Verbraucher ein konkretes Tier im Internet aus und kann sich ein konkretes Bild davon machen, woher das Tier stammt und wie es gehalten wird. Er weiß dadurch hundertprozentig, woher das Fleisch kommt, das auf seinem Teller landet", erklärt Nolle. Geschlachtet werden die Tiere der Zieglers im Überlinger Fairfleisch-Schlachthof, so seien kurze Wege garantiert.

Ralph Nolle, Viehhändler aus Mennwangen: "Wir achten auf einen etwas höheren Fettgehalt, also eine gute Marmorieren des Fleisches."
Ralph Nolle, Viehhändler aus Mennwangen: "Wir achten auf einen etwas höheren Fettgehalt, also eine gute Marmorieren des Fleisches." | Bild: Stef Manzini

Startete Nolle mit einer Kuh pro Monat im Angebot, seien es jetzt fünf bis sechs Kühe pro Woche. Nolle erklärt, dass man sich dennoch als Kunde auf eine Lieferzeit der Pakete von drei bis vier Wochen einrichten müsse. Eine Kuh würde erst geschlachtet, wenn ihr Fleisch verkauft ist, so Nolle.

Der Grünen-Politiker Martin Hahn ist sich sicher: "Mit dem Fleisch-Verkauf im Internet machen wir hier neue Märkte auf, auch für eine bundesweite Nachfrage an unserem Qualitäts-Fleisch". Die Wertschöpfung des kompletten Tieres schaffe so auch wieder eine neue Wertschätzung sowie eine nötige Auseinandersetzung mit der Fleisch-Qualität, so Hahn.

Genau das sei wichtig, um den bisherigen Praktiken der großen Lebensmittelketten entgegenzuwirken, die eigentlich nur noch Jungbullen und dann am liebsten das Steakfleisch ankaufen und verkaufen wollten, so Markus Ziegler. Theresia Ziegler ergänzt, dass man Rindfleisch so völlig neu entdecken und auf vielfältige Weise zubereiten könne, man müsse nur verstehen wie man das macht und dazu gäbe es bei www.kaufnekuh.de viele leckere Tipps, auch für Weihnachten.

Markus Ziegler, Landwirt vom Lampach-Hof: "Nur wenn's unseren Tieren gutgeht, dann geht es auch uns gut und dafür tun wir viel."
Markus Ziegler, Landwirt vom Lampach-Hof: "Nur wenn's unseren Tieren gutgeht, dann geht es auch uns gut und dafür tun wir viel." | Bild: Stef Manzini

Hof Lampach

Der Lampacher Hof blickt auf eine wechselhafte Geschichte zurück, beginnend im Jahr 1225. Großgrundbesitzer aus Rickenbach verkauften das Gehöft an das Kloster Salem und es entstand daraufhin ein sogenanntes Leprosarium. 500 Jahre wurden hier im Siechenhaus Pest und Leprakranke untergebracht.

Im Jahr 1786 ging das Gehöft wieder in Privatbesitz und wurde zu einem Gasthaus. 1910 brannte es wie zuvor 1825 bereits einmal vollständig ab. Seit 1910 wird das Gehöft landwirtschaftlich genutzt. Die 1780 von Felix Koch gegossene Glocke auf dem Haupthaus überstand selbst die Einschmelz-Aktionen beider Weltkriege unbeschadet. Die Familie Ziegler führt den Hof in fünfter Generation. 1972 startete der Vater von Markus Ziegler seinen Betrieb mit zwölf Hektar Ackerland und acht Kühen. (sma)