Lena Reiner

Kurz nach 18 Uhr geht es an Bord. Das Trio, das von David Fischinger in die Bedienung des neuen Feuerwehrboots eingewiesen wird, ist sichtlich aufgeregt. Die Vorfreude, das neue Boot nun selbst fahren zu dürfen, ist groß. „Bisher gab es nur eine theoretische Einführung, heute findet das erste Praxismodul statt“, erläutert Fischinger.

Das Steuern des neuen Feuerwehrboots ist beim ersten praktischen Modul der Ausbildung noch echte Gemeinschaftsarbeit: Multiplikator ...
Das Steuern des neuen Feuerwehrboots ist beim ersten praktischen Modul der Ausbildung noch echte Gemeinschaftsarbeit: Multiplikator David Fischinger (links) leitet an, Giulia Senner, Marcel Ammann und Adrian Senner (hinten) lernen das Boot kennen. | Bild: Lena Reiner

In den vergangenen Wochen wurden zunächst Multiplikatoren für die Ausbildung der Bootsmannschaft geschult und ein Trainingsleitfaden erarbeitet. Da es sich bei dem Boot um eine Sonderanfertigung handelt, gab es dafür auch kein Standardprogramm. Das erste Praxismodul fand vor wenigen Tagen statt und der SÜDKURIER durfte dabei sein.

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Mancher Schalter muss erst gesucht werden

Damit auch alle das neue Boot tatsächlich kennenlernen, findet ein Wechsel durch die unterschiedlichen Rollen der Besatzung statt. Adrian Senner nimmt zuerst hinter dem Steuerruder Platz, das eigentlich gar keines mehr ist, sondern nur mehr die Form eines kleinen Joysticks hat.

Klein, aber oho! Der winzige Joystick fasziniert die Auszubildenden besonders: Mit einem Finger lässt sich tatsächlich das ganze Boot ...
Klein, aber oho! Der winzige Joystick fasziniert die Auszubildenden besonders: Mit einem Finger lässt sich tatsächlich das ganze Boot steuern. Hydraulik macht‘s hier möglich, während auf dem alten Boot noch Muskelkraft gefragt war. | Bild: Lena Reiner

Giulia Senner setzt sich als Steuerfrau rechts neben ihn und Marcel Ammann kümmert sich um die Motoren und den Maschinenraum.

Giulia und Adrian Senner testen die Sprechanlage, mit der über Lautsprecher nach draußen kommuniziert werden kann.
Giulia und Adrian Senner testen die Sprechanlage, mit der über Lautsprecher nach draußen kommuniziert werden kann. | Bild: Lena Reiner

Während alle begeistert sind, weil die Handgriffe im Vergleich deutlich einfacher geworden sind, muss der ein oder andere Schalter erst noch gesucht werden. Da leisten die Aufgabenkarten, die für jede der drei Rollen vorhanden sind, gute Dienste.

Giulia Senner schlüpft als erstes in die Rolle der Steuerfrau. An der Infokarte in ihrer Hand kann sie sich orientieren, mündliche ...
Giulia Senner schlüpft als erstes in die Rolle der Steuerfrau. An der Infokarte in ihrer Hand kann sie sich orientieren, mündliche Zusatzinfos gibt es von David Fischinger außerdem. | Bild: Lena Reiner

Mehr als nur Brände löschen

Denn auf dem Feuerwehrboot, das mehr als nur Brände löschen kann, gibt es zahlreiche Aufgabenfelder: Gleich zwei Funkgeräte müssen bedient werden: Eins für Behördenfunk und eines, das die anderen Schiffe über offene Kanäle erreicht. Und dann gibt es noch eine Wärmebildkamera, Scheinwerfer auf dem Dach und separat montierbare Scheinwerfer am Bug für die Vermisstensuche.

