„Waaas!?“ oder „Kraaass!!“ rufen einzelne Schüler während des Vortrages von Sarah Neumeyer und Daniel Gugel. Sie sitzen in einem verdunkelten Klassenraum der Gemeinschaftsschule Schreienesch in Friedrichshafen. Für die Klasse 8 a steht „Coaching4Future“ auf dem Programm.
Während knapp zwei Stunden versuchen Sarah Neumeyer und Daniel Gugel, die Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 14 Jahren für Ausbildungsberufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, kurz MINT, zu begeistern.

In Videos zeigen die beiden, an welchen technischen Innovationen derzeit gearbeitet wird: Tablets, mit denen Arme geröntgt werden, Roboter, die in der Pflege helfen, oder Autos, bei denen kleine Kameras die Seitenspiegel ersetzen. Und die beiden Mittzwanziger erklären technische und naturwissenschaftliche Fachbegriffe anschaulich mit vielen Beispielen. Etwa die „Bionik“, bei der die Technik die Natur nachahmt.
Am Ende können die Schüler dann verschiedene Produkte selbst ausprobieren: Vom T-Shirt, auf dem per Handy die Organe des Menschen sichtbar werden, bis zur Jacke, die den Blitz von Kameras reflektiert, sodass das Gesicht des Trägers auf dem Foto nicht mehr zu erkennen ist.
Hier zeigt Coach Sarah Neumeyer, wie das „Organe-T-Shirt“ funktioniert:
Und Schüler Julius Rietmüller testet die „Unsichtbar“-Jacke:
„MINT-Fächer erfreuen sich in der Schule ja keiner großen Beliebtheit. Bei unseren Veranstaltungen geht es auch darum, Berührungsängste abzubauen“, sagt Verena Küstner von „Coaching4Future“. Das Programm wurde 2008 von der Baden-Württemberg-Stiftung initiiert.
„Deutschlandweit fehlen derzeit 263 000 MINT-Fachkräfte. Darunter Akademiker, aber vor allem Fachkräfte mit einer Berufsausbildung wie etwa Fachinformatiker“, erklärt Pressesprecherin Küstner den Hintergrund des Programms, das auch von Südwestmetall und der Bundesagentur für Arbeit mitgetragen wird.
Die Schreienesch-Schüler erfahren auch, wie die „Augmented Reality“, die „erweiterte Realität“ funktioniert:
Um mehr junge Leute für eine Ausbildung im Bereich MINT zu begeistern, hält „Coaching4Future“ verschiedene Angebote für die Schulen in Baden-Württemberg bereit: Vom zweigeschossigen Lastwagen mit einer „Industrie und IT-Erlebniswelt“ bis zu den Coaching-Teams. Das sind junge Akademiker, die vollberuflich an Schulen für Berufe in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik werben.

Zu ihnen gehören auch Sarah Neumeyer und Daniel Gugel, die an diesem Morgen vor den Schülern der Klasse 8 a in der Schreienesch-Schule stehen. Gugel ist Ingenieur. Der 27-Jährige hat direkt nach seinem Umwelttechnik-Studium vergangenes Jahr als Coach angefangen. „Ich hatte keine Lust, die ganze Zeit hinter dem Computer zu sitzen. Als Coach komme ich viel herum und bin im Kontakt mit Schülern. Jeder Tag ist anders“, begründet Gugel seine Berufswahl.
Im Gegensatz zu Gugel hat Sarah Neumeyer nach ihrem Chemiestudium zuerst in der Industrie gearbeitet. „Dort habe ich den Fachkräftemangel selbst miterlebt: Wir hatten einmal 30 Ausbildungsplätze, aber nur 13 Bewerber. Am Ende blieben acht übrig, die qualifiziert waren und die Ausbildung machen wollten“, erzählt die 28-Jährige. Eine Freundin habe ihr dann vom Programm „Coaching4Future“ erzählt und sie habe sich direkt beworben: „Ich wollte proaktiv etwas gegen den Fachkräftemangel tun.“
Neumeyer und Gugel betonen beide, dass ihr Beruf als Coach zu einem „Herzensprojekt“ geworden sei
Das zeigen die zwei jungen Erwachsenen an diesem Vormittag. Die Begeisterung der Akademiker für technische Innovationen und naturwissenschaftliche Phänomene steckt auch die Schüler an. „Es hat mich auf neue Ideen gebracht, was ich mal beruflich machen könnte“, sagt etwa die 13-jährige Samara Brungs am Ende des Workshops.

Sie habe sich zwar schon vorher für Technik interessiert, jedoch mit dem Gedanken gespielt, Tierpflegerin zu werden. „Jetzt kann ich mir gut vorstellen, eine Ausbildung zur Fachinformatikerin anzufangen.“

Begeistert ist auch Daniel Elbs, der die Coaches an die Gemeinschaftsschule Schreienesch gebracht hat. Der Mathematik- und Geschichtslehrer ist an der Schule für die Berufsorientierung zuständig. „Die Schüler sind während des Vortrages so fasziniert: Sie merken gar nicht, dass sie etwas lernen“, freut sich Elbs.