Die Wärmebildkamera, die einen der Fortschritte zum alten Boot darstellt, hilft bei der Vermisstensuche, indem sie warme Stellen ...
Die Wärmebildkamera, die einen der Fortschritte zum alten Boot darstellt, hilft bei der Vermisstensuche, indem sie warme Stellen deutlich in roter Farbe anzeigt. So können Vermisste gefunden werden, die mindestens noch mit dem Kopf aus dem Wasser ragen. | Bild: Lena Reiner

Die Montage der Wasserwerfer testet die Mannschaft als Erstes: Mehr als 800 Liter Wasser pro Minute schießen hinaus auf den See. „Da wäre eine Badewanne in einer halben Minute voll und zwar randvoll“, kommentiert Marcel Ammann, um die Wassermenge zu verbildlichen.

Das ist noch nicht die finale Ausstattung, aber zum Üben reichen die Wasserwerfer, die hier von Adrian Senner montiert werden.
Das ist noch nicht die finale Ausstattung, aber zum Üben reichen die Wasserwerfer, die hier von Adrian Senner montiert werden. | Bild: Lena Reiner

Die größte Gefahr auf dem Bodensee: Unwetter

In den rund zwei Jahrzehnten, die er auch an Bord des bisherigen Feuerwehrbootes aktiv war, hat er viel erlebt und weiß daher auch, was die größte Gefahr des Bodensees ist: „Ein Unwetter kann einen hier regelrecht überrollen, denn sobald es über die Berge ist, breitet es sich rasant auf dem ganzen See aus. Viele Segler, die das nicht gewohnt sind oder nur im Urlaub segeln, bekommen dann Panik und wollen schnell ans Ufer“, führt Ammann aus. Und dabei, so seltsam es sich auch anhöre, sei es besser, gerade dann auf dem Wasser zu bleiben und das Wetter – so heiße es in der Seglersprache – „abzureiten“. Denn erst durch das Annähern ans Ufer, das bei Wellengang erschwert sei, geschähen die meisten Unglücke.

Die erste Runde der Trainingsfahrt endet mit Sonnenuntergang.
Die erste Runde der Trainingsfahrt endet mit Sonnenuntergang. | Bild: Lena Reiner
Bei Dunkelheit können direkt die Suchscheinwerfer ausprobiert werden.
Bei Dunkelheit können direkt die Suchscheinwerfer ausprobiert werden. | Bild: Lena Reiner

Ein besonderes Feuerwehrboot

  • Das 17,4 Meter lange und 20 Tonnen schwere Feuerwehrboot wurde für rund 1,7 Millionen Euro in diesem Jahr fertiggestellt und begeistert seine gesamte Besatzung. Zwei 550-PS-Antriebsmotoren sorgen für die nötige Geschwindigkeit. Das Boot ist eine Sonderanfertigung, abgestimmt auf die besonderen Gegebenheiten des Bodensees und die dortigen Einsatzgebiete, die von der Vermisstensuche über Löscharbeiten an Booten und am Ufer bis hin zur Beseitigung von Verunreinigungen des Wassers reichen.
  • So hat das Boot weniger Tiefgang als sein Vorgänger von 1977, erlaubt durch ein abgestuftes Heck sowohl die einfache Aufnahme von Menschen von anderen Booten als auch das Annähern an die Wasseroberfläche für Einsätze im Wasser oder in Ufernähe.
  • Eine Wärmebildkamera wurde zusätzlich zu Suchscheinwerfern verbaut und vereinfacht die Vermisstensuche.
  • Wie schon den Vorgänger kann die Besatzung das Boot auch dann steuern, wenn die Sicht komplett versperrt ist: etwa bei Nebel, starker Rauchbildung oder Dunkelheit. Ein Radargerät auf dem Dach ermöglicht es, andere Boote auch dann zu bemerken. Die großen Bildschirme zeigen jedes Detail an und ihr Maßstab kann fein auf den jeweiligen Einsatz abgestimmt werden. Das ist besonders auch bei einer sogenannten Suchkette wichtig, wenn bis zu 20 Boote aus den angrenzenden Ländern gemeinsam jemanden suchen, der auf dem See über Bord gegangen ist.
  • Auch die Steuerung des Boots hat sich durch moderne Hydraulik vereinfacht. Per Joystick lässt sich das Boot lenken, es ist keine Muskelkraft mehr nötig.